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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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versucht, einem Mitglied des Klosters Unrecht anzutun. Das Kloster wird eine Entschädigung
     fordern. Das wird seine unsterbliche Seele sein, die er Gott überantworten muss.«
    »Du wirst ihn töten lassen? Zu Gott ins Jenseits schicken?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Gott wird ihn zu sich holen, wenn seine Zeit gekommen ist. Nein, er wird im Kloster dienen müssen und so für seine Tat Buße
     tun.«
     
    Nachdem man Bruder Fergal freigesprochen hatte und Congal bis zum Gerichtstag in Gewahrsam genommen worden war, ging Fidelma
     mit dem Brehon zum Ausgang der großen Halle.
    |127| »Wie ist dein Verdacht auf Congal gefallen?«, fragte der Brehon.
    »Wer einmal lügt, der lügt wieder.«
    »Bei welcher Lüge hast du ihn ertappt?«
    »Er behauptete, nichts von Kräutern zu verstehen, aber er wusste sofort, wofür
stramóiniam
benutzt wird, und ihm war bekannt, dass Bruder Fergal es regelmäßig einnahm. Der Rest war eine Mischung aus einfachen logischen
     Schlüssen und Bluff. Aber es wäre wahrscheinlich schwierig gewesen, ihn zu überführen, wenn er mich nicht angegriffen hätte.«
    »Du bist eine hervorragende Anwältin, Schwester Fidelma«, sagte der Brehon.
    »Es ist keine große Kunst, ein kluges und ausgefeiltes Argument vorzubringen. Eine größere Gabe ist es, die Wahrheit zu erkennen
     und zu verstehen.« Sie hielt an der Tür inne und lächelte den Richter an. »Friede mit dir, Brehon der Eóghanacht von Cashel.«
     Dann war sie fort und schritt über die staubige Straße auf ihr fernes Kloster zu.

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    |128| GOTTES WILLE GESCHEHE
    Schaukelnd machte das Boot an den Granitfelsen fest, die als Anlegestelle dienten, und Fidelma sah, dass sie bereits ein Empfangskomitee
     erwartete. Es bestand aus einem einzigen Mann: sehr jung, höchstens einundzwanzig Sommer, auf dessen frischem, jugendlichem
     Gesicht sie schon von weitem einen für sie befremdlichen Unmut und merkwürdige Entschlossenheit erkannte.
    Der Bootsmann hielt das schwankende Gefährt fest und bedeutete ihr auszusteigen. Fidelma griff nach der Strickleiter und hangelte
     sich behende an der Kaimauer hoch. Niemand hätte hinter dem sittsamen Auftreten und dem Habit einer Nonne eine solch mädchenhafte
     Wendigkeit erwartet. Auch der Mann am Ufer hatte mit einer anderen Erscheinung gerechnet. Ihm war mitgeteilt worden, dass
     man eine
dálaigh
, eine Anwältin am Gerichtshof der Brehons, auf die Insel schicken würde. Erstaunt beobachtete er ihre nicht ungefährliche
     Kletterei, ihre hochgewachsene anmutige Figur, die keck unter der Kopfbedeckung hervordrängenden roten Haarsträhnen, musterte
     das hübsche Gesicht mit den strahlend grünen Augen. Was er da sah, entsprach nicht seiner Vorstellung von einer Nonne, geschweige
     denn von einem ehrwürdigen Mitglied der Richterschaft Irlands.
    »Schwester Fidelma? Hattest du eine gute Überfahrt?« Er |129| sprach langsam, in gesetztem Ton, nicht unbedingt freundlich, aber doch »korrekt«. Wenn danach gefragt, hätte es Fidelma mit
     »höflich, aber kühl« abgetan. Ihr eben noch ernstes Gesicht verzog sich zu einem amüsierten Lächeln, was den jungen Mann leicht
     durcheinanderbrachte. Es passte so gar nicht zu ihrem Status. Es war spitzbübisch frech. Statt einer Antwort auf seine Frage
     wies sie hinter sich auf die sich brechenden Wogen.
    Die Überfahrt zur Insel in dem hässlichen Spätherbstwetter hatte ihr kein Vergnügen bereitet. Schmutzig graue Wellen mit gelblichweißen
     Schaumkronen waren ihre Begleiter gewesen. Ein kalter und stürmischer Wind hatte sie auf die Felsnase zu getrieben, die wie
     eine einsame Erhebung in den sich wild gebärdenden Atlantik hineinragte und einst durch die Kraft der Wassermassen vom Festland
     abgetrennt worden war. Je näher sie der Insel gekommen waren, desto mehr glich das Massiv einem Hahnenkamm. Wie Menschen auf
     dem ungastlich wirkenden nackten Felsen leben und ihr Auskommen finden konnten, war ihr unverständlich.
    Unterwegs hatte ihr der Bootsmann erzählt, dass die Insel nur einhundertundsechzig Bewohner zählte und dass es durchaus Winter
     geben konnte, in denen sie monatelang abgeschnitten war, weil nicht einmal ein sachkundig gerudertes Boot dort anlanden konnte.
     Die Inselbevölkerung wäre eine in sich gekehrte, verschworene Gemeinschaft, meist Fischer, und so lange man zurückdenken könnte,
     hätte es nie einen Todesfall gegeben, der irgendwelche Verdachtsmomente hätte aufkommen lassen.
    Damit schien es nun vorbei.
    Der

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