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Der Fall

Titel: Der Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Gegenteil, ich wollte doch nur –«
    »Was wolltest du nur? Einen Kaugummi suchen? Einen Stift, um einen Traum aufzuschreiben? Wolltest du gegen die primitivsten Anstandsregeln verstoßen? Oder was hast du sonst für eine faule Ausrede parat?«
    »Vertrau mir! Ich weiß, ich stehe ziemlich dumm da, aber ich kann es dir erklären.«
    »Dir vertrauen? Du möchtest, dass ich dir vertraue?« Sie ließ den Ordner fallen und versetzte Jared einen Schlag. Zuerst gegen die Brust, dann gegen die Schulter. »So sieht unser Vertrauen aus, Jared! So sieht unser Vertrauen aus und du hast es gerade kaputt gemacht!«
    Er versuchte ihre Schläge abzublocken, so gut es ging. »Jetzt hör mir doch erst mal zu, Sara!«
    »Ach so, natürlich. Na schön, ich höre. Ich kann es gar nicht erwarten zu hören, was du mir zu sagen hast!«
    Jared holte tief Luft. Er zitterte. Er wusste nicht mehr ein noch aus. »Ich weiß, du wirst mir nicht glauben, aber das hat nichts mit dir zu tun. Es geht nur um den Fall. Du musst dir endlich mal darüber klar werden, wie viel mir das alles bedeutet. Ich wollte nur wissen, was ich morgen zu erwarten habe.«
    »Hast du das auch schon mal gemacht, bevor ich vor die Grand Jury musste? Hast du auch damals schon in meinen Unterlagen herumgeschnüffelt? Und wirst du das auch vor dem Prozess noch mal tun?« Während Sara ihn mit ihren Fragen bombardierte, trat sie näher auf ihn zu und ließ mit jedem Vorwurf ihren Finger auf seine Brust vorschnellen.
    Jared wich instinktiv zurück und entfernte sich immer weiter von Saras Seite des Betts. »Sprich bitte nicht in so einem Ton mit mir«, sagte er. »Ich habe doch kaum etwas gesehen.«
    »Weil ich aufgewacht bin und dich daran gehindert habe weiterzulesen!«
    »Hör zu, es tut mir leid, dass es dazu gekommen ist, aber im umgekehrten Fall hättest du genau das Gleiche getan.« Jared stand inzwischen mit dem Rücken an Saras Kommode. »Wenn du also willst, dass ich ausziehe, bitte! Aber überleg dir bitte sehr genau, bevor du etwas tust, was du später bereuen könntest.«
    Sara drehte sich um, griff in die oberste Schublade ihres Nachttischs, zog einen Schlüsselbund heraus und warf ihn Jared zu. »Das ist der Schlüssel für Pops Wohnung. Pack deine Sachen, und geh mir aus den Augen!«
    »Soll das ein Witz sein?«, fragte Jared konsterniert.
    »Mein Entschluss steht fest«, sagte Sara. »Und jetzt geh.«
    »Bist du sicher, du –«
    »Verschwinde! Auf der Stelle.«
    Verwirrt und wütend schüttelte er den Kopf. »Das wirst du noch bereuen.«
    »Das werden wir ja sehen.«
    Zähneknirschend stürmte er zu seinem Schrank. Warte, bis sie allein ist, dachte er. Dann wird sie einsehen, dass sie total überreagiert hat. Wutentbrannt stapfte er von Zimmer zu Zimmer, bis er Anzüge, Toilettenartikel und genügend Kleidung für das Wochenende zusammengesucht hatte. Aber erst als er schließlich soweit war, dass er gehen konnte, wurde ihm bewusst, was gerade passierte.
    Als er seinen schwarzen Kleidersack zur Tür trug, sah er Sara im dunklen Wohnzimmer sitzen. Ihre Aktentasche lehnte an der Couch. Schlagartig fiel seine Wut in sich zusammen. »Ich gehe jetzt«, sagte er kleinlaut.
    Sie antwortete nicht.
    »Sara, ich –«
    »Ich habe gehört, was du gesagt hast.«
    Jared legte die Hand auf den Türknauf. »Bitte, glaub mir, es tut mir Leid.«
    »Das will ich auch hoffen.«
    »Doch, wirklich.« Er wollte auf keinen Fall gehen, aber er wusste nicht, was er sagen sollte. Er suchte nach den richtigen Worten, fand aber keine. Schließlich platzte er heraus: »Willst du wirklich, dass ich gehe?«
    Wieder antwortete Sara nicht. Sie beobachtete ihn aufmerksam. Er wirkte so verletzlich, als er mit dem Kleidersack über der Schulter dastand. Im Raum machte sich betretenes Schweigen breit.
    Jared versuchte die ausdruckslose Miene seiner Frau zu ergründen. Langsam ließ er den Kleidersack zu Boden sinken.
    »Lass das«, sagte Sara.
    »Aber du –«
    »Ich werde es mir nicht anders überlegen, Jared. Ich möchte, dass du gehst.«
    Damit hatte es sich. Sie würde nicht einlenken. Jared wandte sich ab und öffnete die Tür. Und verschwand ohne ein weiteres Wort.
    Das Erste, was ihm auffiel, war die Stille. Die Fotos von Sara und ihren Eltern, die die langen Wände des Eingangsflurs zierten, hatten keinerlei Wirkung auf ihn, und den vertrauten abgestandenen Geruch, der ihn an das Haus seiner eigenen Großeltern erinnerte, nahm er kaum wahr. Das einzige, was Jared nicht ignorieren konnte,

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