Der falsche Apostel
hervorbrachte.
»Hast du heute Morgen deinen Köcher mit den Pfeilen |355| die ganze Zeit bei dir getragen?«, gab Fidelma ihm zu überlegen.
Er dachte eine Weile nach. »Nicht den ganzen Morgen. Die meiste Zeit über hatte ich Köcher und Bogen im Zelt des Bischofs
gelassen, weil ich alle möglichen Gänge zu erledigen hatte.«
»Was für Gänge, zum Beispiel?«
»Ich sollte zum Beispiel sehen, wo Murchad ist. Ich fand ihn in der Nähe von Illans Zelt, wo er gerade mit Angaire sprach;
das war, als Lady Dagháin aus Illans Zelt gestürzt kam, sie war ganz blass und rannte zu ihrem Zelt. Ich weiß noch, dass Angaire
eine unfeine und anzügliche Bemerkung machte. Ich ließ ihn stehen und kam mit Murchad hierher.«
»Der Köcher mit den Pfeilen war also hier im Zelt, während du auf des Bischofs Geheiß unterwegs warst, um ihm seinen Rennreiter
zu holen?«, fasste Fidelma seine Schilderung zusammen. »Und der Bischof war allein hier im Zelt?«
Ihre Bemerkung brachte Bressal auf, und er wurde zornesrot.
»Wenn du jetzt behauptest, ich hätte einen Pfeil genommen und wäre losgegangen, um Illan zu töten …«, fing er erregt an.
»Immerhin warst du zu der Zeit allein hier im Zelt, oder?«
»Nicht die ganze Zeit. Síláns Waffen lagen die überwiegende Zeit hier, und wir waren beide mal drin, mal draußen. Auch Besucher
kamen und gingen. Selbst Fáelán und Muadnat, seine Frau, haben vorbeigeschaut.«
Das überraschte Fidelma. »Was hat ihn hierhergeführt, wenn ihr doch bittere Rivalen wart?«
»Fáelán wollte mit Aonbharr angeben, das war alles.«
»Kam er vor oder nach deinem Streit mit Illan?«
»Davor.«
|356| »Und er war in Begleitung von Muadnat?«
»Ja. Und dann kam Énna.«
»Und was wollte der?«
»Mich bitten, Ochain aus dem Rennen zu nehmen; die Feindseligkeiten zwischen mir und dem König wären dem Ruf des Königreichs
nicht dienlich. Aber das stand außer Frage. Auch waren Angaire und Murchad hier.«
»Lady Dagháin, Énnas Frau, gehörte die ebenfalls zu deinen Besuchern?«
Der Bischof schüttelte den Kopf. »Wie auch immer, wenn es dir darum geht, ob es möglich gewesen wäre, dass jemand einen Pfeil
genommen und Illan getötet hat, dann kann ich nur sagen, Gelegenheit dazu hatten mehr als einer.«
»Und wie erklärst du den Beutel mit den Giftkräutern?«
»Dazu kann ich nur sagen, dass mein Wappen darauf ist, alles andere entzieht sich meiner Kenntnis.«
Fidelma lächelte schwach und bat Laisran: »Lass uns gehen.«
Dass sie Anstalten machte, das Zelt zu verlassen, erboste Bressal, und er rief ihr hinterher: »Was gedenkst du jetzt zu tun?«
Sie war schon am Zeltausgang, drehte sich aber noch einmal zu ihm um. »Ich gedenke meine Nachforschungen abzuschließen, Bressal«,
sprach’s und verschwand, gefolgt von dem leicht verwirrten Laisran.
Draußen hatte Fáelán mehrere Krieger aus seiner Leibgarde zur Bewachung des Gefangenen aufgestellt.
»Viel übrig hast du für den guten Bischof nicht«, meinte Laisran.
Sie lachte schelmisch. »Er ist ja auch nicht gerade ein liebenswerter Mensch.«
»Und das Beweismaterial spricht gegen ihn. Der Fall ist damit wohl schlüssig.« Er hatte seinen Schritt beschleunigt und ging
jetzt neben ihr.
|357| Fidelma schüttelte den Kopf.
»Wenn Bressal oder Sílán als Mordwerkzeug den Pfeil benutzt hätten, dann hätten sie die verräterische Hälfte davon nicht für
jedermann so offensichtlich bei sich behalten.«
»Irgendwo ergibt es aber doch einen Sinn. Der eine wie der andere könnte Illan mit dem Pfeil umgebracht haben. Dann ging dem
Täter auf, dass die Hausmarke auf dem Schaft ihn hätte verraten können, er brach das hintere Ende ab, nahm es an sich und
entfernte es damit vom Tatort.«
»Und ließ den Beutel mit dem Wappen und den giftigen Kräutern gut sichtbar in Illans Zelt? Nein, mein guter Mentor«, widersprach
sie mit nachsichtigem Lächeln, »wenn der Mörder so klug gedacht hätte, wie du glaubst, dann hätte er den Pfeil leicht vernichten
können. Es gibt genug Feuerstellen, wo man ihn mühelos hätte verbrennen können. Warum das Pfeilende so augenfällig in den
Köcher zurückstecken? Auch hätte er den Beutel verschwinden lassen. Vor allen Dingen aber hast du eine Tatsache außer Acht
gelassen, die ganz offensichtlich auch Bressal und Sílán übersehen haben, und das wiederum belegt ihre Unschuld.«
Verständnislos sah Laisran sie an.
»Jetzt musst du mir auf die Sprünge
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