Der falsche Apostel
wütend aus. Barrdub hatte es ihm gerade gesagt.«
»Und wann hast du von ihrem Tod gehört?«
»Ich wollte am Morgen danach zu Fergals Hütte gehen, um die Sache mit ihm auszufechten, als ich den Brehon und Congal auf
dem Pfad traf. Die haben mir von Barrdubs Tod erzählt. Zwei Männer trugen ihre Leiche auf einer Bahre, und Fergal hatte man
wegen des Verbrechens festgenommen.«
Fidelma schaute rasch zum Brehon, der diese Aussage mit einem Nicken bestätigte.
»Wie lange sammelst du schon Kräuter, Rimid?«, fragte Fidelma plötzlich.
»Seit meinen Kindertagen«, erwiderte er, ein wenig verwirrt über diese abrupte Wendung des Gesprächs.
»Hast du oder hat Iland, der Kräuterheiler, Bruder Fergal Kräuter verkauft?«
»Ich nicht, aber ich wusste, dass Iland ihm welche verkaufte. Ich sammle Kräuter für Iland. Fergal litt an Kurzatmigkeit,
die er mit Kräutern linderte.«
»Ist das allgemein bekannt?«
»Viele wissen es«, antwortete Rimid.
»Auch Barrdub?«
»Ja. Sie hat es einmal erwähnt, als wir im Gottesdienst waren.«
»Und Congal, wusste der davon?«
Rimid zuckte die Achseln. »Viele wussten es. Ich kann nicht genau sagen, wer und wer nicht.«
Fidelma hielt ein wenig inne und lächelte dann.
»Das war alles.« Sie wandte sich dem Brehon zu. »Ich bin nun bereit, morgen vor dem Gericht zu Fergals Verteidigung zu sprechen.«
|117| Die meisten Mitglieder des Clan der Eóghanacht von Cashel waren in der großen Halle des Stammesfürsten versammelt. Der Stammesfürst
Eóghan hatte zur Rechten des Brehon Platz genommen, der zu Gericht sitzen würde. Das Gesetz und auch das Gebot der Höflichkeit
verlangten von ihm, sich mit dem Stammesfürsten des Clans zu besprechen, ehe er das Urteil fällte.
Bruder Fergal stand vor dem Brehon und dem Stammesfürsten, und neben ihm sollte ein untersetzter und muskelbepackter Clan-Angehöriger
für Ruhe und Ordnung sorgen. Fergal wurde zu einer kleinen, taillenhohen hölzernen Schranke geführt. Von hier aus mussten
alle sprechen, die vor dem Gericht angeklagt waren.
Rechts davon befand sich eine Plattform, die man für den Vertreter der Anklage, den
dálaigh
, einen dünnen Mann mit scharfen Gesichtszügen, errichtet hatte. Linker Hand saß auf einer ähnlichen Plattform Schwester Fidelma.
Sie hatte die Hände züchtig im Schoß gefaltet, aber ihre flinken grünen Augen verpassten nichts. Man hatte die Zeugen aufgerufen,
und die große Halle war überfüllt mit Männern und Frauen aus dem Clan, denn im Dorf konnte sich niemand erinnern, dass je
zuvor schon einmal ein Mönch des Mordes angeklagt gewesen war.
Der Brehon bat um Ruhe und fragte Bruder Fergal, ob er Schwester Fidelma als seine Anwältin annahm, denn nach dem Gesetz hatte
Fergal das Recht, sich selbst zu verteidigen. Der Bruder schüttelte den Kopf und bedeutete damit Schwester Fidelma, sie solle
für ihn sprechen.
Dann trug der Ankläger seine Sicht des Falls vor, so wie es der Brehon Schwester Fidelma bereits mitgeteilt hatte.
Erwartungsvolles Murmeln ging durch den Raum, als schließlich Schwester Fidelma aufstand und sich an den Brehon wandte.
|118| »Bruder Fergal ist dieses Verbrechens nicht schuldig«, begann sie mit lauter, bezwingender Stimme.
Schweigen herrschte unter den Zuhörern.
»Stellst du die Beweise in Frage?«, wollte der Brehon wissen, der nun leise lächelte. »Erinnere dich, ich bin mit Congal zum
Tatort gegangen und habe Barrdubs Leiche gefunden, die in Bruder Fergals Hütte lag, während Fergal in seinem Bett schlief.
Ich sah das Blut an seinen Kleidern.«
»Das bezweifle ich nicht«, versicherte ihm Fidelma. »Aber das allein ist noch kein Beweis dafür, dass er der Mörder ist. Die
Ereignisse, wie sie die Anklage beschrieben hat, will ich nicht bestreiten, nur die Art, wie sie ausgelegt wurden.«
Von der Zeugenbank protestierte Rimid wütend.
»Fergal ist der Mörder! Sie will nur einen von ihren Leuten schützen!«
Der Brehon bedeutete ihm mit einer Geste, er solle schweigen.
»Fahre mit deiner Verteidigung fort, Schwester Fidelma.«
»Bruder Fergal leidet an Asthma. Es ist bekannt, dass er Kräuterarzneien nimmt, um seine Krankheit zu lindern. Das wussten
mehrere Leute. In jener Nacht kehrte er erschöpft in seine Hütte zurück. Gewöhnlich zündet er ein Feuer aus den Blättern des
stramóiniam
an und inhaliert den Rauch, ehe er sich schlafen legt. Aber manchmal, wenn er zu müde ist, trinkt er auch einen Tee aus
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