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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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die zwei Männer trugen.«
    Der Brehon nickte.
    »Mit einer Leiche darauf lässt sich eine Bahre allerhöchstens in Taillenhöhe tragen. Aber der Fleck war in Schulterhöhe. Deswegen
     wurde er nicht verursacht, als man die Leiche aus der Hütte fortschaffte, sondern als man sie dort hineintrug. Der Mörder
     war allein und musste sie auch allein tragen. Wahrscheinlich hatte er sie sich auf die Schulter gelegt, denn auf diese Weise
     ist es am leichtesten. So entstand der Fleck in Schulterhöhe.«
    »Das ist nachvollziehbar«, gab der Brehon zu. »Aber nicht völlig überzeugend.«
    »Dann möchte ich dem Gericht Folgendes zu bedenken geben. Du sagst, Bruder Fergal hätte Barrdub in wütendem Wahn erstochen.
     Danach, sagst du, sei er erschöpft gewesen, zu erschöpft, um die Leiche aus der Klause zu tragen und die Tat zu verschleiern.
     Er hätte sich auf sein Bett gelegt und dort tief und fest bis zum nächsten Morgen geschlafen.«
    »So behauptet es die Anklage.«
    »Wo ist dann die Mordwaffe?«
    |122| »Waaas?«, fragte der Brehon gedehnt, und Zweifel trat in seine Augen.
    »Du hast keine Waffe erwähnt, kein Messer, mit dem Barrdub erstochen wurde. Wenn du es nicht mitgenommen hast, als du Fergal
     an jenem Morgen fandest, dann hätte es noch vor Ort sein müssen. Ich habe die Klause durchsucht. Ich habe kein Messer gefunden.«
    Der Brehon biss sich auf die Unterlippe.
    »Es stimmt, es wurde keine Mordwaffe gefunden.«
    »Und doch muss es eine geben.«
    »Fergal hätte sie versteckt haben können«, warf der Brehon ein, dem klar wurde, dass es ein Fehler war, nicht schon vorher
     die Suche nach der Tatwaffe angeordnet zu haben.
    »Warum? Warum die Waffe verstecken, wenn Fergal zu erschöpft war, die Leiche zu verbergen?«
    »Damit magst du recht haben. Und doch, wenn Fergal Barrdub nicht ermordet hat, wer dann?« Die Augen des Brehon leuchteten
     auf. »Ah, also deswegen hast du dich für die Kräuter des Einsiedlers Erca interessiert! Behauptest du, er hätte es getan?
     Glaubst du, dass er Fergal damit schaden wollte? Wir alle wissen, dass er die Christen hasst.«
    Fidelma schüttelte energisch den Kopf.
    »Erca hasst alle Christen, aber er ist nicht der Täter. Er hat einfach nur meinen Verdacht bestätigt, dass man die Kräuter
     mit starker betäubender Wirkung, die ich in der Schale festgestellt hatte, in der näheren Umgebung sammeln kann. Dieser Mord
     wurde aus einem viel persönlicheren Motiv begangen, als es der Hass auf alle Christen ist.«
    Sie drehte sich herum und sah in Rimids bleiches Gesicht. Seine Lippen bebten.
    »Sie versucht, die Schuld mir zuzuschieben!«, rief er.
    Auch der Brehon schaute voller Misstrauen auf Rimid. Er |123| fragte: »Hast du Fergal nicht gehasst? Das hast du uns doch gestern eingestanden.«
    »Ich war es nicht. Ich liebte Barrdub … ich …« Rimid sprang auf und begann sich einen Weg aus dem Gerichtssaal zu bahnen.
    »Haltet ihn!«, rief der Brehon. Sofort stürzten sich zwei Männer aus dem Clan auf den Fliehenden.
    Aber Fidelma wandte sich kopfschüttelnd dem Brehon zu.
    »Nein, lasst ihn gehen. Er war es nicht.«
    Der Brehon sah sie fragend an. Rimid, der zwischen den beiden Männern stand, hörte auf, sich zu wehren.
    »Wer denn dann?«, erkundigte sich der Brehon unwillig.
    »Barrdub wurde von Congal ermordet.«
    Ein Aufschrei ging durch die Menge.
    »Eine Lüge! Die Schlampe lügt!« Congal war aufgesprungen. Er war leichenblass, die Hände hatte er zu Fäusten geballt.
    »Congal hat seine eigene Schwester ermordet?« Der Brehon wollte es nicht glauben. »Aber warum?«
    »Aus einem der ältesten Gründe. Aus Habgier.«
    »Aber Barrdub hat doch keinen Besitz. Was konnte er da mit seiner Tat gewinnen?«
    Schwester Fidelma seufzte traurig.
    »Congal hatte wenig Geld. Sein Vater war im Clan ein geachteter Mann. Wenn alles gutgegangen wäre, hätte Congal das auch sein
     können. Aber bei Congal geht nie alles gut. Er ist launisch und unzuverlässig. Er träumt gern vor sich hin und macht hochfahrende
     Pläne, die stets scheitern. Schließlich sah er sich gezwungen, mit seiner Schwester in einer armseligen Hütte aus Holz und
     Lehm zu wohnen und sich bei seinen Nachbarn, denen es besser ging als ihm, als Taglöhner zu verdingen. All das ist im Dorf
     bekannt. Du, Brehon, hast es mir auch erzählt.
    Rimid und Barrdub liebten einander. Rimid verfügt über |124| keine großen Reichtümer. Wie die meisten von uns ist er es zufrieden, wenn das, was er verdient, für

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