Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus
einer verlorenen Liebe ist eine neue Liebe. So war es immer.
Aber
Harry ist anders, er stellt von Anfang an klare Regeln auf und macht kein
Geheimnis daraus, dass Daniela für ihn auf rein sexueller Basis eine Bedeutung
hat. Von einer Beziehung will er nicht wissen, nicht nur, weil sie nicht sein
Herz berührt. Seine Zukunftspläne werden ihn in absehbarer Zeit von hier
wegführen und er hat kein Interesse daran, kurz vorher emotional zu binden. Das
sagt er zu ihr und sie sagt es so zu mir.
Nach
außen hin verkauft sie die Zuneigung zu diesem Mann als Freundschaft und
erklärt, dass alles so in bester Ordnung ist, wie es ist. Eine reine
Bettgeschichte, mehr will sie nicht.
Und
doch schreit aus jedem ihrer ungesagten Worte, wie viel mehr sie erwartet. Sie
buhlt um Harry und lässt sich auf sein unsauberes Spiel ein. Später zeigt sie
mir diverse E-Mails, die sie ihm in dieser Zeit schreibt und wie sehr sie
hofft, dass er sich im Laufe der Zeit – wenn sie sich nur oft genug treffen –
in sie verlieben wird. Aber Harry bleibt hart und stellt sie vor die Wahl,
entweder nach seinen Regeln zu spielen oder gar nicht. Daniela beugt sich und
leidet, ohne die Hoffnung aufzugeben, dass sie sein Herz doch noch gewinnen
kann.
In
der gleichen Zeit lässt sie sich auf einen One-Night-Stand ein, um sich
Bestätigung zu holen und ihren Frust abzubauen. Doch wenige Tage später, als
sie den Typen wieder trifft, stößt sie auf Ablehnung und muss sich anhören,
dass er das nicht wirklich gewollt hatte und dass der Alkohol an dem Abend
daran schuld wäre. Und sie solle beim nächsten Mal aufpassen, wie sie sich
anbiedere, denn es wäre ziemlich peinlich gewesen.
Am
Boden zerstört über diese unfreundliche Reaktion des Kerls schreibt sie ihm
einige Zeit später folgende SMS:
DU SOLLTET MAL ZUM ARZT GEHEN
UND DICH UNTERSUCHEN LASSEN. NUR ALS TIPP!
Damit
spielt sie auf eine bestimmte Situation an: Der Mann hatte kein Kondom dabei
und bevor es zum Sex kam, hat er sie gefragt, ob sie gesund wäre bzw. verhüte.
Darauf hin hat Daniela ihre Gesundheit bestätigt und erklärt, dass sie steril
sei und nicht mehr verhüten müsse. Die beiden gingen ohne Schutz ins Bett und
ihre SMS löste Panik aus, weil sie ihn für einige Tage in der Ungewissheit
ließ, was sie damit andeuten wollte.
Als
sie mir davon erzählt, lachte sie darüber wie über einen guten Witz, was mir
nicht nur unverständlich war, sonder mich fassungslos machte. Als ich sie zur
Rede stellte und ihr vorwarf, dass sie doch diejenige gewesen sei, die es darauf
angelegt hätte und sie von daher nicht erwarten könnte, dass der Typ
anschließend auf Knien vor ihr niederging und bestenfalls – so wie sie selbst –
die Situation genutzt hatte, die sich bot, wurde sie erst unsicher und
anschließend schnappte sie ein. „Der hat ruhig ein paar Tage zappeln können,
der Arsch.“
Wir
sprachen nicht mehr darüber, aber unterschwellig lag Nichtverständnis im Raum.
Harry
war also nicht greifbar und habhaft, und wieder musste Ersatz her. Bernd
Sommer, ein Musiker aus der hiesigen Region, war das nächste Ziel. Der gut aussehende
Leadsänger der Coverband ist unter jenen, die ihn kennen, als netter und
freundlicher Kerl bekannt und fernab jedem Vorurteil. Die Tatsache, dass er
auch zu Daniela nett und freundlich war, verwischte ihren Blick für die
Realität und binnen kurzer Zeit interpretierte sie deutlich mehr in sein
Verhalten hinein. Dass er eine Freundin hatte, interessierte sie nur am Rande,
denn wenn er sich auf sie einließe, wäre das gleich bedeutend damit, dass diese
Freundin Geschichte sei. Oder schnell werden könnte.
Ich
gab meiner Empörung über Danielas Skrupellosigkeit eine Stimme und redete ihr
ins Gewissen, was unbeachtet blieb.
Die
Suche nach dem Glück dominiert Danielas Leben, seit sie denken kann. Dass sie
es selbst immer wieder zerstört oder im Keim erstickt, dass sie wahllos Menschen
herauspickt und umgarnt und in deren aufmunternden Verhalten etwas
interpretiert, das nicht da ist, erkennt sie nicht, will es nicht sehen. Alles
ist logisch und erklärt sich von selbst, denn wenn es nicht so wäre, dann würde
„er“ ja nicht … dieses oder jenes.
Ein
einfaches Lebensschema, ein wackeliges Denkmuster, ein unsicheres Fundament,
abhängig gemacht vom Verhalten oder der Interpretation des Verhaltens Daniela
gegenüber.
Ich
betrachte sie immer wieder nachdenklich. Als Frau ohne gleichgeschlechtliche
Ambitionen fällt es mir
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