Der Fall Lerouge
von ungewöhnlichen AusmaÃen und mit vielen Kissen bestückt, füllte einen groÃen Teil des Raumes, der an Stelle eines Fensters einen vom Boden bis zum Plafond reichenden Spiegel aufwies. Exotische Pflanzen und Blumen verliehen dem Ganzen das Aussehen eines üppig ausgestatteten Wintergartens.
Eine junge Frau, gehüllt in einen Kaschmirschal, lag auf dem Diwan und rauchte eine Zigarette. Sie war klein und von der eigentümlichen Schönheit zierlicher Frauen. Ihr Gesicht zeigte einen eigenwilligen Charme, der sich dem Gedächtnis einprägt. Sie richtete sich zu halbsitzender Stellung auf, als Noël die seidene Portiere beiseite schob, die das Zimmer abschloÃ.
»Endlich kommst du«, sagte sie in verdrossenem Ton. »Dann kann ich mich ja freuen.«
»Die Hitze hier bringt mich um!« sagte Noël, dem es beim Betreten des Raums fast den Atem verschlug.
»Ich friere, so sehr leide ich. Vielmehr: So sehr läÃt du mich leiden. WeiÃt du denn nicht, wie unerträglich es für mich ist, warten zu müssen? Das greift meine Nerven an. Seit gestern schon warte ich auf dich.«
»Ich konnte einfach nicht kommen.«
»Du weiÃt aber doch, daà heute eine Menge Rechnungen fällig geworden sind. AuÃerdem war der alte Halsabschneider mit dem Schuldschein über dreitausend Francs wieder da und hat Theater gemacht. Glaubst du, mir ist das angenehm?«
Noël lieà den Kopf hängen wie ein Kind, das man ausschimpft. »Du bist ja doch nur einen Tag in Verzug geraten«, sagte er kleinlaut.
»Einen Tag!« Die junge Frau sprach in scharfem Ton. »Macht das etwa nichts aus? Ein Mann kann sich so etwas vielleicht noch leisten, aber eine Frau ...« Sie kostete seine Verlegenheit einige Sekunden lang aus, ehe sie erregt fortfuhr: »Was glaubst du eigentlich, wen du vor dir hast? Keine einzige bindende Zusage habe ich von dir erhalten, immer nur Geld. Eines Tages werde ich den Trennungsstrich zwischen uns ziehen.«
»Ich liebe dich doch, Juliette«, sagte Noël leise.
»So etwas habe ich schon oft von dir gehört«, schleuderte sie ihm entgegen. »Ich bin deine über alles geliebte Juliette, die Frau, die du anbetest. Das gilt, solange du mit mir zusammen bist. Doch wenn du Juliette den Rücken gekehrt hast, ist sie aus deinem Sinn.«
»Du bist ungerecht«, antwortete Noël. »Glaub mir, ich denke immer an dich. Als ob ich dir das nicht wieder und wieder bewiesen hätte! Sieh nur!«
Er holte das Päckchen, das er von zu Hause mitgenommen hatte, hervor, entfernte das Papier, und zum Vorschein kam ein Schmuckkästchen. »Das Armband wolltest du doch so gern haben. Erinnerst du dich, vor einer Woche beim Juwelier?«
Juliette nahm das Kästchen herablassend entgegen, lieà es aufschnappen und warf einen flüchtigen Blick auf das Schmuckstück. Als sie es wieder schloà und es gelangweilt auf ein Tischchen neben sich stellte, bemerkte sie nur: »Beim Juwelier sah es besser aus.«
»Heute kann ich dir aber auch nichts recht machen!« rief Noël gekränkt.
»Was grämt dich denn?«
»Das Armband findet nicht deinen Beifall.«
»Es ist hübsch. Und es vervollständigt meine Kollektion.«
Ãber dieser Bemerkung hätte Noël fast die Geduld verloren. Im letzten Moment hielt er an sich, indes Juliette fortfuhr: »Braucht mein edelmütiger Wohltäter noch die Bewunderung anderer? Soll ich Charlotte rufen, daà sie dein Präsent entzückt betrachtet, oder die Köchin oder den Pförtner? Soll ich sie alle fragen, ob ich nicht einen groÃzügigen Geliebten habe?«
Noël zuckte resignierend die Schultern wie vor einem ungebärdigen Kind.
»Sagâs mir, wenn du mich nicht mehr ertragen kannst.«
»Wenn ich dir etwas zu sagen hätte«, parierte sie, »dann dies: Mir wärâ es wichtiger gewesen, du hättest statt des Armbands an die achttausend Francs gedacht, die ich brauche.«
»Ich habe an sie gedacht. Aber ich besaà keinen Sou. Daà ich heute abend über die Summe verfüge, verdanke ich einem Zufall. Und wenn ich sie dir jetzt gebe, riskiere ich viel dabei.«
»Du kannst mir doch nicht weismachen«, sagte sie, »daà es dir Schwierigkeiten bereitet hätte, das biÃchen Geld aufzubringen.«
»Es ist aber so«, entgegnete Noël.
Da lachte sie lauthals los. »Deine Rolle als
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