Der Falke des Lichts
Ich hätte nie erwartet. ich hätte nie geglaubt, daß aus mir ein Krieger würde und daß ich solch eine Wahl treffen müßte.«
»Vielleicht wird es dir klar, wenn du den Kaiser Artus triffst. - Sieh, dahinten liegt Camlann. Wir sind fast zu Hause.«
Camlann ist uralt, viel älter als das Königreich Britannien. Die Festung stand leer und verfiel, solange die Römer regierten. Aber nachdem Londinium an die Sachsen fiel, ließ Abrosius Aurelianus es wieder besiedeln. Artus ließ danach die Festung mit großen Mauern sichern, die an jenem Tag, als wir heranritten, erst halb fertig waren. Während wir uns der Festung näherten, trieb Agravain sein Pferd wieder an und ritt neben mir. Cei fiel zurück und beobachtete mich, als ob er erwartete, daß mir Flügel wuchsen und daß ich wegflog, anstatt die Festung zu betreten. So kam ich nach Camlann, in einem schwerbeladenen Karren, der von einem erschöpften Pferd gezogen wurde, flankiert von drei Kriegern, die mich alle mit völlig verschiedenen Augen betrachteten. Ich hatte meine Hoffnung auf einen Hohen König gesetzt, der abwesend war.
Die Tore waren schon für uns aufgerissen worden, ehe wir sie erreichten, und wir fuhren den steilen Hügel hinauf. Die Krieger riefen den Wachen Grußworte zu und brüllten, sie hätten einen neuen Sieg errungen. Der Hohe König wurde mit dem Rest der Krieger jeden Augenblick zurückerwartet, und Bedwyr wollte, daß die Vorräte aus Ynys Witren ausgeladen wurden, ehe der Pendragon da war.
»Ich will nicht, daß mein Herr sich selbst mit dem Inventar bemühen muß, und er soll auch nicht auf sein Siegesfest warten«, sagte er einem der Diener.
»Ja, sicher«, sagte der Mann und beäugte die Karren mit einigem Eifer. Ich nahm an, daß sie in Camlann knapp an Vorräten waren. »Hast du aus Ynys Witren auch Met mitgebracht?«
»Ich habe gesehen, daß die Mönche dort den besten Met in Dumnonia machen«, erwiderte Cei. »Es ist unwahrscheinlich, daß wir so etwas nicht finden.«
»Gut. Wir haben nur noch das Ale, das wir vom letzten Winter übrig hatten, und mir stand kaum der Sinn danach, dem Kaiser das nach einem Sieg anzubieten.«
Die Karren und Pferde wurden in einen Stall gebracht, und ich kümmerte mich um Sions Stute und gab ihr ein bißchen Korn. Ich war mit ihr schon fertig, als Bedwyr eintrat, gefolgt von Cei und Agravain. »Der Kaiser ist fast da«, sagte er mir. »Wenn du mit hinunter zum Tor kommen wolltest.«
Die Runde ritt noch immer heran, als ich zu den Toren ging, um sie zu sehen. Es war eine lange Kolonne, die von Norden kam. Bewaffnete Männer, die ein wenig Vieh trieben, einer oder zwei Wagen, ledige Pferde an langen Zügeln. Sie bedeckten die ganze Straße bis weit in die Ferne, und ihre Waffen glitzerten in der Nachmittagssonne. Vorn trug ein Reiter die Standarte, aus dieser Entfernung wirkte sie wie ein tiefer, goldener Glanz. Hinter ihm kam ein Mann auf einem weißen Pferd. Artus.
Ich dachte an alles, was mit mir bis zu diesem Augenblick geschehen war, ich dachte an meine Mutter und meinen Vater, an Agravain, an Lugh und an die Sachsen. An die körperlichen Kämpfe und die Kämpfe der Seele. Hier kam alles zusammen. Die Kehle zog sich mir zusammen, und meine Augen hefteten sich wie die Augen aller Männer um mich her auf den Mann, der hinter der Standarte ritt.
Die Vorhut des Kriegszuges löste sich von der langsam reitenden Gruppe, die das Vieh trieb. Die Mähnen und Schweife der Pferde und die Umhänge der Männer wehten im Wind, und die Sonne glitzerte durch den Schmutz des harten Rittes auf Waffen, Kettenhemden und Juwelen. Der Pendragon trug den purpurnen, goldbestickten Mantel der römischen Hohen Könige über seinem Kettenhemd. Er ritt gut, und er hielt seinen langen Speer, als ob er wüßte, wie man ihn benutzt. Als er das Tor erreichte, riefen die Bewohner der Festung mit einer Stimme Willkommen zu, und sie brüllten seinen Namen: »Artus!«
Der König lachte und zügelte sein Pferd, und seine Gefolgsleute drängten sich um ihn herum und ergriffen grüßend seine Hände. Ich blieb an der halbfertigen Mauer stehen und starrte ihn an, und ich fragte mich, wie es möglich war, daß so viele Zweifel und so tiefe Gedanken in einem so kurzen, flüchtigen Augenblick zunichte werden konnten. Ich wußte, daß ich irgendwie schon meine Wahl getroffen hatte.
Vielleicht damals, als ich aus Dun Fionn flüchtete. Irgendwie hatte ich die ganze Zeit gewußt, daß ich ein Krieger werden würde. Ein Krieger in
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