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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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Nineteenth Street fahren.«
Ich wollte keine Diskussion. »Schön«, sagte ich. Dann kam mir plötzlich ein anderer
    Einfall.
»Kennen Sie die Enten in dem See beim Central Park South?« fragte ich. »In dem kleinen See?
    Wissen Sie zufällig, wo die Enten hinkommen, wenn der See zugefroren ist?« Ich wußte, daß die
    Chance, er könne es wissen, eins zu einer Million stand.
Er drehte sich um und warf mir einen Blick zu, als ob ich wahnsinnig wäre. »Was soll denn das
    bedeuten?« fragte er. »Wollen Sie mich zum Narren halten?«
»Nein, es hätte mich nur interessiert.«
Er gab keine Antwort mehr. Ich schwieg ebenfalls, bis wir an der Nineteenth Street aus dem Park
    kamen. Dann sagte er: »So, wohin jetzt?«
»Wissen Sie, ich möchte in keinem Hotel hier herum absteigen, weil ich da auf Bekannte stoßen
    könnte. Ich reise inkognito«, sagte ich. Solche Ausdrücke wie »inkognito reisen« sind mir zwar
    verhaßt, aber wenn ich mit einem groben Menschen zu tun habe, benehme ich mich
    entsprechend.
»Sie wissen nicht zufällig, welche Band im Taft oder im New Yorker spielt?«
»Keine Ahnung, Mac.«
»Nun, dann fahren Sie mich einfach zum Edmont. Wollen Sie unterwegs irgendwo halten und einen
    Cocktail mit mir trinken? Meine Einladung. Ich bin gut bei Kasse.«
»Das geht nicht, Mac. Tut mir leid.« Er war eine höchst angenehme Gesellschaft, wahrhaftig.
    Eine ausgeprägte Persönlichkeit. Wir kamen am Hotel Edmont an, und ich stieg aus. Im Taxi hatte
    ich meine rote Jagdmütze aufgesetzt, einfach zum Spaß, aber bevor ich ins Hotel ging, nahm ich
    sie doch wieder ab. Ich wollte nicht so zweifelhaft aussehen. Mein Gott, war ich naiv!
Ich wußte damals noch nicht, daß dieses verdammte Hotel voll von perversen und zweifelhaften
    Leuten war.
Sie gaben mir dieses miese Zimmer mit Aussicht auf die andere Seite des Hotels. Es war mir
    ziemlich gleichgültig. Ich war zu deprimiert, um mir etwas aus der Aussicht zu machen.
Der Pförtner, der mich hinaufführte, war dieser alte Kerl von ungefähr fünfundsechzig. Er war
    noch viel deprimierender als das Zimmer. Er hatte sich alle Haare von der Seite über die Glatze
    gekämmt, um sie zu verdecken. Ich wäre lieber kahl, als mich so zu frisieren. Den Leuten die
    Koffer zu schleppen und auf Trinkgeld zu warten, ist nicht gerade eine fabelhafte Tätigkeit für
    einen Mann von fünfundsechzig Jahren. Er schien mir zwar nicht sehr intelligent zu sein, aber
    ich fand es trotzdem schrecklich.
Als er fortgegangen war, schaute ich eine Weile lang im Mantel aus dem Fenster. Ich hatte
    nichts anderes zu tun. Es war sehenswert, was auf der anderen Seite des Hotels vor sich
    ging.
Die Leute machten nicht einmal die Läden zu. Ein grauhaariger, sehr distinguiert aussehender
    Mann in Unterhosen führte sich so auf, daß man mir kaum glauben wird, wenn ich es
    erzähle.
Zuerst stellte er seinen Koffer auf das Bett. Dann packte er lauter Frauensachen aus und zog
    sie an. Seidenstrümpfe, Schuhe mit hohen Absätzen, Büstenhalter und ein Korsett mit
    Strumpfbändern. Dann zog er ein enges schwarzes Abendkleid an. Dann ging er mit kleinen
    Schritten wie eine Frau im Zimmer auf und ab, rauchte eine Zigarette und betrachtete sich im
    Spiegel. Ganz für sich allein. Vielleicht war jemand im Badezimmer, aber das konnte ich nicht
    sehen. Durch das Fenster über seinem Zimmer, im oberen Stock, sah ich einen Mann und eine Frau,
    die sich gegenseitig mit Wasser anspuckten.
Vermutlich war es nicht Wasser, sondern irgendein Getränk, aber ich konnte nicht erkennen, was
    sie in ihren Gläsern hatten.
Jedenfalls nahm immer er zuerst einen Schluck und bespritzte sie damit, und dann tat sie
    dasselbe, Herr im Himmel. Sie machten es abwechselnd, das hätte man sehen müssen. Sie lachten
    wie besessen, als hätten sie noch nie so etwas Komisches erlebt. Ich übertreibe nicht, das
    Hotel wimmelte von Perversen. Ich war wohl der einzige normale Esel im ganzen Haus, und das
    heißt nicht viel. Ich hätte Stradlater beinahe ein Telegramm geschickt, daß er den ersten Zug
    nach New York nehmen solle. Er wäre der König dieses Hotels gewesen.
Leider wird man von solchem Zeug fasziniert, ob man will oder nicht. Diese junge Frau zum
    Beispiel, die sich Wasser ins Gesicht spucken ließ, war eigentlich sehr hübsch. Das ist eben
    meine große Schwäche. In meiner Phantasie bin ich wohl von einer wahren sexuellen Besessenheit.
    Manchmal kann ich von allem möglichen Zeug denken, daß ich es gern tun würde, wenn

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