Der Falke des Nordens
weiß genau, was Sie sind”, meinte er grimmig.
Joanna schaute ihn verständnislos an. “Was wollen Sie damit sagen?”
“Bennett klammert sich verzweifelt an diese Vertragsabsprache mit Abu AI Zouad, diesem gemeinen Schuft. Ich hätte mir allerdings nie träumen lassen, dass er seine Tochter opfern würde, um das Ziel zu erreichen!”
“Sind Sie verrückt? Ich bin nur deshalb zum Dinner mit Ihnen gekommen, weil mein Vater krank geworden ist.”
“Er hat Sie ins Spiel gebracht, um mit allen Mitteln seinen Willen durchzusetzen.” Er warf ihr einen so wütenden Blick zu, dass sie ganz blass wurde. “Er hat sich ausgerechnet, Khalil müsste auf die eine oder andere Weise zu kaufen sein, entweder mit Geld oder durch den ganz persönlichen Einsatz seiner Tochter.”
“Behaupten Sie, mein Vater hätte mich …?” Fassungslos drehte sie sich zu ihm um und trommelte mit den Fäusten gegen seine Schulter. “Sie sind ja wahnsinnig! Es würde mir im Traum nicht einfallen, mit Ihnen zu schlafen.”
Als er den Wagen unvermittelt an den Straßenrand lenkte und so unvermittelt auf die Bremse trat, dass die Reifen quietschten, schrie sie auf. Dann schaute er sie an, und in seinem Blick lag tiefster Abscheu.
“Wenn Sie mich anfassen”, drohte Joanna mit leicht bebender Stimme, “dann gnade Ihnen Gott!”
“Was wollen Sie denn tun? Schreien? Nur zu. Wer wird Sie hier schon hören?”
Oh, meine Güte, er hat ja recht, dachte sie, während sie sich hilflos umsah. “Mein Vater wird …”
“Im Augenblick jagt ein Skorpion in der Wüste mir viel mehr Angst ein als Ihr Vater.”
“Können wir nicht wie zivilisierte Menschen …”
Er lachte ihr ins Gesicht. “Wie stellen Sie sich das vor? Für Sie bin ich doch der Mitarbeiter eines Barbaren.”
“Das habe ich nie unterstellt!”
“Nein, nur gedacht haben Sie es.” Er kniff die Lippen zusammen. “Überlegen Sie einmal, Miss Bennett, wer sich hier unzivilisiert benimmt, der Falke des Nordens – oder der Vater, der seine Tochter seinen geschäftlichen Zielen opfert?”
Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige versetzt, hielt sich aber zurück. “Mit Ihnen kann man nicht vernünftig reden.”
Er schnitt ein Gesicht. “Vielleicht hätte ich einfach abwarten sollen, was geschah. Es ist immerhin möglich, dass Sie von sich aus bereit waren, mit Khalil ins Bett zu gehen – oder haben Sie sogar gedacht, es würde genügen, mit mir, dem Minister, zu schlafen?”
“Lieber würde ich sterben”, warf ihm Joanna mit schriller Stimme an den Kopf.
“Stellen Sie sich doch einmal vor, welche erotischen Wonnen ein so unzivilisierter Mann wie ich Ihnen bereiten kann. Dann hätte man in Ihren New Yorker Kreisen wieder einmal einen amüsanten Gesprächsstoff.”
“Sie sind widerlich. Mir wird ganz übel vom Zuhören.”
Plötzlich beugte er sich vor und presste den Mund auf ihre Lippen. Sie wehrte sich heftig, schlug wie wild um sich und versuchte, den Kopf zur Seite zu drehen. Doch es war sinnlos.
Sekunden später wandte er sich wieder von ihr ab. “Was haben Sie auf einmal?”, erkundigte er sich kühl. “Haben Sie es sich anders überlegt? Wollen Sie mir Bennettcos schmieriges Angebot nicht mehr versüßen?”
Joannas Augen sprühten vor Empörung. “Es war ein Fehler, zu glauben, mit Ihnen vernünftig verhandeln zu können! Sie sind genau wie der Prinz, nicht wahr? Sie nehmen sich einfach, was Sie haben wollen.”
“Und wenn ich Ihnen nun sage, Miss Bennett, dass Sie sich täuschen?”
“Dann würde ich Sie einen Lügner nennen”, fuhr sie ihn ziemlich wütend an.
Zu ihrer Überraschung lachte er laut auf. “Wer von uns beiden lügt denn hier? Erwarten Sie vielleicht, dass ich Ihre bereitwillige Offerte ignoriere?”
“Ich habe Ihnen nichts angeboten”, entgegnete sie und schaute ihn trotzig an.
Sekundenlang kreuzten sich ihre Blicke. Dann lächelte er so sanft, dass ihr das Herz bis zum Hals schlug. “Ich nehme grundsätzlich nur das, was man mir freiwillig gibt”, sagte er weich, umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und neigte den Kopf. Sogleich verspannte sie sich und hielt den Atem an, denn instinktiv bereitete sie sich auf einen brutalen Kuss vor.
Doch das, was dann wirklich geschah, hatte sie nicht erwartet. Er küsste sie nämlich so zärtlich, als wollte er sie überzeugen, dass sie getrost darauf reagieren könne.
Aber er würde sich vergebens bemühen, denn sie war nicht bereit, seine Liebkosungen zu erwidern, nachdem er sie
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