Der Falke des Nordens
antwortete er. Das Lächeln, mit dem er sie bedachte, war so kühl, dass sie erstarrte. Sie schauderte. Und ehe sie antworten konnte, stieß er eine massive Holztür auf, ging hinein und trat sie hinter sich wieder zu.
Joanna erhaschte einen flüchtigen Blick auf die hohe Decke, die hübschen Wandteppiche und ein riesiges Himmelbett, auf das Khalil sie fallen ließ. Dann stemmte er die Hände in die Hüften und blickte durchdringend auf Joanna herab.
“Und nun lass uns zur Sache kommen, Joanna”, sagte er vieldeutig und seine Augen funkelten feurig.
8. KAPITEL
Khalil war sehr verärgert, viel mehr als unter den Umständen verständlich und angemessen. Doch welcher Mann würde nicht so reagieren, wenn eine gebildete und intelligente Frau sich unbedingt lächerlich machen musste?
“Die Frau versucht zu fliehen, Hoheit”, hatte einer seiner Männer gerufen und war in die Bücherei gestürmt, in der Khalil gerade eine Lagebesprechung mit seinen Ministern abhielt.
“Ich kümmere mich um sie”, sagte Khalil mit zusammengepressten Lippen und fand Joanna bis zu den Ellbogen im Gebüsch und nicht, wie befürchtet, bei einem Fluchtversuch. Sie hätte wissen müssen, wie gefährlich es war, dort hineinzugreifen. Doch dann sagte er sich, dass sie wohl keine Ahnung hatte, dass sich in den so harmlos aussehenden Sträuchern giftige Insekten verbargen.
Nachdenklich sah er sie jetzt an. Stolz, wie sie war, bemühte Joanna sich verzweifelt, die Beherrschung nicht zu verlieren. Doch im Augenblick waren ihre Gedanken für ihn so transparent wie Glas, denn in ihren grünen Augen spiegelten sich nicht nur Empörung und Zorn, sondern auch Furcht – und eiserne Entschlossenheit, ihm die Angst nicht zu zeigen.
Sogleich wurde ihm bewusst, wie zweideutig seine harten Worte geklungen hatten. Hielt diese Frau ihn wirklich für fähig, sie mit Gewalt zu nehmen? Verächtlich rümpfte er die Nase. Er beschloss, ihr zu erklären, wie töricht sie war und dass er noch nie im Leben eine Frau gezwungen hatte, mit ihm zu schlafen. Außerdem war sie sowieso nicht sein Typ …
Aber dann fiel sein Blick auf die Flut glänzenden kastanienbraunen Haars, die ihr in weichen Wellen über die Schultern fiel, und er sah, wie sich ihre Brüste unter dem viel zu weiten T-Shirt hoben und senkten, und plötzlich war ihm die Kehle wie zugeschnürt. Als er schließlich Joannas leicht geöffnete Lippen betrachtete, die einer Blume glichen, deren Blütenblätter eine sanfte Brise gestreift hatten, stieg leidenschaftliches Verlangen in ihm auf und brannte so heiß wie Feuer.
Was soll dieser Unsinn? Ich bin doch kein Jüngling mehr, der sich einfach von seinen Gefühlen überrumpeln lässt, fuhr es ihm durch den Kopf. Zugegeben, diese Frau war klug und schön, andererseits aber auch verwöhnt, egoistisch und viel zu unnachgiebig.
Trotzdem hatte sie sich seinen Küssen und Zärtlichkeiten hingegeben. Und jedes Mal, wenn er sie mit der Absicht in die Arme genommen hatte, sie zu demütigen, hatte sie stattdessen sein Blut in Wallung gebracht und mit glühendem Verlangen reagiert. Er atmete schneller. Was würde geschehen, wenn er sich nun neben sie aufs Bett setzte? Sie würde befürchten, er wolle sie jetzt nehmen – würde sie sich dagegen wehren? Oder würde sie unter seiner Berührung wie eine Flamme erglühen?
“Joanna”, sagte er rau.
“Nur zu”, forderte sie ihn spöttisch auf, während sie sich aufrichtete und auf die Knie setzte. “Machen Sie schon, dann habe ich wenigstens einen Grund, Ihnen die Augen auszukratzen.”
Von wegen unter meiner Berührung entflammen, dachte Khalil belustigt und brach in Lachen aus. “Wenn Sie das tun”, erwiderte er gespielt verständnisvoll, “wie soll ich mich dann nachher noch angemessen um Sie kümmern?”
“Gar nicht mehr”, antwortete sie. “Das heißt, Sie können es auch jetzt nicht, denn es gibt nichts …”
“Entspannen Sie sich, Joanna.” Er bedachte sie mit einem kühlen, beinah uninteressierten Blick. “Ich versichere Ihnen, ich habe keinerlei unseriöse Absichten.”
Joanna errötete. “Aber warum …?”, rief sie. Doch er hatte sich bereits umgedreht und war im angrenzenden Badezimmer verschwunden. Dann hörte sie, wie er Wasser laufen ließ und Türen von Schränkchen öffnete und wieder schloss. Schließlich kam er mit einem kleinen Tablett in der Hand zurück, auf dem er eine Schale, ein Fläschchen, Wattetupfer und Heftpflaster sorgsam aufgereiht hatte.
“Was wollen Sie
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