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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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abluden. Andere drängten sich um sie herum, stellten Fragen und gratulierten und klopften ihnen auf die Schultern, auf eine Weise, die deutlich machte, daß sie Sippenmitglieder sein mußten. Wulf beantwortete die Fragen, machte eine Handbewegung auf mich zu, und ich fing das Wort »Höriger« auf. Eduin sprach es aus wie einen Witz, und er lachte. Die Sachsen warfen mir einen lässigen Blick zu, schauten mich dann ein zweites Mal an und starrten dann auf Caledvwlch. Ein weiterer Augenblick ungemütlicher Stille entstand, ehe sie die Achseln zuckten und zurück zu ihrem Feuer gingen, über dem ein Schaf brutzelte. Es war fast gar, und es füllte die Luft mit einem Duft, der mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Ich schlenderte selbst zum Feuer hinüber, aber Wulf hielt mich an.
    »Erst kümmerst ju dich um die Rosse«, befahl er. »Dar sind sie gebunden. Dar sorgst ju für, nicht nur für diese neuen.«
    Ich nickte, obwohl ich den Wunsch verspürte, ihn entweder zu schlagen oder zu weinen. Nur das Wissen, daß Ungehorsam Prügel nach sich ziehen würde, hielt mich zurück. »Ja, mein Herr. Wo ist das Futter?«
    Wulf zeigte auf einen Haufen Heu und ging zum Feuer.
    Ich versorgte die Pferde. Es waren achtzehn, alle in schlechtem Zustand, und es dauerte eine ganze Weile, bis ich mit ihnen fertig war. Die armen Tiere hatten offensichtlich kein Korn bekommen, seit Monaten, dafür aber viel harte Arbeit. Und das alles ohne auch nur die notdürftigste Versorgung. Als ich endlich alles erledigt hatte, war das Schaf schon bis auf die Knochen verschlungen, und die Sachsen saßen herum, tranken Met und prahlten. Ich wußte, daß sie prahlten, wegen ihres Tonfalls. Irische, britische, sächsische oder bretonische Männer, sie alle prahlen gleich. Sie erzählen sogar die gleichen Geschichten. Ich kroch ganz still an das Feuer heran und schaffte es, einen von den Schafsknochen und einen Becher Wasser zu organisieren, ohne daß man mich bemerkte. Ich zog mich gerade zurück, um zu essen, als ich Wulf wieder auffiel.
    »Hier!« rief er. »Hast ju fertig die Pferde?«
    »Ja, mein Herr.«
    »Rosse sein krank«, sagte einer der anderen Sachsen. Er sprach so schlecht Britisch, daß ich ihn kaum verstehen konnte.
    »Nicht krank, mein Herr«, erwiderte ich und versuchte, respektvoll zu klingen. »Aber sie brauchen ordentliche Behandlung, sonst werden sie sehr krank. Und sie brauchen Hufeisen.«
    »Wat?«
    Wulf übersetzte für mich. Die anderen nickten weise, machten Bemerkungen über die Pferde und tranken noch mehr Met, nachdem ihre Neugier gestillt war. Ich nahm an, daß sie sehr wenig über Pferde wußten, und ich hatte etwas weniger Angst. Ich hatte mich schon gefragt, ob sie ihre Hörigen genauso behandelten wie ihre Tiere.
    Ich nagte an meinem Schafsknochen und versuchte, eine Möglichkeit zu finden, hinaus in die Nacht zu schlüpfen, während die Sachsen tranken. Es schien unmöglich. Das Lager war zu wohlgeordnet und zu gut bewacht, und die Posten würden mit Sicherheit auf britische Hörige aufmerksam werden, die bei Nacht versuchten, das Lager zu verlassen. Außerdem wußte ich genau, ich konnte nicht weit kommen, ehe ich zusammenbrach. Vielleicht morgen, dachte ich. Sie werden mir ein Paar Schuhe geben müssen, und wenn ich ausgeruht bin. »He, du! Briton!«
    Ich blickte auf; die Stimme gehörte Eduin. »Herr?«
    »Kannst ju Harfe spielen?«
    »Ich habe es gesagt, Herr.«
    »Dann nimm die Harfe da drüben, bei den Vorräten, und dann spielst ju wat.«
    Nun, vielleicht behandelten sie ihre Hörigen wirklich wie ihre Pferde. Ich legte den Schafsknochen hin, und dann humpelte ich zur Harfe hinüber. Die Sachsen, erfreut darüber, daß sie einen hatten, der für sie spielte, lehnten sich erwartungsvoll zurück.
    »Was für ein Lied wünschst du zu hören, Herr?« fragte ich Wulf.
    »Ein Schlachtenlied. Ein gutes.«
    Ich ließ meine Finger langsam über die Harfensaiten wandern, stimm-te ein paar davon und überlegte. Ein britisches Schlachtlied, voll vom Tode der Sachsen, würde ihnen kaum Freude machen. Ich wollte aber auch keinen Verdacht erwecken, indem ich irisch sang und damit zeigte, daß ich von einem so fernen Ort stammte wie den Orkneys. Ich entschloß mich endlich zu einem Lied aus Kleinbritannien, über einen Schwertertanz - Feuer! Stahl und Feuer! Eichbaum, Nacht; Erde und Stein, Feuerlicht. Sie mochten es. Sie schlugen den Takt mit den Handflächen auf die Oberschenkel, und ihre Augen glänzten in der

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