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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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einen dunklen, ernsthaften Blick zu.
    »Wirklich? Ich weiß nicht, woher Taliesin kommt oder wer seine Eltern waren. Niemand weiß es. Er ist ein großer Dichter, und außerdem ein Heiler. Man erzählt sich auch andere Geschichten über ihn, und manche sind sehr seltsam. Aber nichts ist gewiß. Ich weiß, daß er nicht böse ist, und seine Worte damals, die haben gestimmt. Ich erholte mich von meinem Fieber, aber ich erinnerte mich an das, was ich gefühlt hatte, als ich gedacht hatte, daß ich sterben würde. Ich fragte die Mönche, die sich um die Kranken kümmerten, ob sie das Textbuch des Philosophen Victorinus hätten, aber die Mönche hatten noch nie davon gehört. Sie besaßen nur ein paar Bücher, und das waren Evangelien. Also las ich eins von den Evangelien, das von Matthäus, und ich kam zu der Stelle, wo der Christ verraten und zur Hinrichtung weggeführt wurde. Einer seiner Gefolgsleute zog das Schwert, um ihn zu verteidigen, und unser Herr sagte: >Stecke dein Schwert in die Scheide: Denn diejenigen, die das Schwert nehmen, sollen durch das Schwert um-kommen.< Da begriff ich, daß es falsch war, zu töten und Kriege zu machen, und ich entschloß mich, nach Kleinbritannien zurückzukehren, sobald ich wieder reisefähig war. Ich wollte dann in ein Kloster eintreten und über das Gute nachdenken. Ich stellte mir vor, daß mein Vater zornig sein würde, aber trotzdem hätte ich nicht nachgegeben. Und deshalb, deshalb weiß ich, was dir Kummer macht.«
    »Und warum hast du es dir danach wieder anders überlegt?« Er lächelte. Es war ein schnelles, aber sehr warmes Lächeln. »Ich habe Artus kennengelernt. Ich hatte ihn schon vorher gesehen, aber nie mit ihm gesprochen. Er kam zum Kloster, um die Verwundeten zu besuchen. Ich saß gerade im Garten: Es war Sommer, ein Sommerabend, und ich versuchte zu lesen. Er trat an mich heran, rief mich beim Namen und erkundigte sich nach meiner Wunde. Dann fragte er, ob ich mich König Bran wieder anschließen wolle. Ich sagte ihm, ich plante nicht, mein Leben als Krieger fortzuführen, sondern ich wolle in ein Kloster eintreten. Artus sagte, Bran hätte Hochachtung vor mir, und er könne es nicht verstehen.
    Ich habe Artus dann meine Gründe erklärt, und überraschenderweise verstand er mich. Er hatte sogar von Victorinus gehört - er hatte von ihm in einem Buch von Aurelius Augustinus gelesen. >Aber in den Ansichten über das höchste Gut stimme ich nicht mit deinem Victorinus überein<, sagte er mir. >Glaubst du denn, daß es der Ruhm ist?< fragte ich. >0 nein<, erwiderte Artus, >aber Augustinus sagte, das Böse ist keine Substanz, sondern eine Abwesenheit, weil es nichts anderes ist als die Leugnung des Guten. Und dies lehrt mich auch mein eigenes Herz, denn ich sehe daran, daß das Böse mit Schwäche beginnt, mit Feigheit und Dummheit, daß es anwächst zu Haß und innerer Leere. Das Gute aber ist aktiv. Es scheint mir deshalb, daß das höchste Gut nicht etwas sein kann, das wie ein Bild an der Wand hängt und darauf wartet, bewundert zu werden. Es muß etwas Lebendiges, etwas Greifbares sein.< Und ich antwortete: >Victorinus sagt, daß das Gute, sprich: Licht, in allen Dingen existiert. Denn wenn das nicht der Fall wäre, dann würde nichts existieren. Aber weil die Menschen es nicht beachten und blind handeln, deshalb schaffen sie Böses.< Und Artus: >Wenn sie nichts anderes tun, außer herumsitzen und nachdenken, dann müssen sie ja Böses schaffen, denn sie können nichts Gutes schaffen< - >Aber sie finden es vielleicht und erkennen es dann<, sagte ich. Da stand Artus auf und ging im Garten umher. Schließlich fragte er mich: >Ist Gerechtigkeit gut? Sie ist aktiv. Sind Ordnung, Frieden, Harmonie gut? Wie steht es mit der Liebe? - Augustinus sagt, die Liebe ist eine Eigenschaft der Menschen, aber keine Eigenschaft Gottes. Ich glaube, wenn dies so wäre, dann wären wir Gott überlegen. Und das ist undenkbar. Denn ich bin sicher, daß diese Dinge gut sind. Die Liebe vor allem.< Und ich: >Die Kirche sagt, Gott, das Gute, hat einmal in Christus geliebt und gehandelte Und Artus antwortete: >Ich sage, er tat es damals, und er tut es noch immer, in uns. Sag mir, ist es gut, daß die Sachsen das Land und das Vieh ihrer Nachbarn rauben und daß Männer, Frauen und Kinder hungernd zurückbleiben? Ist es gut, daß nur eine Handvoll von Edelgeborenen in Britannien leben können und daß von denen nur wenige Bücher besitzen? Ist es gut, daß Menschen so wie die Tiere leben

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