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Der Fall

Titel: Der Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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haben keinen Grund, sich zu schämen. Ganz im Gegenteil, Sie sollten stolz sein.«
    »Finden Sie?«
    Der Ton, in dem sie Moore diese Frage stellte, schmeichelte ihm. »Sie haben Ihre Freunde nicht im Stich gelassen. Das ist das Einzige, was zählt.«
    Ein zaghaftes Grinsen ließ ihre Wangen aufleuchten. »Freut mich, dass Sie es so sehen.«
    »Natürlich hätte es einfachere Möglichkeiten gegeben, sich für sie einzusetzen, als die Privatpost Ihres Chefs publik zu machen.«
    »Seien Sie auf der Hut, Slappy. Wenn Sie mir dumm kommen, veröffentliche ich auch Ihre Memos! Rachsüchtige Witzbolde sind wesentlich gefährlicher als Anwaltsclowns.«
    »Dafür sind Anwaltsclowns wesentlich amüsanter.«
    »Sie brauchen sich gar nicht mit Eigenlob zu überhäufen. Sie sind nicht mein Typ.«
    »Und wer ist Ihr Typ?«, fragte Moore.
    »Lassen Sie mich mal überlegen. Ich mag Astronautenclowns, Arztclowns und Politikerclowns. Aber Anwaltsclowns mag ich nicht.«
    »Wirklich nicht?«
    »Warum fragen Sie?«, fragte Sara kokett.
    »Beantworten Sie nur meine Frage: Wirklich nicht?«
    »Ich bin eigentlich ziemlich sicher. Warum –« Bevor Sara zu Ende sprechen konnte, beugte Moore sich vor, packte sie am Hinterkopf und gab ihr einen langen, leidenschaftlichen Kuss. Sara wusste, dass sie sich ihm entziehen sollte. Stattdessen schloss sie nur die Augen.

15
    »Das darf ich nicht«, sagte Sara, als sie nach ein paar Sekunden Moore zurückstieß. »Es ist nicht richtig.«
    »Was ist nicht richtig? Wie ich dich küsse oder –«
    »Alles. Das Ganze.« Mit zitternden Händen stand Sara vom Sofa auf. Sie hätte nicht so lange warten dürfen. Sie hätte es sofort unterbinden müssen.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Moore. »Ich dachte, du –«
    »Conrad, ich mag dich sehr, aber ich bin immer noch verheiratet. Und wenn ich auch sauer auf Jared bin, heißt das nicht, dass ich ihn betrügen will.«
    »Aber –«
    »Bitte sprich nicht weiter«, stammelte sie. Sie suchte jemanden, dem sie die Schuld geben könnte, fand aber niemanden. »Ich gebe zu, es hat mir gefallen, aber ich hätte es nicht tun sollen.«
    Über den Raum legte sich peinliches Schweigen. Schließlich sagte Moore: »Entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht in solche Gewissensnöte bringen. Ich war –«
    »Ist ja nicht so tragisch.« Sie versuchte, so überzeugt wie möglich zu klingen. »Es ist schon spät … wir haben hart gearbeitet … wir sind beide müde. Du hast mit mir geflirtet, und ich habe zurückgeflirtet.«
    »Aber deswegen ist es noch lange nicht okay.«
    »Daran lässt sich nun nichts mehr ändern. Deshalb würde ich sagen: Schwamm drüber.«
    Moore stand auf und ging zur Tür. »Wenn du möchtest, ich bin heute mit dem Auto hier – wenn ich dich also nach Hause bringen soll …«
    »Danke«, sagte Sara und fügte nach kurzem Zögern hinzu: »Das Beste ist wahrscheinlich, ich nehme mir ein Taxi.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Ja«, antwortete sie mit leiser Stimme.
    Bevor er das Büro endgültig verließ, drehte sich Moore noch einmal um. »Sara, es tut mir aufrichtig leid. Und ich weiß auch, es hört sich wie eine ziemlich faule Ausrede an, aber in diesem Moment hielt ich es wirklich für das Richtige.«
    »Ich weiß«, sagte Sara, die sich die Szene noch einmal vergegenwärtigte. Ihre Wut auf Jared hatte es ihr sehr leicht gemacht. »Genau das ist es, was mich erschreckt.«
    Jared beugte sich zum Spiegel über dem Waschbecken im Bad vor und entfernte vorsichtig den Verband von seinem Kinn. Beim Anblick der ovalen Kerbe, die ihm Kozlow beigebracht hatte, zuckte er unwillkürlich zusammen. Obwohl die Wunde schon lange zu bluten aufgehört hatte, war sie noch sehr empfindlich. Jared versuchte, sie nicht anzusehen, als er unter das Waschbecken griff und ein paar Wattebäusche und eine Flasche mit Wasserstoffsuperoxyd hervorholte. Das wird wehtun, dachte er, als er die Watte mit dem farblosen Desinfektionsmittel tränkte. Dann betupfte er sich mit angehaltenem Atem das Kinn. Im Spiegel konnte er den gelb-weißen Eiter sehen, der sich an den Wundrändern gebildet hatte. Und wenn dies auch das Einsetzen des Heilungsprozesses ankündigte, wusste er doch, dass die Schmerzen jetzt erst richtig losgehen würden.
    Sara brauchte noch eine halbe Stunde, um zu merken, dass sie nichts Vernünftiges mehr zustande bringen würde. Conrads Kuss hatte ihr etwas vor Augen geführt, was sie nie hatte sehen wollen, und egal, wie sehr sie sich auf etwas anderes zu konzentrieren

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