Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Falke des Nordens

Der Falke des Nordens

Titel: Der Falke des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Marton
Vom Netzwerk:
spürte.
    “Nehmen Sie sich in Acht! Ihre verbalen Attacken reichen mir für heute!”
    “Lassen Sie mich los!”
    “Vielleicht ist Ihnen nicht bewusst, wie ernst Ihre Lage ist, Joanna. Wir fliegen nicht zum Spaß im Kreis herum!”
    “Ich glaube, Sie machen einen schrecklichen Fehler, Khalil. Sie haben immer noch Zeit, mit heiler Haut aus der Sache herauszukommen”, sagte sie angespannt und zwang sich, seinem unnachgiebig harten Blick standzuhalten.
    Sekundenlang schaute er sie schweigend an, nur das eintönige Dröhnen der Motoren durchdrang die Stille. Schließlich lächelte er. “Wie rücksichtsvoll von Ihnen, Joanna. Ihre Besorgnis um mein Wohlergehen rührt mich. Sie könnten sogar recht haben, vielleicht habe ich etwas falsch gemacht.”
    Joanna schöpfte wieder Hoffnung und erklärte deshalb rasch: “Wenn Sie mich jetzt zurückbringen, dann …”
    “Womöglich hätte ich mir das, was Sie mir vorhin so gnädig angeboten haben, doch nehmen sollen.”
    Joanna sprang auf. “Wie können Sie es wagen, so mit mir zu reden?”
    “Hoheit?”
    Bevor Khalil sich zu Ahmed umdrehte, der ihm eine Wolldecke reichte, legte er Joanna die Hand auf die Schulter und drückte sie wieder auf den Sitz. “Danke, Ahmed. Sie können gehen.”
    Während der Mann hinterm Vorhang verschwand, legte Khalil Joanna die Decke auf den Schoß. “Sie haben ein so hitziges Temperament, dass Ihnen eigentlich warm genug sein müsste. Doch falls das nicht ausreicht, sollten Sie vielleicht diese hier nehmen.”
    “Verdammt!” Joanna schleuderte das kuschelige Plaid auf den Boden. “Was bilden Sie sich eigentlich ein, wer Sie sind?”
    Ungerührt hob er die Decke auf und legte sie ihr wieder in den Schoß. “Ich bin der Mann, in dessen Händen Ihr Schicksal liegt. Nun wickeln Sie sich das Ding schon um, sonst helfe ich Ihnen.”
    Das tat sie dann auch, konnte jedoch der Versuchung nicht widerstehen, ihn mit samtweicher Stimme zu fragen: “Haben Sie etwa Angst, kein Lösegeld zu bekommen, falls ich krank werde und sterbe?”
    Er setzte sich neben sie und streifte dabei unabsichtlich ihren Oberschenkel mit seinem. “Warum so dramatisch, Joanna? Sie sind jung und gesund und weit davon entfernt, zu sterben.”
    “Aber darauf läuft doch alles hinaus, oder nicht?” Sie fürchtete sich davor, die Wahrheit zu erfahren, war allerdings jetzt froh, die Frage ausgesprochen zu haben. “Sie verlangen Lösegeld von meinem Vater, stimmt’s?”
    “Lösegeld?”, wiederholte er stirnrunzelnd.
    “Ja.” Sie machte eine ungeduldige Handbewegung. “Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen erklären soll …”
    “Ich spreche genauso gut Englisch wie Sie”, unterbrach er sie schneidend. “Ich kenne die Bedeutung des Wortes.”
    “Nun, dann …”
    “Sie halten mich offenbar für sehr korrupt!”
    “Für was denn sonst?”
    Khalil lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. “Und wie viel glauben Sie wert zu sein?”
    “Machen Sie sich nicht lustig über mich, Khalil. Das mag ich nämlich nicht.”
    “Ach ja?” In seinen Augen blitzte es amüsiert auf.
    “Richtig. Es ist schlimm genug, dass Sie mich gekidnappt haben …”
    “Dieses Wort gefällt mir nicht.”
    Ungläubig schaute sie ihn an. “Wie möchten Sie es denn umschrieben haben? Klingt es für Ihre Ohren besser, wenn ich sage, dass Sie mich auf eine Rundreise mitgenommen haben?”
    “Ich tue nur, was ich tun muss.” Seine Miene wurde kühl und abweisend.
    Joanna beugte sich vor, wobei ihr die Decke von den Schultern glitt. “Sie hätten mir gleich sagen können, dass Sie mehr Geld verlangen. Mein Vater wäre bestimmt bereit gewesen …”
    “Geld!”, unterbrach er sie verächtlich. “Sie und Ihr Vater glauben offenbar, dass man dafür alles erwerben kann. Ich zeige Ihnen, was ich von Ihrem rührenden Versuch halte, mich zu kaufen!” Und dann zog er den Umschlag, den sie ihm gegeben hatte, aus dem Gewand und zerriss ihn in viele kleine Fetzen. Zum ersten Mal seit ihrer Entführung kam Joanna der Gedanke, dass er möglicherweise aus ganz anderen, ihr bisher unbekannten Gründen handelte.
    “Ich verstehe. Sie wollen meinen Vater verletzen.”
    Khalil presste die Lippen zusammen. “Wenn Sie es sagen! Sie wissen ja so gut über mich und meine Beweggründe Bescheid.”
    “Sie werden Ihr Ziel nicht erreichen”, erklärte sie. “Er wird sich lediglich ärgern und …”
    “Das kümmert mich nicht im Geringsten.” Er legte ihr wieder die Hände auf die

Weitere Kostenlose Bücher