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Der Falke des Pharao

Der Falke des Pharao

Titel: Der Falke des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda S. Robinson
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führte ihn erneut an dem Ebenholzstuhl vorbei, und er nahm seine Jonglierbälle zur Hand. Er schickte sie hoch in die Lüfte hinaus, fing sie auf und warf sie erneut in die Höhe, ein wütender Aktivitätsausbruch. Als er Kysen gerade gekauft hatte, hatte er nicht geglaubt, daß er sich so viel Sorgen um seinen Sohn machen würde, da er ja seine drei Töchter hatte. Was für ein Narr er doch gewesen war.
    Hormin, Bakwerner, Djaper. Gab es nur einen Mörder? Wenn ja, dann waren Bakwerner und Djaper getötet worden, weil sie etwas über Hormins Tod wußten – oder vorgaben zu wissen. Alle anderen Ereignisse standen mit jenem ersten Todesfall in Zusammenhang. Hormin war ein Mensch von mittelmäßiger Begabung gewesen, der sich durch List und Lügen Vorteile verschafft hatte. Wenn man dem alten Ahmose Glauben schenken wollte, dann hatte Hormins Begabung nicht für die Position, die er bekleidet hatte, ausgereicht. Zweifellos war ihm sein eigenes Mittelmaß bewußt gewesen.
    Während sein Blick den fliegenden Bälle folgte, erkannte Meren, daß Hormin durch seinen Mangel an Begabungen insgeheim gedemütigt war. Und seine Umgebung hatte er für seine Enttäuschungen und seine Unzulänglichkeit bestraft. Er grollte seiner Frau, weil sie sich weiterhin an ihn klammerte, obwohl er sie nicht mehr wollte. Er haßte Bakwerner, weil er eine Position erlangte, für die er offensichtlich noch weniger befähigt war als Hormin. Er mißgönnte seinem ältesten Sohn den Hof, für den dieser so gut sorgte, und haßte den jüngeren sogar noch mehr, weil er die Intelligenz und die Begabung besaß, die die Götter ihm versagt hatten. Der einzige Mensch, den Hormin nicht gehaßt hatte, war Beltis, deren erotische Künste ihm gehörten, solange er gut für sie sorgte.
    Meren ließ seine Jonglierbälle langsamer durch die Luft fliegen und ordnete seine Gedanken. Vielleicht würde er nochmals in den Tempel des Anubis gehen. Er würde auch noch einmal mit seinem Arzt über das Gift sprechen, mit dem Djaper getötet worden war. Dann würde er sehr wahrscheinlich die Künstler vorladen lassen, die Kysen erwähnt hatte, ebenso wie Imsety und dessen Mutter und Beltis. Er konnte es sich nicht leisten, länger zu warten und einen weiteren Mord zu riskieren. Die Verhöre und die Folterungen mußten bald beginnen, und sei es auch nur, um den mächtigen Hohepriester des Anubis zu besänftigen.
    Ein Klopfen an der Tür veranlaßte ihn, seine Jonglierbälle aufzufangen und unter einem der Kissen zu verstecken, die in einer Ecke des Zimmers lagen. Er eilte zu seinem Ebenholzstuhl und ließ sich in lässiger, doch aristokratischer Haltung darin nieder. Dann gestattete er dem Besucher, einzutreten.
    Zu seiner Überraschung wurde Raneb, der Lesepriester, in sein Zimmer geführt. Er trat Meren entgegen, blickte sich neugierig im Raum um, und verbeugte sich.
    »Höchster und erhabenster Herr, Falke des Pharao, möge der Wächter der Ewigkeit, der Herr der Geheimnisse, der Gott Anubis Euch und Euer Ka beschützen.«
    »Er schickte Euch, um meine Fortschritte zu erkunden, nicht wahr?«
    Raneb war ein dünner, flinker Mann, dessen kleine Augen und schmale Lippen ihm Ähnlichkeit mit einer Viper verliehen. Seine kleinen Augen weiteten sich.
    »Nein, Fürst Meren, nein. Der Herr der Geheimnisse weiß nichts von meinem Besuch. Nein, ich bin gekommen, weil Ihr mich batet, über das Parfüm nachzudenken, das Ihr im Rock des Toten fandet und über das Herzamulett.«
    »Ah, dann seid ihr willkommen«, sagte Meren und neigte den Kopf, um Raneb die Erlaubnis zu erteilen fortzufahren.
    »Ich habe wieder und wieder nachgedacht, Fürst. Und ich muß sagen, daß mir das angesichts des Sakrilegs, das im Tempel begangen wurde, besonders schwer fiel. Die Bandagierer und die Hüter des Natron waren absolut ungebärdig, sie schwatzten miteinander, flüsterten von bösen Geistern und vom Zorn des Anubis.«
    »Kommt zur Sache, Priester.«
    »O ja, zur Sache. Ja, nun, es gibt leider nichts Neues.«
    Raneb fuhr eilig fort, als Meren ihn finster anblickte. »Jedenfalls nicht, was das Herzamulett betrifft, meine ich. Es sieht aus wie alle anderen Amulette, die wir zwischen die Bandagen legen. Zweifellos wurde es bei dem Kampf fallengelassen, in dessen Verlauf diese Pest von einem Schreiber getötet wurde.«
    Meren erhob sich. »Ich habe keine Zeit für Wichtigtuerei, Priester. Ihr sagt, daß die Amulette in einem Lagerraum aufbewahrt werden, nicht bei den Balsamiertischen. Dieses

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