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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Grenze von Kleinbritannien, und während ich jung war, verging kein Sommer, ohne daß die Franken oder die Sachsen oder die Sueben oder die Goten in unsere Felder einbrachen und uns das Vieh wegtrieben oder Gold von der Verwaltung verlangten. Ich lernte also früh kämpfen, wie auch die Männer hier in Britannien. Außerdem lernte ich lesen, aber das hielt ich für weniger wichtig. In Kleinbritannien, wie in anderen Teilen des südlichen Gallien, werden noch immer die alten Gemeindeschulen für die Kinder aus edlen Familien geführt. Ich ging also hin, und der Grammaticus dort brachte mir die Grundbegriffe der Rhetorik bei. Es war sehr mühselig. Wir hatten aber ein Textbuch, eins für eine Klasse von zwölf Schülern, und es war geschrieben von einem Marius Victori-nus, der Philosoph war. Wenn er uns ein Beispiel für die rednerische Ausführung eines Gedankens geben wollte, dann führte er ein Beispiel aus der Philosophie aus. Und was die Diskussion betraf, so beschrieb er eine Debatte über die Summe des Guten - das Hervorragendste in einem Menschenleben. Er hielt das für Philosophie. Ich dachte damals, er müsse ein Narr gewesen sein, denn die Franken kümmerten sich nicht um Philosophie, und mir machte es Spaß, Franken umzubringen. Wirklich, ich genoß es, ich tolerierte es nicht nur. Es machte mir Freude, meine Fähigkeiten zu zeigen. Als ich siebzehn war, sammelte ich ein paar Bauern von den Gütern meines Vaters und nahm sie mit mir. Wir wollten für den Comes armoricae kämpfen, den König von Kleinbritannien, so würde man wohl sagen. Nach ein paar Jahren starb der fränkische König, und der neue König war mit den Goten beschäftigt, und die Kriege schienen eine Zeitlang vorbei zu sein. Da hörte ich, daß der jüngste Sohn unseres Königs, Bran, einen Pakt mit Artus von Britannien geschlossen und eine Expedition geplant hätte. Ich war noch nie in Britannien gewesen, und seit fast einem Jahr hatte ich keine Franken oder Sachsen mehr umgebracht, also nahm ich meine Gefolgsmänner und ging mit Bran.
    Ich glaube, du weißt von dieser Kampagne. Du weißt, wie Artus den Purpur gewonnen hat, und deshalb brauche ich dir das nicht mehr zu erzählen. Ich selbst wurde in der Schlacht am Saefern verwundet.« Bedwyr hielt wieder seinen Schildarm hoch. »Der Schlag war eigentlich nicht so schlimm, aber die Wunde wurde brandig, und ich, der keine Angst vor den Sachsen gehabt hätte, ich hatte Angst vor den Ärzten. Ich ging nicht hin, bis ich krank war und getragen werden mußte. Sie nahmen mir die Hand ab, aber von dem Brand hatte ich hohes Fieber, und ich dachte, ich müsse sterben. Ich lag da, in dem Kloster, in das sie mich gebracht hatten, und jetzt hatte ich Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, wie viele Männer ich wohl schon in diese Situation gebracht hatte. Der Gedanke machte mir keine Freude wie früher. All mein Ruhm war mir jetzt nutzlos. Und ich erinnerte mich immer wieder an die philosophischen Erklärungen aus dem Textbuch, und der Gedanke kam mir, daß der Ruhm eigentlich doch nicht die Summe alles Guten ist.
    Drei Tage lang schwebte ich zwischen Tod und Leben. Am dritten Tag kam Taliesin, der oberste Barde des Pendragon, zum Kloster - ich weiß noch immer nicht, warum. Als er durch die Reihen der Verwundeten ging, sah es aus, als ob ein Stern auf seiner Stirn brannte, und ich dachte schon, ich sei gestorben. Deshalb rief ich ihn an, und ich sagte ihm, ich sei noch nicht darauf vorbereitet.
    Er blieb stehen, kam herüber und kniete neben mir nieder. >Auf irgend etwas bist du vorbereitet, Bedwyr ap Brendan<, sagte er, >aber nicht auf den Tod.< Dann wandte er sich zu den Ärzten um und sagte, das Fieber würde nun bald nachlassen. >Du bedauerst also dein Leben<, sagte er und wandte sich wieder zu mir. Ich hatte ihn noch nie gesehen, und ich dachte noch immer, er sei der Engel des Todes. >Von ganzem Herzen<, sagte ich. >Du lebst jetzt<, befahl mir Taliesin, >und du wirst noch viele Jahre leben. Aber erinnere dich an dein Bedauern, wenn du dich wieder erholst, und ich warne dich, es wird alles anders ausgehen, als du erwartest. Hab Glauben, und wundere dich nicht über das, was geschieht.< Damit verließ er mich, und die Ärzte legten mich in ein geheiztes Zimmer und umhüllten mich mit vielen Decken. Das Fieber sank, und ich begann mich zu erholen.«
    »Wer ist dieser Taliesin?« fragte ich. »Seine letzten Worte an dich waren genau die gleichen wie Lughs letzte Worte an mich.«
    Bedwyr warf mir

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