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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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grauer Asche herunter.
    Er erwachte kalt und steif. Vom Feuer war nur noch ein schwarzer Fleck übrig, und es schneite wieder. Die Nässe der schmelzenden Flocken lag auf seinem Gesicht, als er sich umsah. Diskan kam taumelnd hoch, stapfte mit seinen tauben Beinen auf. Er wandte sich zu der Stelle, wo er das Fleisch hingelegt hatte. Schnee lag darüber, aber aus dem Schneehaufen ragte das Ende des Knochens. Er hob es auf. Das Fleisch war kalt und hartgefroren, aber nichts deutete darauf hin, daß es berührt worden war. Er konnte sich nicht erklären, warum er enttäuscht war. Er sollte sich eigentlich freuen, sagte er sich. Wahrscheinlich war der Besucher nicht zurückgekommen, und seine Fleischvorräte waren dadurch größer.
    Der Schneefall wurde dichter. Jetzt konnte er weitermarschieren, hinein in die immer enger werdende Schlucht, deren steile Felswände sich fast wie ein Dach einander zuneigten. Er bündelte das nicht verbrannte Holz, lud es sich auf die Schulter, nahm die Keule in die Hand und marschierte los.
    Der Schnee um ihn herum wies keinerlei Spuren auf, aber Diskan sah sich weiter um, ob er nicht irgendwo auf die Fährte jener Pfoten stieß. Er hatte sich nicht geirrt, als er angenommen hatte, daß ihm die Schlucht Schutz bieten würde; je weiter er vordrang, desto geringer wurde der Schneefall. Nur der Boden machte das Vorwärtskommen schwerer. Geröll und riesige Steine, ebenso wie große Haufen angestauten Treibholzes deuteten auf große Wassermassen hin, die manchmal durch diese enge Schlucht schossen. Diskans Tempo verringerte sich mehr und mehr.
    Überdies war es hier in der Schlucht ziemlich dunkel. Wenn er senkrecht nach oben sah, konnte er einen kleinen Streifen des Himmels sehen, aber die Sonne, die er gestern gesehen hatte, fehlte, und die schweren Wolken bewirkten, daß es immer dämmrig war. Einmal blieb er stehen und erwog, ob es nicht besser sei, wieder hinaus ins Freie zu gehen, wo er genug Feuerholz finden konnte, wo er Schutz vor dem Schneesturm finden würde – vorausgesetzt natürlich, daß er nicht mehrere Tage anhielt. Aber obgleich er sich umdrehte und sogar einen oder zwei Schritte in diese Richtung machte, stellte Diskan fest, daß ihn der Gedanke eines Rückzugs mit Unruhe erfüllte, und schließlich trottete er weiter.
    Stärker werdender Schneefall markierte den Anfang einer weiteren Öffnung des engen Schlundes, und er kam an eine Stelle, wo der Bach einen kleinen See bildete. Eiszapfen an einer Klippe zu seiner Linken markierten einen Wasserfall. Auch hier wuchsen die gleichen grauen Pflanzen, aber er sah auch ein paar Bäume, die ihr Laub nicht verloren hatten, sondern einen leuchtenden Farbfleck in der Landschaft bildeten.
    Die Farbe lag irgendwo zwischen Scharlach- und Karmesinrot, die breiten Blätter raschelten im Wind.
    Er hörte ein metallisches Geräusch in diesem Rascheln; diese Blätter mußten aus einer sehr harten Substanz bestehen. Mehrere davon lagen als leuchtende Flecken unter den Bäumen. Diskan beobachtete, wie einige, die der Wind losriß, durch ihr Gewicht direkt zu Boden stürzten, ohne auch nur ein wenig zu taumeln oder zu segeln.
    Das rote Wäldchen war auf der anderen Seite des Sees, aber es zog Diskan an, als böte ihm diese rote Farbe Wärme. Er kroch über eine Brücke aus eisverkrusteten Felsen, sah unter sich durch die gefrorene Oberfläche das Wasser dem kleinen Fluß zustreben, der ihn hergeführt hatte. Als er die ersten dieser Bäume erreichte, stellte er fest, daß jedes einzelne Blatt von einer durchsichtigen Eisschicht überzogen war. Juwelen des Winters. Die Ränder der Blätter waren messerscharf.
    Er öffnete seine Gürteltasche und sah besorgt nach seinem Glutstück. Es schien so, als habe es sich noch nicht verändert, seit er es gefunden hatte. Aber es konnte nicht immer so bleiben, und konnte er dann wieder so etwas finden? Er hatte das Stück bis jetzt immer als ein Stück glimmender Kohle betrachtet und hatte keine Ahnung, wo er so etwas im natürlichen Zustand suchen sollte.
    Diskan ließ sein Holzbündel fallen. Er hätte es nicht herzuschleppen brauchen; hier gab es genug. Aber die Vorsicht hatte ihm geraten, nicht unvorbereitet loszumarschieren. Erst Feuer, dann Nahrung, dann …
    Irgendwann mußte er aufhören, ziellos herumzustreifen. Er mußte sich eine behelfsmäßige Unterkunft besorgen, zur Jagd gehen und … Diskan schüttelte den Kopf. Erst wollte er Feuer machen. Immer langsam – eins nach dem

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