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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Verstehen, diese Aufmerksamkeit. Und wieder hatte ich den Wunsch zu singen. Aber mir fiel nur ein Lied an die Sonne ein, auf irisch.
    Heil dir, heller Morgen,
    Zerschlagen hast du die Schatten der Nacht.
    Freundliche Flamme, schimmernder Sieger,
    Ewig^ junges, jubelndes Licht.
    Willkommen sei mir, Wonniger,
    Goldenhändig bringst du den Glanz,
    Heil dir, Herold des Tages,
    Lehnsmann des Lichts,
    Sendbote der Sonne.
    Es schien mir zu passen. Der Mönch war mit den Kerzen fertig und ging, und seine Füße machten leise, stapfende Geräusche auf dem Holzfußboden. Die Tür schloß sich hinter ihm, und wir blieben noch und starrten auf den Altar.
    Der Rubin im Heft von Caledvwlch begann zu glühen, er brannte heller; das Licht stabilisierte sich und wurde intensiver, es warf ein klares, rosenfarbenes Licht, heller als die Kerzen. Sion sah, daß das Schwert einen Schatten vor ihm warf und drehte sich um. Er starrte einen Augenblick hin, dann stieß er einen langen Seufzer aus.
    »Es ist also wahr«, sagte er. »Ich war nicht ganz sicher.«
    »Ich weiß, daß etwas davon wahr ist«, erwiderte ich. »Der Rest aber, der ist für mich unbegreiflich. Ich bin nur menschlich, Sion ap Rhys.«
    Sion blies die Backen auf. »Das weiß ich.«
    Ich war überrascht und zeigte das auch.
    »Ach, ich weiß schon«, erklärte Sion. »In der Tat, gestern habe ich noch anders gedacht. Du kamst aus dem Wald, sozusagen aus dem Nichts, und ich hab’ dich einmal angeschaut und zu mir gesagt: >Der kommt von den Unterirdischen.< Aber du warst freundlich und hast mir mit dem Wagen geholfen, und du hast dich ganz mit Schlamm beschmiert, als du den Karren auf dieser Teufelsstraße mit mir flottgemacht hast. Da hab’ ich gedacht: ^Vielleicht doch nicht.< Den ganzen Weg nach Ynys Witren war ich unsicher. Ich habe Träume, weißt du, und manchmal spürt man auch so etwas. Das kommt bei uns in der Familie vor. Normalerweise übersehe ich solche Dinge - das Übernatürliche läßt man am besten in Ruhe -, aber ich weiß genug, um aufzupassen, wenn etwas Seltsames passiert. Und selbst die Bauern, die spüren, daß du was Komisches an dir hast. Obwohl sie nicht mehr im Gehirn haben als die Schafe der Sachsen. Gestern, als ich diese Hexe erwähnt habe, kurz bevor wir nach Ynys Witren kamen, da war ich fast sicher, daß du zu den Unterirdischen gehörst. Ich hab’ gedacht, du hättest menschliche Gestalt angenommen, aus irgendeinem persönlichen Grund. Aber als wir ankamen und du versucht hast, mir gegen einen halben Sack Mehl deinen Umhang aufzudrängen, und als du nachher hinter mir her in die Kapelle gekommen bist und gebetet hast, da wußte ich, du mußtest menschlich sein. Die Unterirdischen, die beten nämlich nicht. Und außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß einer von den Unholden sich wegen einem Karren voll Weizenmehl total mit Schlamm verschmiert. Aber du hast was mit der Anderwelt zu tun gehabt, nicht? Irgend etwas Komisches ist an dir, obwohl es heute weniger stark ist.« »Ja. das habe ich. Aber was ist mit deinem Traum? Hast du schon ähnliche Träume gehabt?«
    Sion zuckte die Achseln. »Gelegentlich. Ehe mein Clan die Blutfehde ausgefochten hatte, vor zwanzig Jahren, da hatte ich auch einen Traum. Und ich hatte noch einen, ehe Artus den Purpur nahm, und einen oder zwei andere, in denen es um kleinere Dinge ging. Jedenfalls nichts, was so lang und so verflucht furchterregend war wie das in der letzten Nacht. Sag mir, Gawain, wieviel von diesem Traum hat gestimmt?«
    Ich schaute auf das Heft meines Schwertes nieder, das Licht war jetzt verschwunden. »Ich habe in der vergangenen Nacht tatsächlich mit einem Dämon gekämpft, und ich habe ihn umgebracht. Aber für mich sah er nicht anders aus als ein Schatten. Ich kenne den Mann und die Frau, die du dabei gesehen hast. Aber für mich waren sie nicht da. Der Sachse in dem wirren Teil des Traumes, der mit dem narbigen Gesicht und der schwarzen Flamme - das war Aldwulf, der König von Bernicia. Aber wer der Mann war, der gegen ihn kämpfte, das weiß ich nicht. Von dem Rest habe ich auch keine Ahnung.«
    »Aldwulf?« fragte Sion. »Ich habe von ihm gehört, aber daß er eine Narbe hat, das hat mir noch keiner erzählt. Im Gegenteil, man sagt immer, er sieht teuflisch gut aus.«
    »Jetzt hat er eine Narbe«, sagte ich. »Ich habe sie ihm verpaßt. Und dafür hat er einen Dämon heraufbeschworen und mir nachgeschickt.«
    Sions Augen weiteten sich. »Wie kann das sein? Aldwulf von Bernicia

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