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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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mich näher.
    Ich durchwanderte schweigend die Halle, die Augen auf die Gesellschaft geheftet, die um mich saß. Ich kann nicht beschreiben und auch nicht erklären, was ich dort sah. Langsam stieg ich aufs Podium und blieb stehen. Ich schaute den Herrn über den hohen Tisch hinüber an, und ich wußte nicht, was ich tun oder sagen sollte.
    Er erhob sich und lächelte wieder, und der Gedanke blitzte in mir auf, daß Lot und Agravain wirklich ziemlich genauso aussahen, wie er aussehen würde, wenn das flammende Strahlen in seinem Gesicht nicht so stark wäre.
    »Willkommen, Mann meiner Sippe«, sagte Lugh, der Herr der Sonne. »Nimm Platz. Du bist weit gereist, und du mußt hungrig sein.«
    Also setzte ich mich an den hohen Tisch in der Halle der Sidhe, und ich aß mit ihnen und trank den süßen, hellen Wein, der wie eine Essenz des Lichts ist. Und ich redete mit Lugh von der langen Hand.
    Er fragte mich nach Lot, und ich erzählte ihm von Artus. Er hörte mir zu, dann nickte er. »Das Schicksal hat es bestimmt. Ein neuer Tag erhebt sich erst, wenn der alte gefallen ist.«
    »Dient dann also Artus von Britannien dem Licht?« fragte ich.
    »Er dient ihm.« Lugh zuckte die Achseln. »Dies ist etwas Größeres, und viel ist darin verwoben. Und das Ende ist mir nicht klar. Auch mein Tag ist vorüber.«
    Ich starrte ihn erstaunt an. »Dein Tag, mein Herr? Aber du bist Herrscher hier!«
    »Dennoch habe ich auf der Erde, wo mir einst die Macht gehörte, nur noch wenig Kraft. Einst wandte sich der ganze Westen an mich. Jetzt wenden sie sich anderswohin. Mit der Zeit wird das wenige, das mir noch bleibt, vergangen sein, und aus mir wird eine Erinnerung werden, und meine Halle und mein Volk existieren dann nur noch in Geschichten, die man Kindern erzählt. Und mit der Zeit noch nicht einmal mehr das.« Er sprach ganz ruhig, wie von Dingen, die gewiß waren, und ganz ohne Bedauern.
    »Soll das Licht dann gelöscht werden?« fragte ich und schaute mich in dieser strahlenden Halle um.
    Lugh schüttelte den Kopf. Er lächelte über meine Frage. »Dieses Licht? O nein. Wir werden feiern bis zum Ende der Erde und darüber hinaus. Die Zeit berührt diesen Ort nicht, auch nicht der Tod oder irgendein Kummer. Hier ist es besser als auf der Erde, wo wir einmal lebten.«
    »Dann hast du auf der Erde gelebt, wie es in den Liedern heißt?«
    »Vor langer Zeit.« Lugh nippte an dem Wein, und seine blauen Augen waren heiß und strahlend wie der Himmel. »Viellefcht dort, wo heute Erin ist. Menschen waren damals nur ein Traum im Osten, weit von meiner Domäne. Hier im Westen wurde ich geboren, aber nicht, wie Menschen geboren werden. Und hier lebte mein Volk, hier entstand die Musik. Meine Mutter war Baiurs Tochter, mein Vater Cian, der Sohn von Diancecht, dem Heiler. Wie du selbst, Maienfalke, bin auch ich aus Licht und Dunkelheit geschaffen. Einst wurde mir angeboten, entweder dem einen oder dem anderen zu dienen, und ich wählte das Licht. Eine Zeitlang regierte ich in ihm, obwohl ich wußte, meine Herrschaft würde hart sein und nicht ewig dauern.«
    »Du weißt von meiner Mutter Morgas.«
    »Ich weiß von einer, die man die Königin der Lüfte und der Finsternis nennt und die zu Morgas wurde. Sie ist eine alte Feindin, und einst gehörte sie zu meinem Volk. Sie sucht die Welt zu zerstören, die sie nicht länger besitzen kann.«
    »Aber du hast sie doch einmal besessen.«
    Wieder lächelte Lugh. »Einst fuhr ich meinen Streitwagen auf dem Wind von Temair, aber es war nicht das gleiche Temair, wo jetzt der Herr Ui Niaill sitzt. Einst herrschte mein Volk über die Erde, befahl dem Feuer und dem Wasser und der Luft, wie ein König Menschen befiehlt. Aber diese Zeit ist längst vergangen, so daß selbst das Land sie vergißt. Und so sollte es auch sein.«
    »Ich habe eine Geschichte gehört«, sagte ich, »in der es hieß, daß die Söhne des Mil nach Erin kamen, als erste Menschen, die seine Küste erreichten. Das geschah vor langer Zeit. Und hier fanden sie die Sidhe, die damals einen anderen Namen trugen. Und es wird erzählt, daß die Söhne des Mil mit den Sidhe kämpften oder daß Gericht gehalten wurde über sie durch Avairgain, dem Poeten von den Söhnen des Mil, und daß Erin den Menschen gegeben wurde.«
    »Die zweite Geschichte kommt der Wahrheit näher«, meinte Lugh. »Aber die Angelegenheit wurde nicht von Avairgain entschieden.«
    »Wer entschied sie dann?«
    »Der Hohe König, das Licht, das ewig leuchtet. Er gab mir mein

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