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Der Fälscher aus dem Jenseits

Der Fälscher aus dem Jenseits

Titel: Der Fälscher aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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mitten auf dem Atlantik wurde die White Star wieder neu gestrichen und in Cynthia umgetauft. So gelangte das Schiff zum Kap, wo der Kapitän den Kaffee, der ihn keinen Cent gekostet hatte, billig verkaufte. Er erhielt zwanzigtausend Pfund und die Mannschaft bekam ihren Anteil. Dann beschloss er, dass eine Luftveränderung gut täte und die Cynthia eine Ruhepause benötigte und nahm daraufhin Kurs auf eine Insel im Indischen Ozean.
    Nachdem die Cynthia wieder auf Vordermann gebracht worden war, fuhren sie weiter. Der Kapitän wollte in Australien einen unauffälligen Hafen ansteuern, um nach neuen Opfern, die er hinters Licht führen konnte, Ausschau zu halten. Doch musste Garrett sich den Vorschriften fügen und in Sydney vor Anker gehen, wo er zu seinem Pech dem aufmerksamen Waterfort in die Hände fiel.
    Taylor-Garrett-Dumfrey und sein Erster Offizier bekamen sieben Jahre Gefängnis. Der für die Mannschaft verantwortliche Offizier kam mit dreieinhalb Jahren Haft davon. Die Matrosen, die ebenfalls alle ihre Identität geändert hatten, machten sich unterdessen schnell aus dem Staub. Die Cynthia alias White Star wurde wieder die einstige Dragon , die jetzt aber in australischen Gewässern blieb und vierzig Jahre später an einem Korallenriff zerschellte.
     

Das Halsband der Königin
     
    Paris, 12. Oktober 1793. Eine früh gealterte, trotz ihrer achtunddreißig Jahre schon weißhaarige Frau musste sich vor dem Revolutionsgericht verantworten, das eigens für sie zusammengetreten war. Früher hieß sie einmal Marie Antoinette, Königin von Frankreich, aber jetzt war sie nur noch die Witwe Capet, da ihr Mann, Ludwig XVI., im Januar zuvor guillotiniert worden war. Der Gerichtspräsident Hermann fragte sie: »Haben Sie Frau La Motte nicht im Petit Trianon zum ersten Mal getroffen?«
    »Die habe ich nie gesehen.«
    »War sie in der berüchtigten Halsband-Affäre nicht Ihr Opfer?«
    »Das kann sie gar nicht gewesen sein, weil ich sie nicht gekannt habe.«
    »Sie leugnen also weiter, sie je gekannt zu haben?«
    »Was ich gesagt habe, ist die reine Wahrheit, und ich bleibe dabei.«
    Gerichtspräsident Hermann hakte nicht weiter nach. Wahrscheinlich glaubte er, dass sie wirklich die Wahrheit sagte. Außerdem gab es gegen die ehemalige Königin so viele andere, reale Anklagepunkte: Verschwendung öffentlicher Gelder, Einvernehmen mit dem Feind und konterrevolutionäre Umtriebe. Die Vernehmungen gingen weiter. Schließlich führten sie zur Verurteilung und Hinrichtung der »Witwe Capet«.
    Ja, Marie Antoinette hatte absolut nichts mit der so genannten »Affäre um das Halsband der Königin« zu tun. An allem, was man ihr damals vorwarf, war sie völlig unschuldig. Trotzdem war es paradoxerweise gerade dieser ungeheure Skandal, der ihren Ruf endgültig ruinierte und den Hass des Volkes auf sie zog. Damit war er eine der Ursachen für ihren Tod.
     
    Die Halsband-Affäre war auch — was über ihre politischen Folgen oft vergessen wird — eine der unglaublichsten Betrügereien aller Zeiten, die mit irrwitziger Tollkühnheit ausgeführt wurde und ihren Anstiftern ein Vermögen einbrachte. Hinter allem steckte eine geniale Abenteurerin.
    Diese Frau, die »Frau La Motte«, wie der Präsident des Revolutionstribunals sie nannte, hieß in Wirklichkeit Jeanne de Valois. Dieser berühmte Name war keineswegs angenommen. Sie stammte wirklich vom Königshaus der Valois ab, genauer von König Heinrich II., nur war ihre Familie später in Armut und Elend geraten.
    Ihr außerordentliches Geschick begann 1780. Sie fristete ihr Leben in Bar-sur-Aube, als sie mit siebenundzwanzig Jahren einen Gendarmerieoffizier, Marc-Antoine de La Motte, heiratete. Beide waren gleich ehrgeizig und skrupellos. Sie nannten sich Graf und Gräfin de La Motte-Valois und zogen nach Paris, um dort ihr Glück zu machen.
    Jeanne war hübsch, fast entzückend, und verkehrte schon bald unter den großen Persönlichkeiten bei Hofe, wobei sie versuchte, die Aufmerksamkeit auf »das traurige Schicksal einer Waisen vom Blute der Valois« zu lenken.
    Nach vielen mehr oder weniger gelungenen Bemühungen gelangte sie nach einem Jahr bei Kardinal Prinz Rohan ans Ziel.
    Louis, Kardinal Rohan, trug einen der edelsten Namen Frankreichs. Siebenundvierzig Jahre zuvor hatte er im Schloss der Fürsten von Rohan in der Bretagne das Licht der Welt erblickt. Er war Erzbischof von Straßburg, Großalmosenier Frankreichs, Kommandant des Heilig-Geist-Ordens und Mitglied der Academie

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