Der Fall von Katara
Satelliten und Späherdrohnen lieferten gestochen scharfe Bilder und zeigten mehrere Perspektiven. Zardosch und Erek waren trotz der getönten Scheiben des Busses immer noch gut zu erkennen. Der Bus fuhr rasant durch die Hochebene von Katara, wo eine verkarstete Landschaft vorherrschte. Es war dort sehr heiß, staubig und trocken um diese Jahreszeit. Es boten sich wenige natürliche Verstecke an, da es kaum Erhebungen auf der ersten Hälfte dieser Strecke gab. Ab Kakargo fingen erst die Ausläufer des Malakka-Gebirges an. Im Übrigen war die Gegend zwischen diesen zwei Städten mehr als verwaist. Es gab lediglich ein paar stillgelegte Müllminen und Kleinstädte, in denen die Menschen von der Hand in den Mund lebten.
„Sie sind noch im Bus, oder? Und wo sind sie jetzt genau?“, fragte Frau Alonis und zeigte auf einen der Bildschirme.
„Der Bus hat die übliche Route von Usiris noch Negidu genommen. Es gibt fünf Haltestellen ungefähr alle 130 Kilometer. Sie haben schon vor einer Stunde die zweite Haltestelle bei Höllenstadt passiert und erreichen die dritte Station in Schrobenhausen voraussichtlich in einer Viertelstunde.“
„Nur noch eine Viertelstunde? Das schaffe ich aber nicht mehr rechtzeitig. Wann kommt die nächste Station?“, erkundigte sie sich.
„Die nächste Station ist Kakargo, wo das Vorgebirge anfängt.“
Das Vorgebirge war eine von messerscharfen Kalksteinfelsen zerklüftete Region und erstreckte sich wie ein Labyrinth bis nach Negidu hinein.
„Spätestens dort muss ich sie erwischen. Wie viel Zeit bleibt mir noch?“, fragte sie nach.
„Laut Fahrplan circa fünfundsiebzig Minuten.“
„Ist jemand in den Bus ein- oder ausgestiegen?“, wollte sie noch wissen.
„Nur zugestiegen. Ansonsten gab es keine besonderen Auffälligkeiten.“
Frau Alonis wandte sich an Kotan Hariri und erläuterte ihren Plan.
„Also, wir machen es folgendermaßen. Ich nehme den Jet und fange beide schon in Kakargo ab, indem ich in den Bus einsteige und unauffällig nach Negidu mitfahre. Ihre Einsatzkräfte warten an der Busstation in Negidu und greifen nur ein, wenn etwas Unvorhergesehenes passieren sollte. Ach nein, vergessen Sie das! Sie greifen nicht einmal ein, wenn etwas dazwischen kommt, sondern nur dann, wenn ich es sage!“
„Und wenn Sie nichts mehr sagen können?“
„Dieser Fall wird nicht eintreten. Wir bleiben am besten in ständigem Kontakt über unsere TSBs. Wenn sich bis dahin im Bus etwas tun sollte, benachrichtigen Sie mich sofort!“, ordnete sie an.
„Ich werde alle Schritte der Zielpersonen überwachen und Sie gegebenenfalls sofort unterrichten, falls sich etwas verändern sollte“, versicherte Hariri.
„Gut. Dann sollte wohl nichts mehr schiefgehen, oder?“, meinte Frau Alonis.
„Es wird nichts schiefgehen. Vertrauen Sie mir! Mein Team wird immer in einem Sicherheitsabstand hinter Ihnen sein und für Sie bereit stehen.“
„Wenn Ihr Team bei dieser Operation wieder Mist baut, komme ich zurück, reiße Ihr Herz heraus und versetze Sie nach Eunuchien“, flüsterte Frau Alonis lächelnd in sein Ohr.
„Wenn Sie das glücklich macht, bitte sehr. Doch Sie können sich ganz auf mich und mein Team verlassen. Wir alle werden Ihre Befehle getreu befolgen“, bekräftigte er.
„Gut. Ich gehe jetzt in die Abschussbasis“, sagte sie.
Sie liefen durch die Kommandozentrale, bis sie an einen weiteren integrierten Aufzug ankamen, der sie zur unterirdischen Flugabschussbasis bringen sollte. Frau Alonis erteilte Kotan Hariri die letzten Instruktionen.
„Also, nochmal: Der erste Jet fliegt nach Negidu, ich nach Kakargo, und die zwei anderen Jets verfolgen den Bus, nachdem ich eingestiegen bin. Soweit alles klar?“, fragte sie ihn, während sich die Aufzugstüren öffneten.
„Zu Befehl! Meine Leute werden sich unsichtbar und professionell verhalten. Sie sind nur zu Ihrer Unterstützung da“, versicherte er ihr nochmal.
Dann stieg Frau Alonis in den Aufzug hinein und drückte einen Knopf, worauf sich die Türen schlossen. Kotan Hariri kehrte in seine Kommandozentrale zurück und malte sich den geballten Jähzorn seiner Chefin aus, die für ihre Wutausbrüche bekannt war. Das Herz würde sie ihm zwar nicht herausreißen, aber die Sache mit Eunuchien könnte sich dennoch bewahrheiten, befürchtete er. Die Strafkolonie Eunuchien war der ungemütlichste Ort auf ganz Poligäa und von allerlei Gesindel bevölkert. Hauptsächlich waren es Serienmörder, die man dorthin verbannte und
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