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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Britannien; Caer Ebrauc, eine große Stadt mit massiven Mauern. Sorviodo-num, Caer Gwent, Caer Legion, herrliche Festungen. Klöster, angefüllt mit Büchern und Gelehrsamkeit, große Straßen von einem Ende der
    Inseln zum anderen, Triumphbögen, so hoch wie Bäume, Mosaiken in den Höfen der reichen Villen, Brunnen und Statuen, Theater und Arenen, Dinge, von denen ich gelesen, die ich aber noch nie gesehen hatte. Britannien, der letzte Rest vom Reich der Römer - außer im Osten. Aber Konstantinopel lag weiter entfernt als die andere Welt, und es war noch unerreichbarer. Britannien, umgeben von Männern, die das Land begehrten, unbesiegt, mitten in der Niederlage. Dort, in diesem sagenhaften Land, hatte der Hohe König Artus Augustus die Standarte mit dem Drachen aufgerichtet, und er wurde von einer Magie geschützt, die Morgas nicht überwinden konnte. Und mir fiel ein, daß Artus, obwohl er durch seine Taten wohl zu meinen Feinden zählte, durch sein Blut mein Onkel war, und das gewann mir vielleicht eine Heimat. Ich war nicht Krieger genug, um mich seinem Heerbann anzuschließen, aber es gab vielleicht etwas, was ich tun konnte, wenn ich ihm dienen wollte.
    Ja, ich würde versuchen, nach Camlann zu reisen oder zum Hohen König Artus, wo immer er war, und ich würde ihm meine Dienste anbieten.
    Nachdem ich mich dazu entschlossen hatte, starrte ich wieder auf die See hinaus und fragte mich, wie ich es wohl anfangen sollte.
    Aus irgendeinem Grund war Llyn Gwalch sicher, wenn auch nur für kurze Zeit. Aber Morgas hatte die finsteren Mächte gegen mich versammelt, und ich wußte, wenn ich wieder die Klippe hinaufkletterte, dann würde ich vernichtet, lange, ehe ich den Hafen im Osten der Insel erreichen konnte. Und selbst wenn ich den Hafen erreichte, was konnte ich tun, um ein Boot zu bekommen? Wenn ich ein kleines Boot stahl, wie konnte ich, auf dem Meer ziemlich unerfahren, die trügerischen nördlichen Gewässer bis zum Land der Pikten überwinden, jetzt, wo der Winter kam? Und ich besaß nichts, um die Überfahrt auf einem größeren Schiff zu bezahlen.
    Einen Augenblick dachte ich daran, mit der Geschichte zu meinem Vater zu gehen, aber ich ließ den Gedanken sofort wieder fallen. Es würde Morgas nicht möglich sein, mir zu erlauben, zu meinem Vater zu gehen. Denn ich hätte ihm erzählt, daß sie den Tod eines seiner Krieger verschuldet hatte. Ich fragte mich, was sie ihm jetzt wohl erzählen würde. Daß ich Connall getötet hätte? Wahrscheinlich nicht. Das würde zu viele Erklärungen verlangen. Nein, sie würde so tun, als ob sie von Connalls Verschwinden oder von meinem nichts wüßte, und sie würde einen Weg finden, sich Connalls Leiche zu entledigen. Mein Pferd würde reiterlos zu den Ställen zurückkehren, oder vielleicht fand man es auch, während es auf der Klippe herumwanderte. Meine Sippe würde daraus schließen, daß ich verrückt geworden und am Samhain-Fest die Klippen entlanggeritten war. Und Medraut - er weinte vielleicht. Mir war wieder übel. Wenn ich ihm nur hätte helfen. wenn ich ihn nur hätte verstehen können. Aber es war zu spät. Vielleicht war es schon seit langem zu spät. Es war am besten, wenn er mich für tot hielt. Wenn er wußte, daß ich am Leben war - dann würde er mich hassen.
    Ich starrte auf das Meer und brütete über all diesen Dingen, ich drehte sie in Gedanken hin und her und verfolgte alle möglichen Ideen. Aber die Antwort - oder vielmehr die Abwesenheit einer Antwort - blieb immer die gleiche. Ich saß in Llyn Gwalch gefangen.
    Um die Mittagszeit fühlte ich mich ziemlich hungrig, aber ich war kräftiger, als ich nach dem Aufwachen gewesen war. Hoffnungsvoll schaute ich in dem Teich nach Fischen, aber ich fand keine. Ein paar Austern hingen an den Felsen am Fuß der Klippe, und viele Seevögel nisteten an den Felswänden. Ich zog mich aus und schwamm hinaus, und dann tauchte ich am Fuß der Klippe und sammelte Austern in meine Tunika. Ich hatte schon eine ganze Menge, als ich plötzlich eine Kälte spürte, kälter als das Wasser. Ich blickte auf. Die Sonne schien auf die Wände der Klippe, umhüllt von einem leichten Nebel. Auf halber Höhe zeigte sich auf der Klippe ein Schattenfleck. Ich schaute nach oben, dann wieder zu dem Schatten hinüber, und ich begriff, daß nichts auf der Klippe war, was einen Schatten werfen konnte. Eilig drehte ich mich um und schwamm zurück zum Strand, und die Kälte wurde wieder zu der normalen Kälte der Nordsee im November.

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