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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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eine Geisel war. Ich fragte mich, wie es wohl für ihn wäre, so ganz allein im Hofstaat des Artus. Geiseln wurden nie schlecht behandelt - mein Vater hatte eine Geisel von jedem seiner Unterkönige, und sie kämpften alle in seiner Armee und besaßen viele der Rechte, die die anderen Krieger hatten -, aber schon die Tatsache, daß er eine Geisel war, mußte für Agravain vernichtend sein. Ich konnte ihn geradezu vor mir sehen, wie er auf die Fremden einschlug, die ihn umringt hatten und ihn wegen seines Vaters und seiner Niederlage verspotteten; ich konnte ihn sehen, wie er sich verzweifelt bemühte, sein schlechtes Britisch zu verbessern, elend, allein in einem fremden Land.
    Für den Verlust Agravains war ich kein Ersatz, auch das war offensichtlich. Lot schaute mich an, dann Morgas, dann seine eigenen Hände. Er tat das immer und immer wieder, und jedesmal krümmte sich sein Mund im Schmerz. Eine Zeitlang verspürte ich den Wunsch, zu helfen. Ich wollte wieder versuchen, wie ich es vorher versucht hatte, so zu sein, wie Lot mich wünschte. Aber dann redete ich es mir aus, zusammen mit meinem Mitleid um Agravain. Ich war meiner Mutter Sohn. Ich hatte jetzt das Haus der Knaben verlassen, und aus mir war kein Krieger geworden, und ich war sicher auch kein Abkömmling des Lichts. Lot und Agravain hatten mir Unrecht getan.
    Auch Morgas war still, aber ihr Schweigen war das Schweigen des
    Zorns. Sie war wütend auf Lot, weil er besiegt worden war, und sie zeigte ihm ihre Verachtung ohne Worte. Sie zeigte ihm, was sie von seiner Kraft hielt und von seinem Wert und seiner Männlichkeit. Ich sah zu, wie Lots Hände sich um die Zügel seines Pferdes krampften und sich wieder lösten, während er ihren steifen Rücken anstarrte.
    Der Heerhaufen war in schlechter Verfassung. Nicht allzu viele waren verloren oder verletzt, denn im großen und ganzen waren ihre Kämpfe erfolgreich gewesen, bis sie Artus begegneten. Aber sie hatten all ihre Beute, all ihre besten Stücke an Artus’ Männer verloren, und sie waren mit mangelhaften Vorräten und in Gewaltmärschen nach Gododdin zurückgekehrt. Es sah so aus, als ob der neue Pendragon hungrig nach Reichtum und Vorräten war. Er würde sie auch brauchen, um ein großes Heer zu unterhalten, und er würde mit Sicherheit ein großes Heer brauchen, wenn er Britannien gegen die Sachsen verteidigen wollte. Aber jetzt würden wir auf den Orkneys für Artus’ Krieg bezahlen müssen. Und für unseren Lebensunterhalt mußten wir uns auf die nächste Ernte allein verlassen. Als wir Dun Fionn erreichten, stellten wir die Pferde schweigend im Stall unter, und schweigend gingen die Männer zur Ruhe. In dieser Nacht gab es ein trübseliges Gelage, und die Krieger brüteten über ihrem Essen, und Lot saß grimmig wie der Tod am hohen Tisch und starrte hinüber zu der Tür, die aus der Halle in Morgas’ Zimmer führte. Orlamh, der oberste Barde meines Vaters, sang mit unsicherer Stimme, und die Lieder fielen flach in die abgestandene Luft.
    Die Männer tranken sehr viel. Ich merkte das, denn ich schenkte den Met ein. Auch mein Vater trank viel. Die Betrunkenheit glänzte in seinen Augen, und er schaute sich in der Halle um. Er sah mich, und sein Blick fixierte sich auf mich. Er knallte seinen Becher auf den Tisch.
    »Gawain!« Es war das erstemal, daß er mich direkt angesprochen hatte, seit seiner Rückkehr. Und daß er mich ansprach, das kam sowieso selten genug vor.
    Ich stellte die Kanne mit dem Met hin. »Ja, Vater?«
    »Ja, Vater«, wiederholte Lot bitter. »Agravain. nun, Agravain ist eine Geisel. Weißt du das?«
    »Ja, Vater.«
    »Natürlich. Du kannst lesen, schreiben, Latein sprechen, die Harfe spielen, wie ein Barde singen, Lieder schreiben, Pferde reiten - alle Pferde seien verflucht! - und Männer vom Pferderücken aufspießen, und du kannst andere Dinge. Welche anderen Dinge?«
    Früher hatte er noch nicht einmal das Latein erwähnt. Ich trat unsicher auf den anderen Fuß. Alle Krieger beobachteten mich, schätzten mich ab.
    »Sonst nichts, Vater.«
    Lot starrte mich an. Die Krieger starrten mich an. Ich sah, daß mein Ruf sie in der Tat erreicht hatte. Ich starrte zurück, entschlossen, nicht auszuweichen.
    »Du bist mit Sicherheit kein Krieger«, sagte mein Vater endlich. »Nun gut. Geh, nimm Orlamh die Harfe ab und spiel etwas, etwas Angenehmes. Ich bin seiner traurigen Klimperei müde.«
    Orlamh seufzte und gab mir die Harfe. Ich nahm sie, setzte mich nieder und starrte die

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