Der Falke des Lichts
gestorben, über die du aus Angst keine Informationen geben wolltest. Ich überlege mir, ob ich dich nicht kaufen soll, Britannier. Wie ist dein Name?«
Ich starrte meine Hände auf der Harfe an, und mir wurde übel. Wenn der König mich kaufte, wie konnte ich dann entkommen? Und, da Aldwulf deutlich die treibende Kraft bei diesem Kaufwunsch war, was würde mit mir geschehen, wenn ich nicht flüchtete?
»Gawain.« Ich beantwortete Cerdics Frage mit der Wahrheit.
»Der Name eines Kriegers, nicht der Name eines Hörigen.«
»Ich wurde als freier Mann geboren, Fürst. Mein Herr hat sich nicht die Mühe gemacht, meinen Namen zu ändern, denn er sah, daß ich daran gewöhnt war.«
»Und diesem ermordeten Herrn bist du loyal, aber nicht loyal genug, als daß du nicht wenigstens doch die Fehde erwähnt hättest. Wie lange bist du schon hörig?«
»Drei Jahre, Fürst.« Die Zeit dünkte mich lang genug.
Er sah mich von oben bis unten sorgfältig an. Ich verfluchte meine Dummheit, so gut zu singen und mich wie ein freier Mann zu benehmen und nicht wie ein Höriger. Sei ein Niemand, sagte ich mir. Sorge dafür, daß sie bezweifeln, daß du überhaupt jemand bist. Hier, am Knotenpunkt seiner Macht, kann dieser Mann dich ohne ein Wort vernichten.
»Er singt gut«, sagte Cerdic zu Wulf. »Ich kaufe ihn von dir, wenn der Preis angemessen ist.«
Aldwulf lächelte wieder. Er schaute mich fest an, während Cerdic mit Wulf und Eduin handelte. Nach kurzer Zeit streifte sich Cerdic zwei schwere goldene Armreifen vom rechten Arm und fügte noch einen dritten hinzu. Ein guter Preis. Die meisten Sklaven brachten kaum mehr als die Hälfte davon, heutzutage, wo Menschen billig waren. Cerdic würde soviel nicht bezahlen, nur weil er meinen Gesang mochte
- aber das war offensichtlich.
»Nun, Junge, ich bin jetzt dein Herr«, sagte mir Cerdic. »Komm.«
»Ja, Herr. Hast du die Harfe auch gekauft?«
»Dat schenk ich ju, obendrein, Herr«, sagte Wulf. »Als Ehrenzeichen von my Sippschaft für ihren Küning.« Es hörte sich an, als ob er es ernst meinte. Ich fragte mich, was er und Cerdic wohl zueinander gesagt hatten.
Cerdic nickte ein Dankeschön und ging los. Ich stolperte mit der Harfe hinter ihm her, und meine Füße fühlten sich nach der kurzen Rast doppelt wund an.
Der König blieb noch an einem oder zwei anderen Lagerplätzen stehen und bei einem Haus innerhalb der Festung. Ich nehme an, er diskutierte mit den Anführern einflußreicher Sippen. Er verlangte von mir, daß ich etwas sang, um verschiedene Krieger zu erfreuen, und vielleicht auch, um mit seinem neuen Kauf anzugeben. Aber Aldwulf verließ uns schon beim ersten Halt, und ich fühlte mich nach seiner Abwesenheit sehr viel besser.
Es war schon nach Mitternacht, als der sächsische König endlich meinte, es sei Zeit zu ruhen. Wir gingen zu einem schönen römischen
Regierungsgebäude, das im Zentrum der Festung stand. Jetzt torkelte ich vor Erschöpfung, und ich blieb noch nicht einmal stehen, um die Mosaiken oder das Marmorbecken im Atrium zu betrachten. Cerdic übergab mich seinen Dienern im Hof mit ein paar kurzen Worten der Erklärung. Dann ging er in seine eigenen Gemächer, um zu schlafen.
Ich stand da und schaute Cerdics Hörige an. Sie schauten zurück, mit einer seltsamen Mischung aus Mißtrauen und Angst - mit dem gleichen Blick, den Wulf mir zugeworfen hatte, als ich seiner Gruppe auf der Straße begegnete. Ich war zu müde, um mich darüber zu wundern, und ich sagte nur: »Ich bin Gawain. Euer Herr hat euch wahrscheinlich gerade gesagt, daß er mich heute nacht gekauft hat, weil ich gut Harfe spielen und Pferde pflegen kann. Ich bin den ganzen Tag gewandert, und ich habe gearbeitet, und deshalb bin ich müde. Wo kann ich schlafen?«
Die Hörigen zögerten. Sie waren meinetwegen immer noch unsicher. Endlich zeigten sie mir den Weg durch das Haus zu den Sklavenquartieren bei den Ställen. Dort brach ich zusammen und schlief augenblicklich ein.
Nach weniger als drei Stunden wachte ich wieder auf. Ich lag noch eine Weile da, schwindelig vor Müdigkeit und völlig steif. Ich fragte mich, warum ich aufgewacht war. Irgendein Traum glitt durch meine Gedanken wie ein silberner Fisch, und dann verschwand er wieder. Ich seufzte, setzte mich auf und griff nach Caledvwlch.
Als meine Hand sich um den Schwertgriff schloß, begann der Rubin zu glühen. Ich saß da und starrte ihn an.
»Gibt es etwas, was ich heute nacht noch tun muß, Herr?« fragte ich
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