Der Fall
Ganze gleich noch mal«, schlug Sara vor. »Wenn Sie nämlich vor die Grand Jury treten, werden die Geschworenen etwas genauere Auskünfte haben wollen als das hier.« Sara reichte McCabe eine Kopie des Anzeigeformulars und begann noch einmal von vorn. »Okay, Officer McCabe, jetzt erzählen Sie uns bitte, was Sie beim Angeklagten gefunden haben!«
McCabe las von dem Formular ab: »Eine Ebel-Uhr aus Platin, einen Golfball aus Sterlingsilber und vierhundertsiebzehn Dollar.«
»Wunderbar«, sagte Sara. »Genau so. Und als Sie Kozlow in die East Eightysecond Street zweihunderteins zurückbrachten, haben Sie Ms. Doniger geweckt.«
»Ja. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie bestohlen worden war.«
»Aber sie identifizierte die Gegenstände als ihre eigenen.«
»Allerdings. Sie hat einen Moment gezögert, aber dann erkannte sie die Sachen wieder. Auf der Uhr stand der Name ihrer Mutter und auf dem Golfball ihr eigener.«
»Wurde ihr außer diesen beiden Dingen und dem Geld noch etwas gestohlen?«
»Das war alles, was ich gefunden habe, und es war alles, was nach Ms. Donigers Angaben fehlte. Wie ich die Sache sehe, steckte Kozlow einfach ein, was ihm gerade unter die Finger kam, und dann bekam er aus irgendeinem Grund Angst und machte sich aus dem Staub.«
»Und haben Sie auch mit Ms. Donigers Nachbarin gesprochen? Mit Ms. Harrison?«
»Nein. Ich wusste nicht, dass sie es war, die uns verständigt hatte.«
»Einen Augenblick.« Sara sah auf. »Sie haben in der Nacht, in der das Verbrechen geschah, keine positive Identifizierung erhalten?«
»Ich wusste nicht, dass die Nachbarin den Einbruch gemeldet hatte.«
»Okay. Das ist okay. Aber Sie ließen Ms. Donigers Haus nach Fingerabdrücken absuchen?«
McCabe schüttelte den Kopf. »Ich hatte den Verdächtigen bereits – da dachte ich, ich bräuchte seine Fingerabdrücke nicht.«
»Soll das ein Witz sein? Natürlich brauchen Sie seine Fingerabdrücke! Das ist wahrscheinlich die beste Möglichkeit zu beweisen, dass er im Haus war.«
»Da brauchen Sie doch nicht gleich sauer auf mich zu werden. Ich bin kein Detective. Ich verhafte sie bloß und liefere sie ein. Außerdem müssen wir sparen. Wir suchen nicht jeden Tatort nach Fingerabdrücken ab. Wenn wir keine Leiche oder sonst eine große Sache haben, lassen wir die Spurensicherung zu Hause und verfolgen das Ganze, so gut wir können.«
»Wirklich sehr hilfreich«, sagte Sara. »Erinnern Sie mich dran, den Politikern, die für diese Budgetkürzungen verantwortlich sind, zu danken, wenn ich den Prozess verliere.« Nachdem sie ihre Notizen überflogen hatte, fügte sie hinzu: »Gut, nur noch ein paar letzte Fragen. Wie lange sind Sie schon mit Victor Stockwell befreundet?«
»Was ist das denn für eine Frage?«
»Eine wichtige.«
»Ich weiß, wer er ist, aber ich habe ihn nie persönlich kennengelernt.«
Verwirrt fragte Sara: »Warum wollten Sie dann, dass ihm der Fall zugeteilt wird?«
»Wovon reden Sie eigentlich?«
»Als ich diesen Fall im ECAB bekam, war das Festnahmeprotokoll für Victor Stockwell vorgemerkt. Warum wollten Sie, dass er den Fall übernimmt, obwohl Sie ihn kaum kennen?«
»Ich habe niemanden für den Fall vorgeschlagen«, sagte McCabe. »Mr. Stockwell hat mich gefragt, ob er den Fall haben kann.«
Sara hielt inne. »Tatsächlich? Victor Stockwell ist an Sie herangetreten?«
»Ja, er rief mich ein paar Stunden nach der Festnahme an – als ich gerade den Schreibkram erledigte. Er sagte, er wollte den Fall Kozlow, und bat mich, seinen Namen auf die Akte zu schreiben. Ich dachte, er hätte irgendein persönliches Interesse daran. Deshalb trug ich ihn ein.« Als er Saras erstauntes Gesicht sah, fragte er: »Ist daran denn etwas nicht in Ordnung?«
»Das weiß ich noch nicht«, erwiderte Sara. »Aber ich werde es noch herausfinden.«
Als McCabe Saras Büro verließ, schloss sie die Tür hinter ihm und kehrte an ihren Schreibtisch zurück. Es musste eine Erklärung dafür geben, warum einer der besten Ankläger der Behörde einen so belanglosen Fall übernehmen wollte. Während sie sich eine Reihe von möglichen Gründen durch den Kopf gehen ließ, nahm sie eine Papierklammer, bog sie auf und begann sie sich um den Zeigefinger zu wickeln. Vielleicht hielt Stockwell den Fall für interessant? Vielleicht wollte er sein Arbeitspensum reduzieren? Vielleicht kannte er einen der Beteiligten? Vielleicht kannte er Claire Doniger und wollte ihr einen Gefallen tun? Oder vielleicht kannte er
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