Der Fall Zamar (German Edition)
Leben? Nach außen gibt sie die brave Studentin, und in Los Angeles rächt sie sich kaltblütig an den Killern ihrer Familie?
Um all diese Berichterstattungen durchzulesen, hatte Daniel nicht die Zeit, also sortierte er die ausgeschnittenen Papierstücke wieder in die Tüte, wie er sie vorgefunden hatte, und befestigte diese unter dem Schrank. Sollte Malcom mal das Internet nach den alten Reportagen und Berichten durchforsten.
Der Laptop zeigte ihm jetzt an, dass er mit der Überspielung der Daten fertig war. Er entfernte den Speicherstick. Doch Daniel war neugierig. Also wählte er sich in die Internetverbindung. Er wollte wissen, welche Netzseiten sie als Letztes aufgerufen hat. Durch ein paar Klicks fand er, was er suchte. Was er dort jetzt auf dem Notebook sah, überraschte ihn nicht allzu sehr. Der Bildschirm zeigte einen Bericht aus der Los Angeles Times, auf der nächsten Seite einen aus der Washington Post. Selbst die Internetseite des Wall Street Journals hatte sie aufgerufen. Zamar schaute sich also alles noch mal in verschiedenen Zeitungen an. Wollte sie die wirksame Durchführung ihres Racheplans noch einmal in den Medien erleben? Möchte sie sich in ihrem Erfolg sonnen? Auf den ersten Blick ließ das die Vermutung zu. Aber nach dem zweiten Gedanken kamen Daniel doch Zweifel. Sie wird doch nicht selbst dafür gesorgt haben, dass alles in den Medien erscheint, kein Täter ist so dumm und gibt Hinweise auf sich selbst an die Presse. Nein, das passt nicht.
Daniel musste später darüber nachdenken. Im Moment konzentrierte er sich darauf, alles wieder an Ort und Stelle zu bringen. Bevor er das Zimmer verließ, schickte er noch einen prüfenden Blick durch den Raum.
Dennoch bemerkte Daniel nicht das seidendünne Haar, welches anfangs an Zamars Laptop befestigt war. Jetzt lag es auf dem Boden unter dem Tisch.
12.
Seit 40 Minuten saß John Pearson schon in dem noblen Restaurant in der Broad Street, welches eine ausgezeichnete französische Küche führte. Er nippte an seinem dritten Glas Whisky und paffte eine kubanische Zigarre. Der maßgeschneiderte Anzug verdeckte elegant seinen kräftigen Körperbau. Seine Haare waren schwarz gefärbt, denn seine Eitelkeit ließ keine grauen Strähnen zu, obwohl es mit 47 Lebensjahren normal wäre.
Die Firma Pearson-Steel, von seinem Urgroßvater im Jahr 1898 gegründet, begann die Geschäfte mit der Herstellung von einfachen Gewehren. Die positive Entwicklung der Produktion schritt so rasant voran, dass die Firma zum Ersten Weltkrieg mit ins Kriegsgeschäft einstieg. Seitdem gab es kontinuierlich Aufträge von Regierungen aus der ganzen Welt. Als John Pearson die Geschäfte seines Vaters vor zwölf Jahren übernahm, ging es allerdings mit den Umsatzzahlen stetig bergab. Doch seine Gier nach Macht und Reichtum ließ ihn auf andere Verkaufsterritorien vordringen. So suchte sich John Pearson Verkaufspartner, von denen besser niemand wissen sollte.
Nicht ohne Grund hatte Pearson dieses Restaurant als Treffpunkt gewählt, war es doch hervorragend geeignet für unbeobachtete Geschäftsessen oder für prominente Gäste, die fernab jeglicher Paparazzi speisen wollten. In den verwinkelten Zimmern, Gängen und Nischen konnte niemand den anderen auf den Teller schauen oder gar bei Gesprächen zuhören. Das Personal wusste diskret mit den Besuchern umzugehen.
Vizegouverneur Edward Baker betrat das Haus, er wusste, wo er Pearson finden würde. Er ging zügig durch die mit Gemälden aus dem 18. Jahrhundert verzierten Flure in den hinteren Teil des Hauses. Kronleuchter gaben sanftes Licht von der Decke. Jetzt, am frühen Abend, waren zwar alle Tische besetzt, aber trotzdem war es nicht möglich, dass jemand erkannte, mit wem Baker sich traf. Wichtig war nur, zu unterschiedlichen Zeiten zu kommen.
Zurückhaltend setzte sich Baker an Pearsons Tisch, der ihn etwas zu überschwänglich begrüßte: „Na endlich, mein Freund, ich wollte schon eine Vermisstenmeldung rausgeben. Aber ich wusste, dass du kommst. Immerhin sind wir aufeinander angewiesen.“
Damit hatte Pearson wohl recht, dachte Baker zerknirscht.
Pearson rief mit einer kleinen Handglocke einen Kellner heran. „Dann wollen wir mal was bestellen. Ich nehme den Rehrücken in Safransoße und dazu für uns Champagner.“
Baker hob abwehrend die Hände. „Für mich bitte nur Wasser und ein leichtes Fischgericht.“
„Vielleicht das Seezungenfilet mit Artischocken und Spargel an einer
Weitere Kostenlose Bücher