Der Falke von Aryn
Händler fort, »hat dir nicht die ganze Wahrheit gesagt. Dieser Hengst hat schon zweimal gemordet. Wenn er Sporen oder eine Peitsche nur sieht, gerät er schon in Rage. Zur Zucht wird ihn keiner nehmen, aus Angst, sein Blut überträgt die Mordlust auf das Fohlen, und selbst der Abdecker wird fürchten, dass er sein Fleisch nicht verkaufen kann.« Er trat näher, um sich das stolze Tier anzusehen, was den Händler etwas zurückweichen ließ. »Er stammt aus allerbestem Blut, und Ser Herkum erwarb ihn für die unglaubliche Summe von vierundsechzig Gold, nur um drei Tage später unter diesen Hufen zu enden, es heißt, man hätte ihn nur daran erkannt, dass er noch immer diese Stachelpeitsche hielt.«
»Wenn Ihr erlaubt, Baroness«, sagte der Händler hastig und beeilte sich, das Geld verschwinden zu lassen, »werde ich mich entfernen.«
»Ja, gehe Er«, sagte sie, ohne zu ihm hinzuschauen. »Und eile Er sich damit.«
Der Händler floh, und Lorentha trat an den Hengst heran, um langsam die Hand auszustrecken. Raphanael hielt den Atem an, doch der Hengst weitete nur seine Nüstern und schnaubte einmal, um dann still und mit zitternden Flanken zu verharren, als sie ihm langsam über das glänzende Fell strich.
»Reich mir einen Apfel aus dem Beutel dort«, bat sie Raphanael. Als er näher trat, um den Apfel an sie weiterzureichen, hob Hector seinen mächtigen Schädel und legte die Ohren an. Hastig trat Raphanael zurück und sah schweigend zu, wie das Tier mit sanften Lippen den Apfel nahm.
»Gehen wir und lassen ihn für einen Moment in Ruhe«, sagte Lorentha leise. Sie tätschelte den Hengst ein letztes Mal und ging nach draußen, um dann das Tor des Stalls zuzuschieben. »Danke«, sagte sie zu Bosco, der ihr damit half. »Lasst es etwas auf, er soll sich nicht eingesperrt fühlen. Und sage den anderen Bescheid, nicht hineinzugehen. Korporal Ramina soll sich um ihn kümmern. Vorsichtig, aber ich glaube nicht, dass er ihr etwas antun wird, es scheint, als habe er es nur auf Männer abgesehen.« Bosco nickte, froh darum, dass er das Pferd nicht versorgen musste, er hatte einen gehörigen Respekt vor allem, das um so vieles größer und schwerer war als er.
»Für den Moment hat er den ganzen Stall für sich allein, vielleicht beruhigt es ihn, nicht ganz so beengt zu sein«, erklärte sie, als sie sich Raphanael zuwandte. »Was führt dich hierher?«, fragte sie höflich und warf einen Blick zur Straße hin, wo Barlin an der Kutsche lehnte. »Habt ihr diesen Don Amos finden können?«
»Haben wir«, sagte Raphanael und seufzte. »Es war ein Fehler …« Mit wenigen Worten erzählte er ihr, was in dem Gasthaus geschehen war. Währenddessen folgte er ihr zu einem Tisch mit ein paar Stühlen, der im Hof stand und noch die Reste einer reichlichen Brotzeit hielt.
»Ich fand das schon immer den besten Weg, die Mannschaften kennenzulernen«, erklärte sie ihm. »Ein voller Magen macht viel aus.«
»Das sehe ich«, sagte Raphanael und ließ seinen Blick über den Hof schweifen, wo zwei Gardisten in voller Rüstung Unkraut zupften, während zwei andere gerade damit beschäftigt waren, alte Möbel und Abfall aus den Fenstern des Hauptgebäudes zu werfen. Der Haufen hinter dem Haus hatte schon beträchtlich an Höhe gewonnen.
»Wenn dieser Don Amos dir Nachricht gibt, wird es eine Falle sein«, sagte sie. »Ich werde dich begleiten.«
»Nein«, sagte Raphanael scharf. »Das lasse ich nicht zu.«
»Du hast mir einen Mordversuch gemeldet«, sagte sie, während ein leichtes Lächeln um ihre Lippen spielte. »Das hat nichts mit dir zu tun, ich tue nur meine Pflicht. Abgesehen davon, er könnte in den Aufstand verwickelt sein.«
»Kein Zweifel daran«, knurrte Raphanael. »Die Frage ist nur, wie. Es mag sein, dass er nur hier ist, damit er schauen kann, ob es sich für Aragon lohnt.« Er schaute sie einen Moment prüfend an. »Kannst du weg?«, fragte er dann leise. »Wir sollten nachsehen, ob wir diesen Serrik rasch finden. Ich habe die Steckbriefe gesehen, er wohl auch. Er wird wissen, dass wir ihm jetzt hinterher sind. Ihn mit einem Steckbrief auszuschreiben, war vielleicht ein Fehler.«
»Mag sein«, sagte sie. »Aber ich muss versuchen, zu verhindern, dass er die Stadt verlässt, so wissen sie am Hafen und an den Toren zumindest Bescheid.« Sie sah sich suchend um. »Bosco!«, rief sie laut genug, dass Raphanael die Ohren klangen. Der Leutnant kam hastig aus der Tür des Haupthauses herausgerannt.
»Ja,
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