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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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hören es doch nicht gern. Nach
    ein paar Minuten ging ich weg. Komisch, sie schrie mir »Viel Glück!« nach, genau wie der alte
    Spencer, als ich mich in Pencey von ihm verabschiedete. Großer Gott, ich kann das nicht
    ausstehen, wenn mir jemand »Viel Glück!« nachschreit. Ich finde es deprimierend.
Ich ging über eine andere Treppe hinunter und sah wieder "dich..." an der Wand. Ich wollte es
    wieder mit der Hand wegreiben, aber diesmal war es mit einem Messer oder was weiß ich in die
    Wand gekratzt. Man konnte es nicht wegreiben.
Es ist ohnedies hoffnungslos. Auch wenn man tausend Jahre Zeit hätte, könnte man nicht die
    Hälfte von all den "dich..." auf der Welt zum Verschwinden bringen. Ganz unmöglich.
Auf der Uhr im Hof war es erst zwanzig vor zwölf. Es blieb mir also noch viel Zeit
    totzuschlagen, bevor Phoebe kommen konnte. Ich ging zum Museum hinüber. Ich wußte nicht, wohin
    ich sonst hätte gehen sollen. Ich dachte, ich könnte vielleicht in einer Telefonkabine noch
    Jane Gallagher anrufen, bevor ich nach Westen fuhr, aber ich war nicht in der richtigen
    Stimmung.
Außerdem wußte ich auch gar nicht sicher, ob sie schon zu Hause war. Ich ging also nur ins
    Museum und lungerte dort herum.
Während ich drinnen am Eingang wartete, kamen zwei kleine Jungen und fragten mich, wo die
    Mumien seien. Der eine - der mich fragte - hatte seine Hosen offen. Ich sagte es ihm.
Daraufhin knöpfte er sie sofort vor mir zu - er fand es nicht einmal nötig, sich hinter einen
    Pfeiler oder so zu stellen.
Furchtbar komisch. Ich hätte gern gelacht, aber ich hatte Angst, daß es mir dann wieder übel
    würde. »Wo sind die Mumien, du?« fragte er noch einmal. »Weißt du das?«
Ich neckte die beiden ein bißchen. »Die Mumien? Was ist das?« fragte ich.
»Weißt du, die Mumien - die, die tot sind. Die in der Kluft begraben sind.« Kluft, das warf
    mich um.
Er meinte Gruft.
»Warum seid ihr beide nicht in der Schule?« fragte ich.
»Wir haben heute keine Schule«, sagte der Wortführer. Er log so sicher, wie ich am Leben bin,
    der kleine Gauner. Weil ich nichts zu tun hatte, bis Phoebe kommen konnte, suchte ich mit ihnen
    die Mumien. Herrgott, ich hatte doch früher genau gewußt, wo sie waren, aber ich war seit
    Ewigkeiten nicht mehr im Museum gewesen.
»Interessiert ihr euch denn so für Mumien?« sagte ich.
»Ja.«
»Kann dein Freund nicht reden?«
»Er ist nicht mein Freund. Er ist mein Bruder.«
»Kann er nicht reden?« Dabei schaute ich den andern an, der nie ein Wort von sich gab. »Kannst
    du nicht reden?« fragte ich.
»Doch«, sagte er. »Hab aber keine Lust.«
Schließlich fanden wir den Raum, wo die Mumien sind, und gingen hinein.
»Weißt du, wie die Ägypter ihre Toten begraben haben?« fragte ich den einen.
»Nein.«
»So, es ist aber sehr interessant. Sie haben ihnen das Gesicht in Tücher gewickelt, die mit
    irgendwelchen chemischen Geheimmitteln durchtränkt waren. Auf diese Weise konnten sie tausend
    Jahre in den Gräbern liegen, ohne daß sie verwesten und so. Niemand weiß, wie man das machen
    muß, nur die Ägypter. Nicht einmal die modernen Wissenschaftler.«
Zu den Mumien führte ein schmaler Gang mit Steinplatten an den Wänden, die direkt aus einem
    Pharaonengrab stammten. Es war ziemlich unheimlich, und wahrscheinlich gefiel es den beiden
    Helden nicht übermäßig. Sie hielten sich auffallend nah an mich, und der eine, der nie etwas
    sagte, packte mich sogar am Ärmel. »Komm, wir gehn«, sagte er zu seinem Bruder. »Ich hab sie
    schon gesehen. Komm doch, he.« Er machte kehrt und lief weg.
»Der hat es aber mit der Angst bekommen!« sagte der andere und lief ebenfalls weg.
Ich blieb also allein in dem Grab zurück. Es gefiel mir irgendwie. Es war so schön friedlich.
    Aber niemand kann sich vorstellen, was ich plötzlich an der Wand sah. Wieder ein "dich...".
    Jemand hatte es mit einem roten Stift unter den Steinplatten, also unter den Glasscheiben an
    die Mauer geschmiert.
Das ist es eben. Man kann nirgends einen friedlichen Ort finden, weil es keinen gibt. Manchmal
    weint man, es gebe einen, aber wenn man hinkommt, und an nichts dergleichen denkt, schmiert
    einem jemand "dich..." direkt vor die Nase. Ich glaube, wenn ich jemals sterbe und sie mich
    auch auf einen Friedhof schleppen und mir einen Grabstein und so hinsetzen, wird »Holden
    Caulfield« daraufstehen und die Jahreszahl, wann ich geboren wurde und gestorben bin, und
    darunter schreibt dann sicher jemand "dich...". Davon bin ich

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