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Der Falke des Nordens

Der Falke des Nordens

Titel: Der Falke des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Marton
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denn damit?”, erkundigte Joanna sich argwöhnisch.
    Er seufzte, was irgendwie höchst dramatisch klang, stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab und krempelte die Ärmel seines Hemds hoch.
    “Ich enttäusche Sie nur ungern. Sie sind nämlich davon überzeugt, ich würde Sie nun einem alten geheimnisvollen Ritual unterwerfen.” Er befeuchtete einen Wattebausch in der Schale. “Aber es wird nichts Exotisches geschehen, ich werde nur Ihre Hand rund um den Biss reinigen.”
    Als er ihre Hand ergriff, war ihr erster Impuls, sie zurückzuziehen. Doch er umklammerte ihr Gelenk.
    “Machen Sie es nicht so spannend, Khalil. Für Doktorspiele sind wir schon zu alt.” Und dann stöhnte sie laut auf, denn er betupfte ihre Haut. “Au! Das tut verdammt weh!”
    “Wenn der Stich nicht behandelt wird, tut es noch viel mehr weh. Halten sie den Arm bitte ans Licht.”
    “Das ist doch nichts. Niemand stirbt an …”
    “Vielleicht sind Sie ja wirklich Expertin auf einigen Gebieten, Joanna, aber von der Flora und Fauna meines Landes haben Sie offenbar nicht die geringste Ahnung. Vielleicht hat eine giftige Spinne zugestochen.”
    “Giftige Spinne?”, fragte sie verständnislos. “He! Was soll das?”
    “Ich sauge nur die Wunde aus, damit nichts in Ihren Körper gelangt.”
    Ihr stockte der Atem, während er ihre Hand an den Mund hob. Und als sie seine Lippen auf ihrer Haut spürte, spürte sie wieder diese eigenartige Erregung, die ihr eine Gänsehaut verursachte. Joanna schloss die Augen in dem verzweifelten Bemühen, Haltung zu bewahren, doch die Gefühle, die er in ihr auslöste …
    “Joanna? Werden Sie etwa ohnmächtig?”
    Sie öffnete die Augen augenblicklich. “Ich sagte doch, es ist nur ein Stich. Ich bin nicht …” Stirnrunzelnd beobachtete sie, wie er das Fläschchen öffnete und einige Tropfen der Flüssigkeit auf ein anderes Wattebällchen träufelte, das er dann auf die wunde Stelle drückte. “Au! Das brennt ja richtig!”
    “Eine alte Medizin, die nur Schamanen und Heilige herstellen können.” Als er aufblickte, bemerkte sie den belustigten Ausdruck in seinen Augen. “Es ist Wasserstoffsuperoxyd, Joanna.”
    Er hielt kurz inne und fügte dann hinzu: “Die Männer sind beinah in Panik geraten, weil sie befürchteten, Sie wollten fliehen.”
    “Das würde ich auch liebend gern tun, wie Sie bestimmt wissen”, erwiderte sie kühl. “Aber so dumm bin ich wahrhaftig nicht, mir dafür ausgerechnet Ihren Garten auszusuchen.”
    Er lachte weich. “Nein, das glaube ich auch.”
    Sie sah ihm zu, wie er den Kopf senkte und den winzig kleinen Stich weiterbehandelte.
    “Was wollten Sie eigentlich dort?”
    Joanna zuckte die Schultern. “Das kleine Mädchen konnte den Ball nicht finden. Zufällig hatte ich mitbekommen, wohin er gerollt war. Als das Kind zu weinen anfing, tat es mir leid.”
    “Das wird jetzt einen oder zwei Tage lang ein bisschen ziehen oder jucken”, erklärte er, während er ihr mit dem Finger zart und behutsam über die Haut strich. “Danach dürfte alles in Ordnung sein.”
    “Gut”, sagte sie nur, wobei ihre Stimme leicht bebte.
    Fragend schaute er Joanna an. “Was ist los? Tut es weh, wenn ich die Wunde berühre?”
    “Nein”, entgegnete sie rasch. “Er bringt meine Nerven bis in die Fingerspitzen zum Vibrieren, das ist es”, dachte sie aufgewühlt. Rasch bedankte sie sich und zog die Hand zurück.
    Khalil jedoch ergriff ihre Hand noch einmal. “Ich bin noch nicht fertig. Ich muss noch Salbe auftragen und einen Verband anlegen.”
    “Das ist nun wirklich nicht nötig.”
    “Halten Sie endlich einmal still. Ich bin auch ganz vorsichtig.”
    Und tatsächlich spürte Joanna kaum etwas, so sanft und zärtlich behandelte er sie. “Nur noch eine Minute.”
    Starr und steif saß sie neben ihm, während er die Heilcreme auftrug. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass ein Mann so einfühlsam und geschickt helfen konnte. Bestimmt gelang es ihm, mit dieser bei ihm wie selbstverständlich anmutenden rücksichtsvollen Gelassenheit auch den wildesten Wüstenhengst zu zähmen und zu bändigen. Es überraschte sie jedoch ein wenig, dass er auch sie so zart streichelte und mit so viel Feingefühl berührte, als wäre sie zerbrechlich und ihre Haut aus Seide.
    Sie bekam Herzklopfen. Khalil hatte den Kopf über ihre Hand geneigt. Sie betrachtete sein dunkles Haar, das sich im Nacken lockte. Wie würde er wohl reagieren, wenn ich ihm mit den Fingern durch diese ebenholzschwarze,

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