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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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an. Zeig, dass du Herr der Lage bist. Sie wissen nicht, wie es in dir aussieht, und sie haben alle Angst, wahrscheinlich sogar mehr als du. Du bist nicht hilflos, du bist es, die hier ein Schwert trägt.
    Aber Augusta war nicht Aryn. Dort gab es nicht an jeder Straßenecke eine Erinnerung an eine Zeit, als alles um sie herum größer und bedrohlicher war, als jedes falsche Wort oder eine falsche Geste zu einem schlimmen Ende führen konnte. Doch in Aryn war sie zweimal schon gestorben, so hatte es sich wenigstens angefühlt, das letzte Mal war nicht weit von hier gewesen.
    Damals hatte dort auch eine Hure gestanden, erinnerte Lorentha sich und sah auf das schwarze Wasser des Hafens hinaus, nur war die nicht so hilfsbereit gewesen. Vierzehn Jahre war das her. In dieser Nacht hatten Raban und sie es endlich geschafft, hatten einen reichen Kaufmann ausgenommen, der mit einer viel zu dicken Börse unterwegs gewesen war.
    Taschendiebstahl war eine Kunst, dachte sie jetzt, als sie ihre Schritte langsam in Richtung Schiefe Bank lenkte, aber sie war darin gut gewesen, hatte, wie Raban immer sagte, die flinksten Finger im ganzen Hafen gehabt. Raban hatte den Händler abgelenkt, und sie nahm sich im Vorübergehen den Beutel, ohne dass er es bemerkte. Sie hatten sich dort in diese dunkle Gasse zurückgezogen, um zu sehen, wie sehr es sich gelohnt hatte, als plötzlich Robart vor ihnen stand, gerade als sie Raban den Beutel gab.
    Robart. Selbst nach all der Zeit ließ die Erinnerung sie frösteln. Ein Riese von einem Mann, mit Händen so groß wie Schinken. Er und seine Leute hatten damals den Hafen in der Hand. Die Woche vorher hatte er Raban schon einmal gedroht, ihm versprochen, dass es übel mit ihm enden würde, sollte Raban sich nicht seiner Bande anschließen. Für Lorentha hatte er eine andere Verwendung, wie er damals sagte, und hatte sie schon an einen Hurenhüter verkauft.
    Jetzt stand er da, groß, dunkel und drohend, und hatte Raban am Kragen gepackt, um mit der anderen Hand auszuholen. Der große Mann, so viel wusste man, gefiel sich darin, seine Opfer zu Tode zu prügeln, und Raban hatte bereits bei anderen Gelegenheiten seine brutalen Schläge einstecken müssen.
    »Ich habe dir doch gesagt, wenn du hier stiehlst, gehört die Hälfte mir! Doch jetzt gehört mir alles, gib den Beutel her!«
    So schwer, wie der Beutel war, musste er Gold enthalten, vielleicht sogar genug, um sich hier endlich aus dem Staub zu machen. Raban hatte sich das wohl auch gedacht, vielleicht zudem, dass es ihre letzte Hoffnung war, dem Hafen zu entkommen. Also hatte er eines seiner Messer gezogen und Robart in den Arm gerammt, vielleicht in der Hoffnung, der große Mann würde seinen Griff lockern, doch weit gefehlt, es half nur, Robart noch mehr zu erzürnen.
    Achtlos hatte der das Messer aus seinem Arm gezogen, Raban fester ergriffen und gegen die nächste Wand gedrückt, um ihn dann zu erwürgen.
    Selbst heute wusste sie nicht mehr, woher sie den Mut genommen hatte, Rabans Messer aufzunehmen und Robart wie eine Katze auf den Rücken zu springen. Der Angriff hatte den Bandenführer so sehr überrascht, dass er einen Lidschlag lang zu erstarren schien, lange genug für sie, um ihm Rabans Messer durch die Kehle zu ziehen. Zuerst schien es der große Mann gar nicht zu bemerken, fast hatte sie schon befürchtet, er würde Raban doch zu Tode würgen, aber dann ließ er doch endlich ab von Raban, taumelte zurück und griff nach seiner Kehle … In genau diesem Augenblick kam einer von Robarts Schlägern um die Ecke.
    Sie rannten, es fiel ihnen nichts Besseres ein, bekam er sie in die Finger, waren sie beide tot.
    Jetzt, Jahre später, sah Lorentha es vor ihrem geistigen Auge, als wäre es eben erst geschehen, und unwillkürlich fröstelte sie, als sie sich daran erinnerte, wie sich das schwarze Wasser über ihr geschlossen hatte und sie hilflos in die Tiefe gesunken war. In ihren Albträumen verfolgte es sie noch immer.
    Sie waren hier entlanggekommen, hatten sich hinter ein paar Kisten versteckt, doch als der Schläger um die Ecke kam, war es die Hure, die damals hier gestanden hatte, die sie verraten hatte, indem sie ihm zurief, wohin die beiden geflohen waren.
    »Er ist nur einer«, hatte Raban gekeucht, als sie weiterrannten. »Wir müssen uns trennen!«
    »Nein!«, hatte sie widersprochen. »Findet er einen von uns allein, ist der eine tot!«
    »Ich werde ganz bestimmt nicht sterben!«, hatte Raban ihr noch zugerufen … und ihr dann

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