Der Faenger im Roggen - V3
ich unruhig - als nämlich ein zweistöckiger
Omnibus daherkam und ich eine Weile lang nicht mehr sehen konnte, wo zum Teufel sie war. Beim
Zoo schrie ich zu ihr hinüber: »Phoebe! Ich geh in den Zoo! Komm jetzt!« Sie wollte mich nicht
anschauen, aber offenbar hatte sie mich doch gehört, denn als ich mich oben an der Treppe, die
zum Zoo hinunterführt, wieder nach ihr umdrehte, sah ich sie die Straße kreuzen und mir
nachgehen.
Im Zoo waren nicht viele Leute, weil ziemlich schlechtes Wetter war, aber ein paar standen bei
den Seelöwen am Schwimmbassin. Ich ging vorbei, aber da die gute Phoebe stehenblieb und so tat,
als müßte sie die Fütterung sehen - ein Wärter warf den Seelöwen Fische zu -, drehte ich wieder
um.
Ich hielt das für eine gute Gelegenheit, um wieder mit ihr ins reine zu kommen. Ich stellte
mich hinter sie und legte ihr beide Hände auf die Schultern, aber sie machte eine Kniebeuge und
schlüpfte mir weg - ich habe schon gesagt, daß sie sich manchmal ziemlich rotzig benehmen kann,
wenn sie in der Stimmung ist. Sie blieb weiter dort stehen, während die Seelöwen gefüttert
wurden, und ich stand hinter ihr. Ich legte ihr nicht mehr die Hände auf die Schultern oder so,
weil sie mir sonst wirklich davongerannt wäre. Kinder sind komisch. Man muß sehr achtgeben, was
man tut.
Als wir von den Seelöwen weggingen, wollte sie zwar immer noch nicht neben mir hergehen, aber
sie hielt sich in weniger großer Entfernung. Sie ging auf dem einen Trottoir und ich auf dem
andern.
Das war nicht überwältigend, aber doch besser als ein Kilometer Abstand wie vorher. Dann sahen
wir uns auf der kleinen Anhöhe die Bären an, obwohl es da nicht viel zu sehen gab. Nur ein
einziger Bär war draußen - der Eisbär. Der braune saß in seiner verdammten Höhle und wollte
sich nicht zeigen.
Man sah nur sein Hinterteil. Ein kleiner Junge neben mir, dem ein Cowboyhut tief über den Ohren
saß, sagte fortwährend zu seinem Vater: »Mach, daß er herauskommt! Mach doch, daß er
herauskommt!« Ich schaute Phoebe an, aber sie wollte nicht lachen. Kinder wollen ja nie lachen
oder so, wenn sie beleidigt sind.
Nach den Bären gingen wir aus dem Zoo hinaus und kreuzten eine Straße zum Park hinüber und
gingen dann durch eine Unterführung, die genau so nach Pinkel roch wie alle diese
Unterführungen.
Es war der Weg zum Karussell. Phoebe wollte immer noch nicht mit mir reden, aber sie lief jetzt
neben mir her. Ich griff nach dem Gürtel hinten an ihrem Mantel, einfach nur so zum Vergnügen,
aber das wollte sie nicht haben. Sie sagte: »Behalt deine Hände bei dir, falls dir das möglich
ist.« Sie war immer noch beleidigt. Aber nicht mehr so sehr wie vorher. Wir kamen immer näher
zum Karussell, man hörte schon die blöde Musik, die offenbar dazugehört. Es war: O Marie! Das
gleiche Lied hatten sie schon vor fünfzig Jahren gespielt, als ich selber noch ein Kind war.
Das ist nett an den Karussells, daß sie immer dasselbe spielen.
»Ich dachte, das Karussell sei im Winter zu«, sagte Phoebe.
Das war das erste Mal, daß sie wirklich etwas sagte.
Wahrscheinlich hatte sie vergessen, daß sie beleidigt war.
»Vielleicht wegen Weihnachten«, sagte ich.
Darauf antwortete sie nicht. Wahrscheinlich war ihr wieder eingefallen, daß sie beleidigt
war.
»Willst du Karussell fahren?« fragte ich. Ich wußte, daß sie sicher große Lust hatte. Als sie
noch klein war und Allie und D.B. und ich sie oft in den Park mitnahmen, war sie ganz versessen
darauf.
Man konnte sie kaum mehr von dem verdammten Karussell wegkriegen.
Ich hatte erwartet, daß sie nicht antworten würde, aber sie sagte: »Ich bin zu groß
dafür.«
»Nein, gar nicht. Geh doch. Ich warte hier auf dich. Geh doch«, sagte ich. Wir standen jetzt
davor.
Ein paar Kinder saßen darauf, zum größten Teil noch sehr kleine, und ein paar Eltern warteten
in der Nähe, auf den Bänken und so. Ich ging zum Schalter, wo man Karten bekommt, und kaufte
eine für Phoebe. Dann gab ich sie ihr. Sie stand dicht neben mir. »Da«, sagte ich. »Wart noch -
da, nimm auch den Rest von deinem Geld wieder.« Dabei gab ich ihr das Geld, das sie mir
geliehen hatte.
»Behalt du's. Behalt du's für mich«, sagte sie. Und dann hängte sie an: »- bitte.«
Das ist deprimierend, wenn jemand »bitte« zu einem sagt. Ich meine, wenn es Phoebe oder so
jemand ist. Es deprimierte mich wahnsinnig. Aber ich steckte also das Geld in die Tasche.
»Willst du nicht auch
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