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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Seiten an. Ich war zornig, das war mir klar, aber Haß erfüllte mich nicht. Lot tat mir leid. Ich wurde noch wütender, aber er tat mir noch immer leid.
    Was konnte ich singen? Irgend etwas, das ihn von Dun Fionn und von seiner Niederlage ablenkte.
    Ich berührte die Seiten vorsichtig, zog die Melodie so sanft hervor, als ob sie ein Gewebe aus Glas wäre, und sang den Trauergesang der Deirdre, als sie Kaledonien verließ, als sie nach Erin ging, in ihren Tod.
    Lieb hatt’ ich das Land, das im Osten liegt,
    Alba, das wonnige, voll von Wundern.
    Niemals war’ ich gewillt, zu weichen,
    Ginge ich mit dem Geliebten nicht.
    Herrlich die Hügel, hoch ragt Dun Fidhga,
    Dun Fionn, Felsen, von Festen gekrönt, von Falken umschwebt.
    Schimmern sah ich der Seen Spiegel,
    Meiner Heimat gehört mein Herz.
    In der Halle war es sehr still, und die Krieger saßen ruhig da. Sie berührten die Methörner nicht, die neben ihren Händen standen. War es möglich, so fragte ich mich sehr überrascht, daß ich es schaffte? Nun, das Lied war sehr berühmt und bekannt. Ich sang weiter und versuchte, den strahlenden, unregelmäßigen Rhythmus einzufangen und die Sehnsucht, die darin lag.
    Cuan’s Wald, da weilten wir oft,
    O weh, zu kurz, war die Zeit;
    Zu wenige Tage, du weißt es wie ich,
    Die wir verbrachten am Strand von Alba.
    Glenn Etive, dort erhob sich mein Haus,
    Wundersam ist da der Wald.
    Ein hüllt ihn früh der Sonne Strahl,
    Wenn hinter Wolken der Tag erwacht.
    Und so ging es durch alle Verse. Die letzte Strophe kam, die von dem Strand handelte, an dem Deirdre sich einschiffte:
    Draighen ’s Strand erfüllt mich mit Stolz,
    Wild wallen die Wogen.
    Mein Land nicht wollte ich lassen,
    Hielte mich nicht Noise’s Hand.
    Ich ließ die Töne anschwellen und brachte sie dann langsam zum Schweigen. Ich ließ die Saiten weinen, während ich an Deirdre dachte, eine wunderschöne Frau, die schon fünfhundert Jahre tot war und die in ihr Boot gestiegen und in ihren Untergang gesegelt war.
    Als ich zu Ende gesungen hatte, war es in der Halle sehr still, aber es war eine andere Stille. Lot schaute mich einen Augenblick lang seltsam an, dann lachte er. Er war erfreut.
    Ich saß da, starrte die Harfe an und konnte es nicht glauben.
    »Das war gut«, sagte Lot. »Bei der Sonne! Vielleicht wird endlich doch noch etwas aus dir. Spiel noch etwas.«
    »Ich. ich.«, sagte ich. »Ich bin müde. Bitte, ich will ruhen.«
    Sein Lächeln verschwand wieder, aber er nickte. »Geh also und ruh dich aus.«
    Ich stellte die Harfe nieder und ging. Sein Blick folgte mir auf dem ganzen Weg durch die Halle. Er war verwirrt.
    Ich ruhte nicht. Ich lag auf meinem Bett und wälzte mich hin und her, und ich starrte einen Fleck aus Mondlicht an, der über den Fußboden kroch, die ganze Nacht. Ich hatte meinen Vater erfreut. Ein Barde zu sein, das war sehr ehrbar, und wenn man gut war, dann stand nur der König über einem. Ich hatte meinen Vater mehr erfreut als Orlamh, der gut war. Ich betrachtete das Mondlicht und dachte: »Jetzt bin ich schon zu weit den Pfad der Dunkelheit entlanggeschritten, um ihn noch zu verlassen.«
    Und ich starrte auch den kalten, schwarzen Fleck im Meer an, und ich weinte innerlich, allein in der Dunkelheit.
    Am nächsten Morgen fand ich heraus, daß Lot und Morgas in dieser Nacht auch nicht geschlafen hatten. Mein Vater hatte sich betrunken und war in den Raum meiner Mutter eingedrungen, um seine Rechte in Anspruch zu nehmen. Sie hatte versucht, ihn hinauszuwerfen, aber er hatte darauf bestanden, er sei ihr Mann und sie müsse ihm gehorchen. Die nächsten paar Tage trug Morgas ein hochgeschlossenes Gewand, um ihre blauen Flecken zu verbergen. Aber Lot war derjenige, der krank und erschöpft aussah, während Morgas still, mit ruhiger Befriedigung vor sich hinlächelte. Ich begriff plötzlich, daß sie, wenn mein Vater ihre Schönheit zu seinem Vergnügen benutzte, immer von ihm zehrte wie ein Schatten von einem starken Licht und daß sie ihm langsam die Kraft aussog. Sobald mir der Gedanke gekommen war, schob ich ihn beiseite, denn er gab mir ein beunruhigendes Gefühl.
    Der August zog sich langsam dahin, und der September folgte. Ich tat all das, was ich vorher getan hatte - ich übte noch immer mit meinen Waffen, nahm meine Lektionen bei Morgas, ritt aus und spielte mit Medraut -, aber es war jetzt alles anders. Lot befahl, daß seine Leute die neuen Arten des Kämpfens vom Pferde aus erlernen sollten, die Kampfmethoden, die Artus

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