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Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Titel: Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Jung , Christoph Lemmer
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nahmen die Beamten Ulvi für eine Nacht in der Wache in Hof in Polizeigewahrsam. Der Staatsanwalt wurde eingeschaltet und beantragte einen Haftbefehl. Am nächsten Morgen wurde Ulvi Kulac dem Haftrichter vorgeführt. Diesmal war ein eilig berufener Pflichtverteidiger dabei. Ulvi wurde in die geschlossene forensische Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses Bayreuth eingeliefert. In der Klinik also war er, allerdings ein paar Tage früher als geplant und faktisch in U-Haft. Die Ermittler hatten eine erste Hypothese für Peggys Verschwinden: Ulvi habe Peggy missbraucht, vier Tage später ermordet und die Leiche in dem leerstehenden Haus in der Brauhausstraße versteckt. An dieser Hypothese änderte sich auch nichts, als man dort keine Leiche fand.

Kapitel 8
    Der V-Mann in der Psychiatrie
    I n dieser Phase der Ermittlungen, also von September bis Dezember 2001, sollte es sich für die Soko als unerwarteter Glücksfall herausstellen, dass Ulvi in der forensischen Psychiatrie Bayreuth untergebracht war. Denn parallel zu dem Tipp mit der Brauhausstraße fanden sie einen Mann, der tatsächlich behauptete, Ulvi habe ihm den Mord an Peggy geschildert: Fritz Hermann. Der Kleinkriminelle war wegen Einbruchsdiebstahls verurteilt und aufgrund seiner Drogen- und Alkoholsucht in die forensische Psychiatrie im Bezirkskrankenhaus Bayreuth eingewiesen worden. Mit der Polizei hatte er seit Jahren immer wieder Kontakt – und das nicht nur als gesuchter Krimineller. Von 1996 bis 1998 hatte Hermann als verdeckter V-Mann agiert und die Ermittler mit Insider-Informationen aus der Drogen- und Zigarettenschmugglerszene versorgt. Geführt hatte ihn damals Kommissar Gerhard Förster, der soeben – welch glückliche Fügung – als Verstärkung zur Soko Peggy abgeordnet worden war.
    Kurz nach Ulvi Kulacs Einweisung in die Klinik traten Hermann und Förster Ende September wieder in Kontakt. Hermann erklärte später, die Initiative sei von Förster ausgegangen. Er habe ihn in der Psychiatrie angerufen. »Bei dem Telefongespräch wurde ich gefragt, ob der Ulvi auf meiner Station liegt und ob sie mich besuchen können.« Er habe zugestimmt.
    Die Polizisten schildern diese Kontaktaufnahme anders. Es sei Hermann gewesen, der sich den Beamten angedient habe. Er habe in der Zeitung über den Fall Peggy gelesen und wisse, dass Ulvi, sein neuer »Zellennachbar«, mit dem Fall zu tun habe.
    Wie auch immer: Wenig später erschien Förster in Begleitung seines Kollegen Wolfram Pilz, auch er ursprünglich Drogenfahnder und inzwischen ebenfalls als Verstärkung zum Fall Peggy herangezogen. »Sie haben mir den Auftrag gegeben, Ulvi abzuleuchten und auszuquetschen«, erinnert sich Hermann. Als Lohn sollen sie ihm die Freilassung aus der geschlossenen forensischen Psychiatrie angeboten haben. »Sie sagten mir, wir helfen dir, wenn du uns hilfst. Wenn alles rum ist, gehen wir zur Staatsanwaltschaft und holen dich hier raus.«
    Ein solcher Deal wäre illegal gewesen. Die Polizei bestreitet ihn. Wer die Wahrheit sagt, lässt sich heute nicht mehr eindeutig nachprüfen.
    Unstrittig ist dagegen, dass ein Teil der Soko ausgesprochen neugierig auf Hermanns Aussagen war, nämlich diejenigen unter den Ermittlern, die schon früh eine Täterschaft Ulvis in Erwägung gezogen hatten. Das war zu Beginn nur eine kleine Minderheit, zu der auch Wolfram Pilz zählte. Pilz sagte im Kollegenkreis, er habe wenige Tage nach Peggys Verschwinden unter vier Augen mit Ulvi gesprochen. Der habe ihm erzählt, Peggy habe am Mittag des 7. Mai 2001 aus einem Fenster an der Rückseite ihres Wohnhauses laut um Hilfe geschrien. Ulvi habe vermutet, vielleicht werde sie drinnen von jemandem bedroht. Er habe diese Geschichte nie geglaubt, sagte Pilz, denn Ulvi will, als er Peggy hinten rufen hörte, an der Vorderseite des Hauses am Marktplatz entlangspaziert sein. Das sei aber unmöglich. Das Haus, in dem Peggy wohnte, gehört zu einem geschlossenen Gebäuderiegel aus zweigeschossigen Altbauten. Sollte Ulvis Erzählung der Wahrheit entsprochen haben, hätte es auf dem Marktplatz tatsächlich sehr still sein und Peggy hätte sehr laut schreien müssen. Unmöglich ist das nicht – vor allem mittags wirkt der Lichtenberger Marktplatz regelrecht verwaist. Pilz sagte aber, er habe den Eindruck gehabt, Ulvi wolle mit dieser Geschichte etwas ganz anderes erzählen, nämlich, dass er selbst Peggy bedroht habe.

    Pilz zögerte nicht lange und begleitete Förster, als der seinen alten V-Mann Hermann in der

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