Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fall Sneijder

Der Fall Sneijder

Titel: Der Fall Sneijder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Paul Dubois
Vom Netzwerk:
passiert, wenn diese ganze Schar mitten in der Nacht von einer Explosion aufgeschreckt wird und Hals über Kopf losfliegt. Ihre Nachtsichtigkeit ist äußerst eingeschränkt. Sie fliegen in alle Richtungen, prallen gegeneinander, das reinste Massensterben. Was die Fische angeht, so würde ich darin eher die Handschrift einer Bakterie sehen oder die Folge einer unrechtmäßig ins Wasser gekippten giftigen Substanz.« Dem anderen immer geben, wonach er fragt. Ansätze für eine Erklärung, und sei sie noch so bruchstückhaft.
    Gingen die Ärzte so viel anders vor? Wenn ich mir den Zustand meiner Handgelenke und Arme betrachtete, beschlichen mich manchmal arge Zweifel. Gewiss, das Kortison linderte die Beschwerden vorübergehend, aber der Juckreiz kehrte zu festen Zeiten zurück und rief mir meine merkwürdige Allergie in Erinnerung, die niemand für voll zu nehmen schien. Angefangen bei meiner Frau, die nicht mehr fragte, ob der Ausschlag sich möglicherweise verschlimmert hatte, seitdem sie wusste, dass er nicht ansteckend war.
    Der morgige Tag würde ein wichtiger Tag für Jean Bréguet werden. Als ich an seinen versprochenen Beruhigungscocktail dachte, überfielen mich jedoch Zweifel, denn mir fiel ein, dass er über keine pharmakologische Ausbildung verfügte, um die Mittel, die er mir verabreichen wollte, richtig zu dosieren. Schließlich war der Typ nichts weiter als ein Buickhändler.
    An diesem Abend arbeitete ich einmal nicht, sondern ging früh zu Bett. Zur selben Zeit wie Anna. Sie hatte eine Weile im Bett ferngesehen, bevor sie das Licht ausknipste. Nun hörte ich im Dunkeln das malmende Geräusch ihrer Unterkiefer, die so lange auf dem Streifenkaugummi herumkauen würden, bis der Schlaf sie überkäme. Mein Mund war leer. Meine Kiefer in Ruhestellung. Ich hatte niemanden zum beißen.
    Sonntag. Die Kälte ließ nicht nach. Nachdem ich einen Kaffee getrunken hatte, stieg ich hinauf, um die passende Kleidung für den Wettbewerb zusammenzustellen. Charisteas hatte betont: Das äußere Erscheinungsbild des Handlers war fast genauso wichtig wie das Trimmen und das Aussehen des Tieres. Meine Wahl fiel auf ein altes braunes Prince-of-Wales-Sakko,ein hellblaues Hemd, eine kastanienbraune Krawatte, eine beigefarbene Hose und dunkelbraune Boots mit Schlaufen. Diese Ausstaffierung entsprach durchaus der Vorstellung, die sich ein im Südwesten Frankreichs Geborener vom englischen Schick machen konnte. Ich hatte mich seit Ewigkeiten nicht so angezogen und vermutlich seit dem Ende meiner Jugendzeit keine Krawatte mehr getragen. Nicht einmal zur Beerdigung meiner Eltern, der von Gladys, noch auf der Hochzeit der siamesischen Brüder. Ich besaß eher wenige Kleidungsstücke. Hingegen bewahrte ich eine unsinnige Zahl an Hemden im Schrank auf – etwa vierzig –, die ich fast nie trug, aber sorgfältig nach Stilen geordnet und zusätzlich nach Farben sortiert hatte: Jeans-, Uni-, Streifen-, Karo- und bedruckte Hemden. Ich schlüpfte in meine Kleidung, wobei ich ernstlich nicht wusste, was ich davon halten sollte, und ging hinunter in die Küche. Als meine Frau mich in diesem Aufzug sah, sprang sie auf. Mit weit aufgerissenen Augen musterte sie mich von Kopf bis Fuß; offenbar jagte ich ihr Angst ein.
    »Bist du das?«
    Nur Leute wie mein Vater oder Wagner-Leblond hätten genügend Schlagfertigkeit besessen, um auf diese unsinnige Frage etwas zu erwidern. Ich begnügte mich damit, nach einer Tasse Kaffee zu greifen und durchs Fenster dem Treiben zuzusehen.
    »Was machst du an einem Sonntag in diesem Aufzug?«
    »Ich habe einen Arbeitstermin.«
    »Welche Arbeit?«
    »Die Hunde.«
    »Du führst deine Hunde sonntags mit Schlips und Kragen aus? Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Es ist kein normaler Spaziergang, sondern eine Schau.«
    »Eine Schau. Du stellst dich mit Hunden zur Schau, in Krawatte und Tweed? Und wo bitte schön?«
    »Im Osten von Montreal.«
    »Mein armer Freund. Gestern noch ertappe ich dich dabei, wie du dich vor dem Haus, neben einer alten Schrottkiste, mit einem Dealer unterhältst, und heute gehst du mit Hunden spazieren, herausgeputzt, als wolltest du Bridge spielen gehen.«
    »Okay, es ist sowieso nicht wichtig, ich gehe aus, das ist alles.«
    »Triffst du dich mit jemandem?«
    »Was soll die Frage?«
    »Du verstehst sehr wohl, was ich sagen möchte.«
    »Ich habe eine Verabredung mit einem Kunden, dessen Hündin ich bei einem Schönheitswettbewerb vorführe.«
    »Das muss ja ein seltsamer Kunde

Weitere Kostenlose Bücher