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Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition)

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Capus
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Leinenanzug, weiße Gamaschen und einen weißen Borsalino auf dem pomadisierten Haar trug. Er blieb breitbeinig stehen und wiegte sich in den Hüften, dann warf er kurze, scharfe Blicke in jede Ecke, als gehöre er zu jener Sorte junger Männer, die ein gefährliches Leben führen und jederzeit auf der Hut sein müssen vor mächtigen Gegenspielern. Schließlich bedachte er auch Laura mit einem scharfen Blick, schob mit dem Zeigefinger der rechten Hand seinen Borsalino in den Nacken und sagte:
    Bonjour, Mademoiselle.
    Bonjour, jeune homme, antwortete Laura und beobachtete, wie der Jüngling unter dem Diminutiv zusammenzuckte. Dann schlug sie, um ihm eine Freude zu machen, in gespielter Scheu die Augen nieder.
    Ich brauche Notenblätter, sagte er und wippte auf den Zehenspitzen, dass das Leder der Gamaschen knarrte. Man hat mir gesagt, Sie hätten ein reichhaltiges Angebot.
    Das ist richtig, Monsieur. Haben Sie einen bestimmten Wunsch?
    Ich habe eine ganze Menge Wünsche, und zwar sehr bestimmte Wünsche, sagte er und zog ein mehrfach gefaltetes Blatt aus der Brusttasche. Das Klarinettenkonzert von Mozart, haben Sie das?
    Gewiss.
    Laura öffnete eine Schublade und lächelte. Dieser pfauenhafte Jüngling, der da den verwegenen Haudegen spielte, um seine Harmlosigkeit zu camouflieren, war ihr eine willkommene Abwechslung zur endlosen Parade unterwürfiger Emigranten und bösartiger alter Matrosen. Gut sah er aus in seinem weißen Anzug, und er hatte einen trotzigen Zug um die Oberlippe, den man hätte wegküssen mögen. Er war leicht auf den Füßen, wahrscheinlich ein guter Tänzer. Und er sprach Französisch mit einem rauhen, aber gleichzeitig sanften und melodiösen, beinahe mädchenhaft hellen Akzent, den Laura nicht verorten konnte.
    Dann hätte ich gern Be eth ovens Mondscheinsonate, sagte der junge Mann.
    Das Klarinettenkonzert brauchen Sie also nicht?
    Ich brauche beides, das Klarinettenkonzert und die Mondscheinsonate.
    Dann sog er scharf Luft zwischen den Zähnen ein.
    Wie Sie wünschen, sagte Laura und öffnete eine andere Schublade.
    Die brauche ich fünfmal.
    Fünfmal die Mondscheinsonate?
    Und dreimal die Préludes von Chopin.
    Laura warf dem jungen Mann einen erstaunten Blick zu, öffnete dann aber eine weitere Schublade.
    Weiter brauche ich… die h-Moll-Suite von Johann Sebastian Bach. Einmal.
    Die ganze Partitur?
    Nur die Querflöte. Dann zweimal die Ungarischen Tänze von Brahms und dreimal Mussorgskis Bilder einer Ausstellung. So, das wär’s. Ach nein: Be eth ovens Elise hätte ich auch noch gern, bitte. Zwölfmal.
    Zwölfmal Elise?
    Zwölfmal, ich kann’s nicht ändern.
    Bitte entschuldigen Sie die Frage – treiben Sie Scherze mit mir?
    Ich habe Geld, Mademoiselle, ich bezahle bar. Wieviel macht das?
    Dann gingen die jungen Leute zur Kasse, und während sie die Rechnung schrieb, stellte er sich vor.
    Der junge Mann hieß Emil Fraunholz. Er war fünfundzwanzig Jahre alt und Schweizer, geboren und aufgewachsen in einem Bauerndorf namens Bottighofen am Bodensee. Er war vor zwei oder drei Jahren nach Marseille geflohen, um keinen Militärdienst bei der Schweizer Armee leisten zu müssen, und seither schlug er sich durchs Leben mit allerlei Gelegenheitsarbeiten und Schlaumeiereien, deren oberstes Ziel es war, ihn so weit als möglich vom Militär und von landwirtschaftlicher Maloche fernzuhalten.
    Seine einträglichste Schlaumeierei bestand darin, dass er in den Kolonien gegen Gebühr Briefe französischer Fremdenlegionäre durch Mittelsmänner einsammeln und an der Militärzensur vorbei übers Mittelmeer nach Marseille schmuggeln ließ, von wo aus er sie mit gewöhnlicher Post an die Adressaten weiterleitete. Als weitere Dienstleistung besorgte er für die Legionäre gegen Vorauszahlung Herzensdinge, die in Sidi Bel Abbès, Saigon oder Nouméa nicht zu haben waren – die Fotografie dieser oder jener Schauspielerin, eine Dose Crème de Marrons, ein Kilogramm Stockfisch, zehn Gramm Opium oder eben die Mondscheinsonate.
    Manchmal quollen seine Taschen über von Geld und manchmal hatte er gar keins, seine Geschäfte waren starken konjunkturellen Schwankungen unterworfen. Am meisten Umsatz machte er, wenn in den Kasernen kampferprobte alte Füchse einquartiert waren, die wussten, wie der Hase lief, und sich nicht scheuten, nötigenfalls einen Wachtposten mit einer Flasche Schnaps zu bestechen oder einen Unbestechlichen mit einem wohldosierten Schlag auf den Hinterkopf außer Gefecht zu setzen; am

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