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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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das Gesicht. »Das war ein Scherz.« Er drosselt die Geschwindigkeit noch weiter.
    »Erwartet uns Doktor Schramm?«
    »Ich habe ihn nicht angerufen, sondern ziehe es vor, ihn zu überraschen. Das bringt bei Befragungen gewisse Vorteile mit sich.«
    »Aber wenn er gar nicht da ist?«
    »Dann wird uns irgendjemand sagen, wo wir ihn finden können. Und wenn wir dafür den halben Tag mit dieser Badewanne durch die Stadt schlingern müssen.«
    Stave dirigiert den störrischen Wagen über die Lombardsbrücke, biegt nach links ab. Zur Rechten das weiße Märchenschloss des Hotels Atlantic, zur Linken die Alster, grau unter den Regenböen. Ein einsamer Ruderer treibt sein Boot unbeirrt durch die Wellen. Stave wirft ihm einen Blick zu, reißt dann plötzlich das Steuer herum und wäre beinahe gegen den Bordstein geknallt: Ein schwerer, schwarzer Wagen drängt sich auf der engen Straße an ihnen vorbei, hüllt sie in einen Schleier aus Nässe, Dreck und Abgasen.
    »Ein Mercedes 170 V«, ruft Ruge anerkennend. »Sollen wir ihn herauswinken?«
    Der Oberinspektor packt mit schweißnassen Händen das Lenkrad fester und zwingt sich, wieder ruhiger zu atmen. »Den blinden Chauffeur kaufen wir uns ein anderes Mal«, murmelt er. »So viele neue Autos fahren in Hamburg nicht herum.«
    Nach ein paar Augenblicken hat er den dunklen Wagen eingeholt, denn ein britischer Lastwagen kriecht auf der Straße, den selbst der ungeduldige Mercedes-Fahrer nicht zu überholen wagt. Stave starrt auf die geschwungenen Kotflügel, die verchromte Heckstoßstange, den makellosen Lack, wie bei einem teuren Piano. Er spürt einen Moment die Versuchung, dem Raser mit dem alten Peterwagen ins prunkvolle Blech zu fahren, und lässt sich etwas zurückfallen, um nicht in der Regenschleppe des Mercedes zu hängen.
    »Der geht über einhundert Sachen«, sagt Ruge versonnen. »1,7   Liter Hubraum, 38 PS. Mindestens so gut wie das Vorkriegsmodell.«
    »Für so einen Wagen haben Sie den falschen Beruf gewählt.«
    Der Schupo lacht. »Autos sind meine Leidenschaft. Ich kannte schon als Kind alle Daten. 100   000 Reichsmark in bar, und Mercedes stellt Ihnen heute wieder den 170 V auf den Hof. Das heißt, bis vor ein paar Wochen war das noch so. Jetzt, sagt man, bleibt der Hof leer.«
    »Mercedes wartet auch auf den Tag X?«
    »Lieferschwierigkeiten. So heißt es offiziell. Was immer damit gemeint ist.«
    Über die Brücke am Schwanenwik und die Adolphstraße hinein nach Uhlenhorst: weiße Villen, Bäume, Hecken, fast keine Bombentreffer. Niemand auf dem Bürgersteig.
    »Unser Rennfahrer nimmt den gleichen Weg wie wir«, bemerkt Stave, als er sieht, dass die dunkle Limousine nach links in die Fährstraße abbiegt. Rotbuchen und Linden zu beiden Seiten, die Äste dunkel und schwer vom Regen. Weiße und ockerfarbene Villen dahinter, am Ende der schmalen Straße der Blick auf die Alster.
    Der schwarze 170 V biegt in die kiesbestreute Auffahrt zu einer dreigeschossigen, hellgelben Residenz ein, die an einen toskanischen Palazzo erinnert.
    »Nummer 80«, bemerkt Stave. »Schönes Domizil für einen Rennfahrer.« Er biegt hinter dem Mercedes in die Auffahrt und parkt den alten Streifenwagen quer, sodass er den Weg blockiert.
    Aus dem Mercedes steigt ein Mann Mitte sechzig, mit großem, kantigem Kopf, vollem weißem Haar, blauen Augen, Zigarre im Mundwinkel. Den massigen Leib schützt ein marineblauer Wollmantel vor dem Regen. Der Oberinspektor erkennt das braun-gelb karierte Innenfutter. Burberry, denkt er, Vorkriegsware, die Uniform der hanseatischen Gediegenheit. Der Mann hinkt, die Linke stützt sich auf einen Gehstock aus dunklem Holz mit schwerem, silbernem Griff.
    »Der ist nicht glücklich darüber, dass wir auf seiner Auffahrt stehen«, flüstert Ruge.
    »Unser Streifenwagen passt vor diese Villa wie ein überquellender Ascheimer«, erwidert Stave, öffnet die Fahrertür und stemmt sich aus dem Auto. »Wir werden den Herrn auf andere Gedanken bringen.« Er zückt seinen Dienstausweis. »Kriminalpolizei«, ruft er so laut, dass seine Worte durch die stille Straße wehen.
    Der ältere Mann hält inne, als hätte Stave ihm einen Schlag versetzt. »Kommen Sie mit.« Eine tiefe, befehlsgewohnte Stimme. Er dreht sich rasch um und geht, so schnell sein Hinken das zulässt, am Mercedes vorbei Richtung Haus.
    »Doktor Schramm?«, fragt Stave, als sie das Vordach am Portal der Villa erreichen und vor dem Nieselregen geschützt sind. Er stellt sich und Ruge vor.
    »Was wollen

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