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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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Weil du überhaupt nicht mitkommst. Ich geh allein weg. Also
    schweig jetzt.«
»Bitte, Holden, bitte laß mich mit. Ich bin sicher ganz ganz - du brauchst gar nicht -«
»Du gehst aber nicht mit. Schweig jetzt! Gib mir den Koffer«, sagte ich. Ich nahm ihn ihr ab.
    Beinah hätte ich ihr eine Ohrfeige gegeben. Ein paar Sekunden lang dachte ich tatsächlich, ich
    würde ihr eine geben. Ganz im Ernst.
Sie fing an zu heulen.
»Ich hab gemeint, daß du in einer Schüleraufführung mitspielen sollst. Ich hab gemeint, daß du
    in dem Stück den Benedict Arnold spielen sollst!« sagte ich. Das sagte ich sehr grob. »Was
    bildest du dir eigentlich ein? Daß du einfach nicht in dem Stück spielst, Herrgott noch mal?«
    Daraufhin weinte sie erst recht. Das freute mich nur. Ich wollte plötzlich, daß sie nur heulen
    möge, bis ihr die Augen aus dem Kopf fielen. Ich hatte beinah einen Haß gegen sie. Am meisten
    war ich wohl darüber wütend, daß sie nicht mehr in dem Stück mitspielen konnte, wenn sie mit
    mir wegging.
»Komm jetzt«, sagte ich und stieg wieder die Treppe zum Museum hinauf. Ich wollte den blöden
    Koffer in der Garderobe abgeben, dann konnte sie ihn um drei Uhr nach der Schule wieder
    holen.
In die Schule konnte sie ihn ja nicht mitschleppen. »Komm, vorwärts«, sagte ich.
Sie ging aber nicht mit mir die Stufen hinauf. Sie wollte nicht.
Ich ging trotzdem in die Garderobe und gab den Koffer ab und kam wieder zurück. Sie stand immer
    noch auf dem Trottoir, aber als ich zu ihr kam, drehte sie mir den Rücken zu. Zu so etwas ist
    sie imstande. Sie kann sich einfach umdrehen, wenn sie in der Stimmung ist.
»Ich gehe überhaupt nirgends hin«, sagte ich. »Ich hab's mir anders überlegt. Hör also auf zu
    heulen und schweig.« Dabei heulte sie gar nicht. Ich sagte es aber trotzdem. »Komm jetzt, ich
    bring dich wieder in die Schule. Komm jetzt. Du kommst noch zu spät.«
Sie gab keine Antwort. Ich versuchte ihre Hand zu nehmen, aber sie wollte nicht. Sie drehte
    sich immer nur von mir weg.
»Hast du denn gegessen? Sag, hast du gegessen?« fragte ich.
Sie wollte nicht antworten. Statt dessen nahm sie nur die rote Jagdmütze ab - die ich ihr
    geschenkt hatte - und warf sie mir mitten ins Gesicht. Dann drehte sie mir den Rücken zu. Das
    gab mir fast den Rest, aber ich sagte nichts. Ich hob die Mütze auf und steckte sie in meine
    Tasche.
»Komm, he du. Ich bring dich in die Schule.«
»Ich geh aber nicht in die Schule.«
Ich wußte nicht mehr, was ich darauf antworten sollte. Ich blieb ein paar Minuten so
    stehen.
»Du mußt aber in die Schule. Du willst doch im Stück mitspielen? Du willst doch den Benedict
    Arnold spielen?«
»Nein.«
»Doch, natürlich. Ganz sicher. Komm, wir gehn«, sagte ich. »Erstens geh ich überhaupt nicht
    fort, das hab ich dir schon gesagt. Ich geh heim. Ich geh heim, sobald du in der Schule bist.
    Zuerst hol ich am Bahnhof meine Koffer und dann geh ich sofort-«
»Ich geh aber nicht in die Schule, hab ich gesagt. Du kannst machen, was du willst, aber ich
    geh nicht in die Schule«, sagte sie. »Also halt die Klappe.« Sie hatte noch nie "halt die
    Klappe" zu mir gesagt. Es klang schrecklich. Großer Gott, wirklich schrecklich. Viel schlimmer
    als Fluchen.
Anschauen wollte sie mich immer noch nicht, und wenn ich ihr die Hand auf die Schulter legen
    wollte oder so, wich sie mir jedesmal aus.
»Hör, willst du mit mir spazierengehn?« fragte ich. »Sollen wir zum Zoo gehen? Wenn ich
    einverstanden bin, daß du heut nachmittag nicht in die Schule gehst und einen Spaziergang mit
    mir machst, willst du dann mit dem Blödsinn aufhören?«
Da sie nicht antwortete, sagte ich es noch einmal. »Wenn ich dich heut nachmittag die Schule
    schwänzen lasse und einen kleinen Spaziergang mit dir mache, hörst du dann mit dem Blödsinn
    auf? Gehst du dann morgen wieder wie ein braves Mädchen in die Schule?«
»Vielleicht, aber vielleicht auch nicht«, sagte sie. Dann rannte sie plötzlich wild auf die
    Straße, ohne überhaupt auf die Autos achtzugeben. Manchmal ist sie verrückt.
Ich lief ihr aber nicht nach. Ich wußte, daß sie hinter mir hergehen würde, und machte mich
    deshalb auf der Parkseite auf den Weg zum Zoo, und sie ging auf der verdammten andern
    Straßenseite in der gleichen Richtung. Sie schaute nie zu mir herüber, aber ich merkte, daß sie
    mich vermutlich aus ihrem verrückten Augenwinkel beobachtete. Jedenfalls gingen wir auf diese
    Weise die ganze Strecke zum Zoo. Nur einmal wurde

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