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Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus

Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus

Titel: Der Fall D. - Eine Stalkerin packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva J.
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schenke ich dir meine Geschichte.
Unter der Bedingung, dass du sie, wenn du sie je vernünftig zu Papier bringst,
so veränderst, dass mich bitte niemand darin erkennen kann. Das wäre mir dann
doch viel zu peinlich. Aber wenn du allen Personen andere Namen gibst und alles
in anderen Orten spielen lässt, dann darfst du damit machen, was du willst.
Vielleicht kannst du ja vielen ähnlich betroffenen Menschen damit helfen. Ich kann
es leider nicht, denn ich habe genug mit mir selbst zu tun.
    Daniela
     
    Ein
Jahr nach Johnny stehen die Fahnen auf „Zukunft“. Daniela hat sich irgendwie
arrangiert, die finanziellen Desaster, die sie sich mit ihrem Verfolgungswahn
eingebrockt hat, sind vergessen, denn ihr Mutter hat ihr unter die Arme gegriffen
und alles bezahlt. Ich treffe Brigitte zufällig und wir führen ein langes
Gespräch über ihre Tochter. Zum ersten Mal höre ich die andere Seite der
Gesichte und erkenne in den müden Augen dieser lebendig wirkenden Frau, dass
sie Jahre der Sorge hinter sich hat und heute an einem Punkt angekommen ist, an
dem sie resigniert. „Ich habe bestimmt auch viele Fehler gemacht“, sagt sie
leise, „aber Daniela hat sich nie leiten geschweige denn raten lassen. Wie oft
habe ich versucht, sie zu verstehen und mir all ihre Probleme angehört, wenn
sie Hilfe, ein offenes Ohr oder einen Rat gesucht hat. Aber es war wie verhext:
Wenn ich ihr Ratschläge gab, hielt sie mich für dominant und besserwisserisch,
wenn ich mit ihr litt, hielt sie mich für schwach und unfähig, wenn ich
überhaupt nichts sagte und nur zuhörte, warf sie mir vor, mich nicht für sie zu
interessieren. Was auch immer ich getan habe, es war garantiert das Falsche.
Ich hätte ihr vielleicht einfach den Hintern versohlen sollen, als sie noch ein
Kind war.“
    Brigitte
schaut mich hilflos an und ich habe keine Worte zum Trost. Dass alles nicht so
einseitig einfach sein konnte, wie Daniela weismachen will, ist mir ziemlich
früh klar gewesen. Dennoch bleibt wieder mal die Frage, was aus einem Menschen
das macht, was er ist. Kein Kind kommt „so“ zur Welt.
    Brigitte
versucht eine Erklärung: „Ich habe ihr von Anfang an zu viel durchgehen lassen,
glaube ich. Wenn sie etwas nicht wollte und anfing zu toben, gab ich auf und
ihr nach. Es ging immer nur um ihren Kopf und darum, ihn durchzusetzen. Stellte
man ihr Grenzen auf, verfing sie sich in Depressionen und Selbstmitleid und
machte einem ein schlechtes Gewissen, sodass man sich genötigt sah, ihr doch
wieder nachzugeben. Sie hat nie gelernt, sich anzupassen oder die Konsequenzen
für ihr Verhalten zu tragen. Immer waren andere da, die alles für sie irgendwie
regelten oder zuließen, dass sie mit dem Kopf doch durch die Wand konnte. Und
heute ist sie erwachsen und unfähig, in einem normalen sozialen Umfeld zu
leben. Das ist unsere Schuld.“
    Nach
unserem Gespräch gehe ich nachdenklich nach Hause. Wie viel Schuld kann eine
Mutter haben, wenn ihr Kind diese Wege geht? Natürlich liegt in der frühen Erziehung
viel von dem, was alle mit auf die Reise bekommen, doch eines Tages wird jedes
Kind erwachsen und flieht aus dem Dunstkreis elterlicher Fürsorge und Greifbarkeit.
Bei Daniela war es recht früh, ihre Mutter hatte viele eigene Probleme und
trotzdem bestätigen zumindest ihre beiden Söhne, dass sie eine gute, besorgte
und tatsächliche Mutter gewesen ist, die all ihre Aufgaben ernst genommen hat.
    Meine
Philosophie dazu ist wenig relevant, aber ich denke, dass man ab einem gewissen
Alter und Reifegrad für sich alleine die Verantwortung übernimmt und auch in
der Lage sein sollte und sogar muss, sein Leben gemäß seinem sozialen Umfeld
auszurichten und sich anzupassen. Dass nicht jede Kindheit golden ist und es
tatsächlich unglaublich viele Einzelschicksale gibt, Menschen, die derart traumatisiert
heranwachsen, dass sie unmöglich ohne Hilfe von außen aus diesem Albtraum
herausfinden, ist leider Tatsache, doch in all den Wochen, Monaten und Jahren
ist mir, was Daniela betrifft, kein derart einschneidendes Erlebnis in ihrer Biografie
untergekommen, mit dem ich den Charakter der heute über 40-Jährigen plausibel
rechtfertigen kann. Im Gegenteil: All ihr eigenes Begreifen, Zugestehen und
Beichten empfinde ich im Verhältnis zu den Dingen, die sie unternimmt, um irgendwas
daran zu ändern, fast lächerlich. Sie hat verstanden, dass sie Hilfe braucht,
dass sie den Teufelskreis alleine nicht verlassen kann, dass ihre jahrelangen
Selbsttherapien sie kein

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