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Der Falke des Pharao

Der Falke des Pharao

Titel: Der Falke des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda S. Robinson
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erkennen, daß der Mann Woser war.
    Der Künstler gehörte zu den Menschen, deren Gesicht durch ihre Nase beherrscht wird. Sie ragte hervor wie der Bug eines der Hochseeschiffe des Pharao. Sie verbreiterte sich nach unten hin und bildete einen braunen, fleischigen Knoten, der beinahe seinen Mund und sein Kinn überschattete. Woser war zwar schmalbrüstig, aber trotzdem groß, und durch den regelmäßigen Gebrauch der Bildhauerwerkzeuge war er muskulös und sehnig. Sein Haar war kurz geschnitten und bildete eine gerade Linie über seiner Stirn, was ihm ein jugendliches Aussehen verlieh. Dennoch erkannte Kysen, daß der Künstler mindestens zehn Jahre älter als er selbst sein mußte.
    Amüsiert stellte er fest, daß das Paar seinen Schritt verlangsamte, als es ihn erkannte. Er war sich sicher, daß sie versucht hätten, ihm auszuweichen, wenn er ihnen nicht zugenickt hätte, als sie sich dem Tor näherten. Als sie den Pavillon erreicht hatten, ließ Beltis Wosers Arm los und schenkte Kysen und Thesh ein Lächeln. Kein Erröten, keine niedergeschlagenen Augen. Kysen runzelte die Stirn über diese Frau, die amüsiert darüber zu sein schien, drei ihrer Männer gleichzeitig hier anzutreffen. Er konnte keinen Grund zu besonderer Freude erkennen, und zum ersten Male bekam er einen Eindruck von der Demütigung, die viele Frauen als Bestandteil einer Sammlung von Lustobjekten zu ertragen haben. Als Thesh ihm Woser vorstellte, wandte Kysen seine Aufmerksamkeit wieder dem Paar zu.
    »Ihr scheint Euch von Eurer Krankheit schnell erholt zu haben«, sagte Kysen.
    »Beltis brachte mir einen beruhigenden Trank aus der Stadt mit«, antwortete Woser. »Es geht mir viel besser.«
    »Mir wurde berichtet, daß diese Krankheit Euch viele Nächte lang auf das Krankenlager geworfen hat.«
    Wosers Mundwinkel senkten sich. Die Falten um seinen Mund zeugten davon, daß sein Gesicht häufig einen unzufriedenen Ausdruck annahm.
    »Ihr fragt, wo ich war, als der Schreiber getötet wurde. Ich lag krank zu Hause. Thesh wird Euch berichten, wie es um mich stand. Zweifellos sind meine Leiden darauf zurückzuführen, daß ich an einem Unglückstag am Erhabenen Ort gearbeitet habe. Ich fand es letzte Woche heraus, als Thesh mir seinen Kalender zeigte. Ich bin sicher, daß ich von einem Dämon der Unterwelt besessen war. Nach diesem Tag begannen die Schmerzen in meinen Eingeweiden. Der Dämon war so mächtig, daß keiner der Heilmittel, über die wir im Dorf verfügen, half. Ich betete zu Isis und Amun, zu Bes und sogar zu Ptah.«
    Kysen ergriff das Wort, bevor Woser Atem holen und erneut anheben konnte. »Ja, ja. Ich habe von Euren Leiden gehört, aber was führt Euch so bald nach Eurer Genesung zum Friedhof der Adeligen?«
    »Das war ich.« Beltis schlängelte sich zu ihnen hinüber, stellte sich neben ihn und blickte in seine Augen. »Nachdem meine Medizin gewirkt hatte, wollte ich unbedingt dafür sorgen, daß die Vorbereitungen für das Grab meines Herrn vorangingen. Ich traue Djaper oder Imsety nicht, daß sie ihre Pflicht tun, trotz Hormins Testament.« Sie schenkte Woser ein süßes Lächeln. »Aber zu meiner Überraschung stellte ich fest, daß die Wände bereits stehen. Wenn mein Herr wieder erwacht, wird alles fertig sein.«
    »Und letzte Nacht wart Ihr beide hier.« Kysens Stimme verklang.
    Es war keine echte Frage gewesen, denn er kannte die Antwort ja bereits. Sicherlich würde er herausfinden, daß Djaper gestorben war, nachdem Beltis im Dorf angekommen war und während Woser noch immer auf seinem Krankenbett lag. Er würde den Tod Djapers noch nicht bekanntgeben, denn vor ihm lag immer noch die Aufgabe, die anderen Verdächtigen zu befragen.
    Als er die beiden entlassen hatte, berührte Thesh seinen Arm. Er blickte den Schreiber an und folgte der Richtung seines Blickes zu dem Punkt, wo der Flußweg in das Tal der Nekropole hinabführte. Der tägliche Warenzug schlängelte sich den Weg entlang, und in seinem Kielwasser bewegten sich zwei Männer. Selbst auf diese Entfernung erkannte er sie. Seine Brüder waren zurückgekehrt.
    Meren wanderte in seinem Arbeitsraum auf und ab. Er wich einer Säule aus, die die Form eines Papyrusbündels hatte, lief an dem Ebenholzstuhl vorbei, auf dem seine Jonglierbälle lagen, und wirbelte herum, als er vor der Wand stand, die mit einem Gemälde seiner drei Töchter verziert war. Der Bote hatte ihm Kysens Bericht gebracht, sein Sohn war also in Sicherheit. Doch Meren war noch immer besorgt.
    Sein Weg

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