Der Fall der Feste
einem Mal bildeten sich die Formationen, zu denen sie vorher durch die versprengte Regellosigkeit des Kampfes nicht gefunden hatten, einfach dadurch, dass sie durch die Masse der Feinde zueinander gedrängt wurden. Die attackierenden Kinphauren wurden siegessicherer und blutgieriger, brachen aus der Menge der Angreifer aus, stachen zu, zogen sich zurück. Auric bekam einige kleinere Wunden beigebracht. Er zwinkerte Schweiß aus den Augen, hustete Schleim die Kehle hoch und spuckte ihn den andrängenden Kinphauren entgegen. Irgendwo links von sich sah er Jag durch seine Größe aus dem Getümmel aufragen. Es schien, er schirmte die letzten der Gruppe von Spießkämpfern ab. Man sah die Stangen, die ihnen in diesem Gewühl zu wenig nütze waren über die Köpfe ragen. Der Homunkulus dagegen war nirgendwo zu entdecken.
Die Masse der Kinphaurenfeste hing wie ein schwerer Schatten über ihnen. Sie waren immer mehr zu ihr hin abgedrängt worden. Ihre Anwesenheit war über dem Chaos des Kampfes zu spüren wie ein tönern hohles Dröhnen. Sie wirkte bedrohlich, doch sie war eine feste Wand. Eine Wand, die seiner Truppe, die in die Zange genommen zu werden drohte, von einer Seite Schutz bieten konnte. Die aber auch zu einer Falle werden konnte, mit dem Rücken zur Wand.
Die größte Masse ihrer Feinde befand sich zwischen ihnen und dem Taleingang. Das andere Ende des Tales war eine Falle ohne Ausgang. Die Schlucht dort war von den Kinvarda-Spähern als unpassierbar beschrieben worden.
Ein weiterer Torbau, sich wie ein Rachen weitende dunkle Wälle, erhob sich zu ihrer Linken, ein anderer als der, dem die unverhoffte Verstärkung der Kinphauren entströmt war, einer, der sich mehr in Richtung Talausgang hin öffnete. Die Außenwälle des Torbaus überragten ihn, der Grundriss seiner Front war wie ein flacher Trog. Mit etwas Glück konnte man ihn nicht als Rückendeckung sondern als Flankenschutz nutzen, um sich an der Seite der Masse von Feinden, die ihnen den Ausweg versperrte, vorbeizukämpfen. Eine schwache Chance, angesichts der Überzahl, doch eine schwache Chance war besser als keine. Niemand würde ihnen zu Hilfe kommen. Die Alternative war aufzugeben und sich abschlachten zu lassen. Denn er glaubte kaum, dass sich die Kinphauren auf ihrem Vormarsch, der von Schnelligkeit und dem Überraschungsmoment abhing, mit Gefangenen belasten würden, erst recht nicht solchen aus einem Heer, das ihnen so beharrlich und gnadenlos zugesetzt hatte.
Auric warf seinen Gegner mit einer heftigen Attacke zurück, einer schnellen Kombination von Hieben, brüllte dann den am nächsten stehenden zu, „Formation bilden! Schließt euch zusammen! Einen Keil zu dem Tor an unserer Flanke! Wir kämpfen uns dorthin durch!“
Er hörte, wie sein Befehl weitergegeben wurde, spürte das subtile Verschieben einzelner Kämpfer innerhalb der Masse, von Leuten, die immer wieder auf solche Abläufe eintrainiert worden waren, von Kämpfern, die beim Schinnachbruch das Wunder vollbracht hatten, einen Angriffskeil in der Bewegung des Formierens zu bilden und dann in kleinere zerfallen zu lassen.
Auric rief die Kurzbefehle in ihrer Kampfsprache, sah die zwei Kämpfer an seiner Seite entsprechend vorrücken, um die Attacken anzunehmen, so dass er selber aus erster Reihe zurückfallen konnte. Hinter dem tobenden Kampfgeprassel der Formationsfront bahnte er sich seinen Weg zur Spitze des Keils hin, um dort die Richtung zu führen. Er wich rückwärtig ausgreifenden Beinen der eigenen Leute aus, versuchte gegen das Drängen ihrer Rücken das Gleichgewicht zu halten, sah dass Davernian und Nanrid es ihm gleichtaten und ihm zur Angriffsspitze hin folgten.
Der Druck des Kampfgetümmels wogte hin und her. Im Gewühl stieß er mit Spinxer zusammen, der sich im Schutz der vorderen Reihen hielt, da er in einem Nahkampf zu wenig nütze war. Aurics Blick fand kurz Jag, der durch die Wildheit seiner Attacken und schon allein seine Größe in dem kämpfenden Pulk die Aufmerksamkeit auf sich zog. Dann schwenkte sein Blick hoch, und für einen Moment glaubte er sich wieder nach Jhipan-Naraúk zurückversetzt.
Sie fochten im Schatten eines Monsters.
Wie ein dunkler Wall, der ihre ganze Sicht ausfüllte, ragte die dunkel thronende Präsenz der Kinphaurenfeste vor ihnen auf, hoch hinauf, so dass man den Kopf in den Nacken legen musste, um ein Ende zu erkennen. Die Festung der Nichtmenschen bedrängte und erdrückte sie, und die hoch sich öffnenden Mauern des Torbaus
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