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Der Falke des Nordens

Der Falke des Nordens

Titel: Der Falke des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Marton
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seinen. Und obwohl es ein sanfter, beinahe zärtlicher Kuss war, weckte er Empfindungen in ihr, die sie erbeben ließen.
    “Joanna”, flüsterte er, während er ihren Mund immer wieder von Neuem stürmisch eroberte.
    Er zog sie auf die Zehenspitzen und drückte Joanna so fest an sich, dass ihre Körper miteinander zu verschmelzen schienen. Dabei küsste er sie ungestüm und leidenschaftlich. Schließlich löste er sich wieder von ihr. Joanna schaute ihn an, die Lippen leicht geöffnet. Sie suchte angestrengt nach Worten, denn sie wollte unbedingt etwas Gescheites sagen, um das, was soeben geschehen war, in eine andere, sachlichere und weniger emotionale Perspektive zu rücken – doch Khalil kam ihr zuvor.
    “Ich halte Ihren Vater für einen klugen Mann”, meinte er leicht lächelnd. “Er wird sicher das tun, was jeder für Sie tun würde, der einen einigermaßen gesunden Menschenverstand besitzt.”
    “Das versteht sich von selbst, Khalil. Mein Vater wird Ihre Forderungen erfüllen, obwohl Sie kaum Freude daran haben werden, wenn Sie danach in Abus Gefängnis schmachten”, entgegnete Joanna selbstsicher, denn sie war überzeugt, ihr Vater würde sie freikaufen.
    Nun ließ Khalil sie vollends los. “Ach, Joanna. Jedes Mal, wenn ich denke, Sie hätten keine schlagfertige Antwort mehr parat und einen Durchhänger, was Ihren Schwung und Ihren Elan betrifft, sagen Sie wieder so etwas außerordentlich Liebenswürdiges, das mir beweist, wie warmherzig Sie doch sind!”
    “Das ist eben der Unterschied zwischen uns beiden. Sie brauchen immer neue Beweise, wohingegen ich nicht eine einzige Sekunde lang vergesse, was für ein unmöglicher Kerl Sie sind.”
    “Sie spielen mit dem Feuer, Joanna.”
    “Können Sie die Wahrheit nicht vertragen? Soll ich etwa vor Ihnen buckeln und dienern und Sie so bewundernd anbeten, wie Rachelle es tut?”
    Zu ihrer Überraschung brach er in lautes Lachen aus. “Sie, buckeln und dienern? Das könnte Ihnen nie passieren, obwohl mir diese Vorstellung ungemein gefällt, Joanna.” Ohne ein weiteres Wort verließ er das Zimmer.
    Joanna seufzte und stellte sich ans Fenster. “Warum lasse ich mich nur immer wieder von ihm provozieren und verschwende damit meine Zeit?”, überlegte sie. Sie hatte ihm noch einige Fragen stellen und ihn um Erleichterungen bitten wollen, um die Tage, die sie hier verbringen musste, erträglicher zu gestalten.
    Sie ließ den Blick über den eingezäunten Garten unter dem Fenster schweifen, der ihr, nach dem, was sie sehen konnte, gut gefiel. Würde Khalil ihr erlauben, darin herumzuspazieren? Er konnte nicht ernsthaft beabsichtigen, sie die ganze Zeit im Zimmer eingesperrt zu halten.
    Plötzlich erregte ein Farbtupfer ihre Aufmerksamkeit. Ein kleines Mädchen in Jeans, Turnschuhen und einem blauen Poloshirt spielte mit einem Hündchen. Trotz der beunruhigenden Gedanken musste Joanna lächeln, denn kleine Kinder und Tiere hatten etwas so Liebes, unschuldig Rührendes an sich, dass Joanna den beiden dort unten, die so unbekümmert miteinander spielten, spontan ihr Herz öffnete.
    Fröhlich hielt das Kind einen gelben Ball in die Höhe und warf ihn ins Gras. Das Hündchen wedelte vergnügt mit dem Schwanz, jagte hinter dem Ball her und brachte ihn zurück. Mit den lustigen Augen und der rosa Zunge, die er aus dem Schnäuzchen heraushängen ließ, sah der kleine Hund so aus, als würde er lachen.
    Joanna setzte sich auf die Fensterbank und verfolgte das Spiel. Mit einem Mal sprang der Ball über den kopfsteingepflasterten Weg, rollte dann in die dunkelgrüne Hecke, die den Garten begrenzte, und war verschwunden.
    Die Kleine und der Hund suchten gemeinsam, aber sie hatten nicht mitbekommen, wohin der Ball gefallen war. Deshalb klopfte Joanna an die Fensterscheibe und rief: “Dahinten, unter der Hecke.” Aber die beiden hörten sie nicht.
    Das Mädchen runzelte die Stirn, ließ sich ins Gras fallen, zog dann das Hündchen schluchzend an sich und wiegte es in den Armen hin und her, während der Hund ihm die Tränen von den Wangen leckte.
    Nun hielt es Joanna nicht mehr aus. Sie konnte nicht länger untätig zuschauen. Sie eilte zur Tür, die sie schwungvoll öffnete. Der Wächter schaute überrascht auf. “Entschuldigung”, sagte Joanna nur und rauschte an ihm vorbei.
    Er rief etwas hinter ihr her, aber sie hatte bereits die Hälfte des langen Flurs durchquert und rannte auf einen bogenförmigen Durchgang zu, der ihrer Meinung nach in den Garten führte. Dort

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