Der Fall Struensee
Geliebte?“ Struensee hatte das Gefühl, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. „Ich verweigere die Antwort“, ächzte er, „das ist unerhört. Ich verehre die Königin, aber nicht so, wie Sie es mir unterstellen wollen.“
„ Ich muss diese Ungeheuerlichkeit ansprechen, wenn auch nicht gern. Denn es handelt sich um die Königin, der wir alle Achtung schulden. Aber die Beweise, die wir haben, sind unwiderlegbar. Wir wissen, über welche Gänge Sie in ihr Schlafzimmer in Christiansborg eingedrungen sind. Wir besitzen Fußspuren, die wir gemessen haben, und die genau der Größe Ihrer Schuhe entsprechen. Wir haben das Zeugnis der Zofen, die Sie beim Tete-a-tête überrascht haben. Es war doch ein offenes Geheimnis, das alle wussten.
Weder Sie noch die Königin legten besonderen Wert darauf, ihr abscheuliches Verhältnis zu verhüllen. Im Gegenteil, Sie ließen jeden mit einem gewissen Stolz merken, dass Sie ihr Geliebter waren. Ebenso die Königin. Ich könnte Ihnen hier“, er wies auf eine dicke Akte, „die Aussagen der Zeugen vorlesen. Den Kussfleck auf der Brust der Königin, die zerwühlte und befleckte Bettwäsche, die Strumpfbänder, die Sie der Königin schenkten. Ich will uns weitere Einzelheiten ersparen. Es ist mir zuwider, in diesen Dingen zu wühlen. Geben Sie es zu, dass Sie der Liebhaber der Königin waren!“
„Was brauchen Sie mein Geständnis, wenn Sie so stichfeste Beweise haben?“ Struensee beugte sich vor und stützte seinen Kopf in die Hände.
„Sie wissen selbst, dass es bei Kapitalverbrechen eines Geständnisses bedarf. Zwingen Sie uns nicht, andere Maßnahmen zu ergreifen.“ Struensee starrte den General, der seine Selbstsicherheit zur Schau stellte, verstört an.
„Der König war Ihr Freund, er vertraute Ihnen, und Sie haben ihn auf die widerlichste Art mit seiner Frau betrogen. Sie haben der Königin sogar ein Kind gemacht, Sie haben überall, in Christiansborg, Frederiksborg, Hoersholm, Traventhal, überall die Wohnstätte des Königs entweiht, indem Sie mit der pflichtvergessenen Frau Ihres Königs und Freundes geschlechtlichen Umgang pflegten. Ich frage Sie, Graf Struensee, können Sie dies alles leugnen?“
Struensee schwieg, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. Lurdorph sah zur Decke empor. Die Stille lastete im Raum, wurde unerträglich. Struensees Brust entrang sich die Frage: „Was ist mit der Königin? Wo ist sie?“
„Vielleicht wird Ihnen das Geständnis leichter, wenn Sie wissen, dass auch sie verhaftet wurde.“ Struensee lachte trocken und irre. „Das glaube ich nicht. Wer würde das wagen?“ Lurdorph schob Struensee einen Bogen über den Tisch: „Überzeugen Sie sich selbst.“ Struensee riss das Papier an sich. Seine Lippen bewegten sich stumm, um das Geschriebene zu entziffern. Es war der Haftbefehl für die Königin, unterschrieben von Christian, gegengezeichnet von Rantzau, mit der Bemerkung, dass der Befehl ausgeführt worden sei. Rantzau, dachte er, wieso Rantzau? „Es ist alles verloren“, murmelte er vor sich hin. Und an Lurdorph gewandt fragte er: „Wo ist sie?“
„Die Königin ist in Kronborg“, antwortete der General.
„Im Staatsgefängnis“, ergänzte Bram. Struensee schlug die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. „Es ist meine Schuld.“ Er war am Ende seiner Kraft, zerquält von schlaflosen Nächten und der wochenlangen Kerkerhaft in Kälte und Ungewissheit. Und noch immer hatte er zu hoffen gewagt, dass Mathilde ihm helfen würde. Aber nun war alles verloren. Es gab keine Rettung, was auch immer er tun oder sagen würde. Es war aussichtslos. „Darf ich das als Geständnis deuten“, sagte Lurdorph mitleidslos. „Was?“, fragte Struensee verwirrt. „Nun, das Eingeständnis Ihrer Schuld.“ Der Angeklagte rang nach Luft. „Geben Sie ihm ein Glas Wasser, Rat Bram“, rief der General, und zu Struensee sagte er mit beinahe milder Stimme: „Es würde Sie sehr erleichtern, wenn Sie gestehen.“
Struensee schloss die Augen. Er war allein. Es gab niemand, der ihm helfen würde. In seiner Not sah er nicht, dass seine Ankläger eigentlich nicht viel gegen ihn in der Hand hatten. Dass die Zeugenaussagen von Zofen und Bedienten, die das Verhältnis zwischen ihm und der Königin belauscht hatten, an sich nicht viel Wert waren. Etwas in ihm gab nach, zerbrach, er konnte nicht mehr standhalten.
„Ich gestehe, dass ich ein Liebesverhältnis mit der Königin hatte“, sagte er tonlos und mit großer
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