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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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überzeugt.
Als ich aus dem Mumienraum kam, mußte ich in die Toilette.
Weil ich so eine Art Durchfall hatte, falls jemand die ganze Wahrheit wissen will. Der
    Durchfall war mir ziemlich gleichgültig, aber als ich aus der Toilette kam, wurde ich gerade
    vor der Tür ohnmächtig. Dabei hatte ich noch Glück, ich meine, ich hätte mir ja beim Umfallen
    den Hals brechen können, aber ich landete nur auf der Seite.
Komischerweise war es mir nachher besser. Tatsächlich. Der Arm tat mir zwar etwas weh, aber ich
    war nicht mehr so schwindlig.
Unterdessen war es ungefähr zehn nach zwölf. Ich ging also wieder an die Tür und wartete auf
    Phoebe. Ich dachte, daß ich sie jetzt vielleicht zum letztenmal sehen würde. Ich meine, ich
    stellte mir vor, daß ich meine Verwandten zwar irgendwann wiedersehen würde, aber sicher viele
    Jahre lang nicht. Vielleicht käme ich zurück, wenn ich fünfunddreißig oder so wäre, dachte ich,
    falls jemand krank würde und mich vor seinem Tod noch einmal sehen wollte, aber jedenfalls
    würde ich meine Blockhütte nur aus diesem einzigen Grund verlassen. Ich malte mir sogar meine
    Rückkehr aus.
Meine Mutter wäre natürlich wahnsinnig aufgeregt und würde weinen und mich bitten, daß ich
    dableiben und nicht wieder in meine Blockhütte gehen solle, aber ich ginge trotzdem fort. Ich
    wäre ganz kühl und gelassen. Ich würde sie beruhigen und dann im Wohnzimmer an den Tisch gehen
    und mir eine Zigarette aus der Schachtel nehmen, ganz kühl und gelassen. Ich würde sie alle
    zwar auffordern, mich gelegentlich zu besuchen, aber bestehen würde ich nicht darauf. Nur die
    gute alte Phoebe ließe ich in den Sommerferien und Weihnachtsferien und Osterferien zu mir
    kommen. Und auch D.B. dürfte eine Zeitlang kommen, wenn er einen schönen, friedlichen Ort zum
    Schreiben brauchte, aber Filme dürfte er in meiner Hütte nicht schreiben, sondern nur
    Erzählungen und Bücher.
Es wäre mein Gesetz, daß niemand, der mich besuchte, etwas Verlogenes tun dürfte. Falls jemand
    etwas Verlogenes tun wollte, könnte er nicht bei mir bleiben.
Plötzlich schaute ich auf die Uhr über der Garderobe und sah, daß es fünfundzwanzig vor eins
    war.
Ich bekam Angst, daß die alte Dame in der Schule vielleicht dem andern Fräulein gesagt haben
    könne, man solle Phoebe meinen Zettel nicht geben. Vielleicht hatten sie ihn verbrannt oder so.
    Ich bekam wirklich eine Heidenangst. Ich wollte Phoebe unbedingt sehen, bevor ich mich auf den
    Weg machte.
Ich hatte ja noch ihr Weihnachtsgeld und alles.
Endlich kam sie doch. Ich sah sie durch die Glastür. Ich erkannte sie von weitem, weil sie
    meine verrückte Jagdmütze auf dem Kopf hatte - die rote Farbe sah man meilenweit. Ich machte
    die Tür auf und ging ihr über die Steintreppe hinunter entgegen. Ich verstand nur nicht, warum
    sie einen großen Koffer mitbrachte. Sie kreuzte gerade die Fifth Avenue und schleppte dabei
    diesen verdammten großen Koller. Sie konnte ihn kaum tragen. Im Näherkommen sah ich, daß es
    mein eigener alter Koffer war, den ich früher in Whooton gehabt hatte. Ich konnte mir absolut
    nicht vorstellen, was sie damit wollte. »Hi«, sagte sie, als wir voreinander standen. Sie war
    von diesem blöden Koffer ganz außer Atem.
»Ich hatte schon gemeint, daß du vielleicht gar nicht kommst«, sagte ich. »Was zum Teufel ist
    denn da drin? Ich brauche nichts. Ich gehe so fort, wie ich bin. Ich hole nicht einmal die
    Koffer am Bahnhof. Was zum Teufel hast du da drin?«
Sie stellte den Koffer auf den Boden. »Meine Kleider«, sagte sie. »Ich geh mit. Darf ich?
    O.K.?«
»Was?« sagte ich. Ich fiel fast um, als sie das sagte. Ganz im Ernst, das schwöre ich. Ich
    wurde wieder schwindlig und dachte, ich fiele wieder ohnmächtig um oder was weiß ich.
»Ich bin im Nebenlift hinuntergefahren, damit Charlene mich nicht sieht. Er ist gar nicht
    schwer. Ich hab nur zwei Kleider und meine Mokassins drin und Wäsche und Socken und noch ein
    paar Sachen. Versuch, gar nicht schwer. Heb ihn einmal... Kann ich nicht mit? Holden? Darf ich
    nicht? Bitte.«
»Nein. Halt die Klappe.«
Ich dachte, ich würde ohnmächtig. Ich meine, ich wollte ihr eigentlich nicht sagen, daß sie die
    Klappe halten solle, aber ich dachte eben, daß ich wieder ohnmächtig würde.
»Warum nicht? Bitte, Holden! Ich tu gar nichts - ich will nur mit dir fort, sonst nichts! Ich
    nehm auch die Kleider nicht mit, wenn du nicht willst - ich nehm nur meine -«
»Du nimmst überhaupt nichts mit.

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