Der Fänger
Raissa.
»Ja.«
»Das dachte ich mir.« Sie freute sich noch immer und ahnte nicht, was ihr in Wirklichkeit bevorstand...
***
Wir parkten nicht direkt vor dem Hotel, was aus Platzgründen nicht möglich war, aber auf dem Gelände. Sofort kam jemand angelaufen und wollte uns wegschicken.
Der junge Mann trug eine operettenhafte Uniform. Ich ließ ihn erst gar nicht dazu kommen, den Mund zu öffnen. Er bekam meinen Ausweis zu sehen und wusste Bescheid.
»Kann ich Ihnen helfen, Sir«, bot er an.
»Nein, danke.«
Wir ließen ihn stehen und betraten das traditionsreiche Luxus-Hotel, in dem wirklich schon alles gewohnt hatte, was Rang und Namen hatte. Besonders der europäische Adel war immer gut vertreten gewesen, und der Komponist Paul Abraham hatte mit seiner Operette Ball im Savoy dem Hotel ebenfalls ein Denkmal gesetzt.
Das alles konnte ich jetzt vergessen. Die Vergangenheit spielte keine Rolle mehr. Jetzt war die Gegenwart wichtig und auch die nahe Zukunft, denn ich hatte das Gefühl, dass sich etwas zusammenbraute.
Man lächelte und nickte uns zu, als wir das Hotel betraten.
»Ich fürchte, dass wir eine Pleite erleben werden«, sagte Suko.
»Warum?«
»Keine Ahnung. Aber ich glaube, dass dieser Sartow ein verdammt schlauer Fuchs ist.«
Da konnte er Recht haben. Ich hoffte trotzdem, dass wir ihn hier fanden und zur Rede stellen konnten.
Ein älterer Mann mit eisgrauen Haaren sprach uns an. »Womit kann ich dienen, Gentlemen?«
»Mit einer Auskunft«, sagte ich.
Diese Antwort gefiel ihm nicht so gut. Er hob die Augenbrauen an und schaute sich schielend um. Er wollte nicht, dass andere Gäste erfuhren, wer hier stand.
»Polizei?«, vergewisserte er sich.
»Scotland Yard.«
»Bitte kommen Sie mit.«
Wir taten ihm den Gefallen und wurden in einen kleinen Raum hinter der Rezeption geführt, in dem zwei Mitarbeiterinnen saßen und telefonierten. Ein alter Fernschreiber stand als Relikt in der Ecke, ansonsten fiel das kalte Deckenlicht auf mehrere Computer, die aufgestellt ein Viereck bildeten.
Plätze wurden uns auch angeboten. Wir lehnten ab, da es nicht so lange dauern würde.
»Es geht um einen russischen Gast, der bei Ihnen wohnt und...«, begann ich.
»Sie meinen Mr. Sartow?«
»Genau den.«
Irgendwie sah der Mann erleichtert aus, als er seine Antwort gab. »Es tut mir Leid, Sir, aber Mr. Sartow ist leider heute abgereist.«
Das war der erste Tiefschlag, denn damit hatten wir nicht gerechnet.
»War Mr. Sartow allein oder in Begleitung?«, fragte Suko.
»In Begleitung einer jungen Dame, die ebenfalls russisch sprach. Mehr weiß ich auch nicht.«
Das war Pech. Ich ärgerte mich, gab aber trotzdem nicht auf. »Wann haben sie ausgecheckt?«
»Es ist keine Stunde her. Ich kann Ihnen im Computer die genaue Uhrzeit heraussuchen, wenn Sie wünschen.«
»Danke, nicht nötig«, wehrte ich ab. »Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«
»Nein, sie waren ruhige Gäste.« Er legte die Maske des Bedauerns auf, die allerdings schnell verschwand, weil ihm noch etwas eingefallen war. »Doch, jetzt weiß ich es wieder! Mr. Sartow hat Besuch bekommen. Es war ein Mann.«
»Kannten Sie ihn?«, hakte ich sofort nach.
»Leider nicht.«
Ich erinnerte mich daran, dass die Mitarbeiter eines Hotels in der Regel ein gutes Gedächtnis besitzen und fragte deshalb: »Können Sie uns den Mann beschreiben.«
Der Concierge überlegte einen Moment. »Er war recht klein. Sehr dunkle Haare. Bartschatten fielen auch auf, und er trug eine Brille und einen braunen Anzug. Mehr kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen.«
»Und Sie haben keinen Namen gehört?«
»Leider nicht. Er telefonierte zwar kurz aus dem Foyer mit Mr. Sartow, danach ist er sehr schnell nach oben gefahren in die Junior Suite, die übrigens gerade gesäubert wird. Ich wollte es nur erwähnen, falls sie Fingerabdrücke nehmen möchten.«
»Nein«, sagte ich. »Das wird nichts bringen. Wir sind Ihnen trotzdem für die Informationen dankbar.«
»Ich bitte Sie, das war selbstverständlich.«
Wir verließen das Hotel noch nicht, sondern nahmen in zwei der bequemen Sessel Platz.
»Und jetzt?«, fragte Suko. Er sah aus, als wüsste er die Antwort bereits.
»Jetzt wissen wir, dass er nicht allein agiert. Er hat einen Verbündeten.«
»Fragt sich nur, wer das sein könnte.«
Ich hielt mein Handy bereits in der Hand. »Das werden wir herausfinden, denke ich. Mal sehen, was Wanda Rice dazu zu sagen hat.« Die Telefonnummer hatte ich mir
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