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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Das Wesen, das Morgas beschworen hatte, wartete also auf mich.
    Ich legte meine Tunika in die Sonne, wickelte mich in den Umhang, zitterte und aß meine Austern. Sie schmeckten sehr gut, aber ich wußte, daß sie mir nicht immer reichen würden. Ich konnte nicht am Llyn Gwalch bleiben; ich konnte ihn auch nicht verlassen.
    Nun, früher oder später mußte ich fort, aber zuerst würde ich mich ausruhen. Ich blickte hinauf zur Sonne. Sie sank schon zum Horizont, und der Nebel wurde unmerklich dichter. Der Winter kam, und die Tage würden kürzer. Ich ließ meinen Blick auf den Strand fallen, auf den klaren Bach, der über die wellengeglätteten Steine hinaus in den Ozean floß, auf den Tang und das Treibholz. Ich lächelte, und ich entschied mich, ein Spielzeugschiff zu machen.
    Wie das ging, das hatte ich nicht vergessen. Die Karacke schwamm in Vollkommenheit auf dem Teich. Schade, daß ich kein großes bauen konnte, groß genug, um mich zu tragen. Aber das kleine Ding war schön genug, so wie es war. Ich betrachtete es, wie es den Bach hinuntersegelte, und ich machte mir Sorgen, daß es vielleicht in der Brandung kentern könne. Es machte einen Ruck, als es die Wellen erreichte, rollte, wurde dann von der Strömung gefaßt und begann aufs Meer hinauszugleiten. Ich sah zu, wie es wegtrieb, und ich dachte wieder an die Inseln der Seligen. Plötzlich fragte ich mich, was für Inseln das wohl waren. Die Mächte der Finsternis waren wirklich und besaßen Kraft. Was war mit den Mächten des Lichts? Artus’ Magie war stark genug, um Morgas’ abzuwehren: Wenn er den Schutz des Lichts erringen konnte, vielleicht konnte ich es dann auch.
    Ich war in großer Dunkelheit gewesen, ich war fast darin ertrunken, und der Gedanke an ein Licht, einen Gegner der Finsternis, war süß. Also sprach ich leise in meinem Herzen, während ich zuschaute, wie die kleine Karacke auf den Wellen tanzte, »Licht, wie immer dein Name lautet. ich habe mit der Finsternis gebrochen, und sie sucht mein Leben. Aber ich würde dir folgen, wie ein Krieger seinem Herrn folgt. Ich schwöre den Eid meines Volkes, ich will dir dienen vor jedem anderen, solange ich lebe. Schütze mich, wie ein Herr seinen Krieger schützt, und bring mich nach Britannien. Oder laß meinen Schwager, Lugh von der langen Hand, wenn er existiert und wirklich einer meiner Sippe ist, laß Lugh von der langen Hand mir von den Inseln her helfen, zu denen mein Boot reist. Ich bitte dich, hilf.«
    Die kleine Karacke glitt weiter über die Wellen, als ob sie eine Botschaft trüge. Ich sah zu, bis sie aus meinem Gesichtsfeld verschwand.
    Die Sonne sank langsam hinab in den Westen, brach sich frei aus dem Nebel, als sie unterging, und sprühte Rotgold auf das Gesicht der See. Schwere Wolken lagen unter ihr, sahen aus wie eine Insel. Dort kam einer der großen Winternebel. Vor dem Morgen würde er hier sein, und es würde kalt werden. Ich sah zu, bis die Sonne ganz fort war, und danach betrachtete ich das Zwielicht, dessen Schattierung vom ersten sanften Grün und Blau immer tiefer wurde. Die See wurde zuerst silbern, dann grau, dann silbern und schwarz, während der Mond über der Klippe aufstieg, eingehüllt in blaßgoldenen Nebel. Ich saß da, übergossen von seinem Licht und halb betrunken davon und von der Schönheit der Erde. Ich sang ihm Lieder, und das Steigen und Fallen der See schien mir zu antworten. Als ich mich am Fuß der Klippe niederlegte, dem trockensten Teil des Strandes, hatte ich mich kaum in meinen Umhang gehüllt, als ich auch schon einschlief.
    Ich wachte um Mitternacht auf, öffnete die Augen und starrte, gefroren vor Schrecken, in die schwarze Dunkelheit. Ein Traum, der mit schwarzen Schwingen durch meine Gedanken gezogen war, verließ mich wieder. Eine üble Erinnerung blieb. Ein Geräusch war dagewesen, der Dämon! Er war in mein Versteck eingebrochen und mußte jetzt auf dem Weg zu mir sein. Er kroch heran. Am besten war es zu wimmern und sich in die Erde zu graben.
    Ich setzte mich auf und warf den Mantel zurück. Ich griff nach meinem Dolch, erinnerte mich daran, daß er in Connalls Kehle steckte. Du mußt hinausgehen wie ein Krieger, sagte ich mir.
    Aber es war kein Schatten auf dem Strand, und auch kein Hinweis auf die Finsternis. Das Mondlicht war dämmrig vor Nebel, aber ich konnte klar genug sehen, daß ich allein am Llyn Gwalch war. Nur ein Boot lag da, es ruhte Bug voraus auf dem Strand.
    Es war ein seltsames Boot, ein wunderschönes. Es hatte einen

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