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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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wenn Britannier und Angelsachsen im gleichen Hörsaal sitzen?«
    Sie betraten Laisrans offiziellen Empfangsraum. Von hier aus lenkte er die Geschäfte dieses großen Klosters. Er bat Fidelma,
     sich an ein glimmendes Torffeuer zu setzen, schenkte am Tisch aus einem Tonkrug Wein in zwei Becher, reichte ihr den einen
     und hob den anderen, um ihr zuzutrinken.
    » Agimus tibi gratias, omnipotens Deus
– wir sagen Dir Dank, |170| allmächtiger Gott«, sprach er feierlich, aber immer noch mit einem Funken Humor in den Augen.
    »Amen«, antwortete Schwester Fidelma, führte ihren Becher an die Lippen und kostete den würzigen Rotwein aus Gallien.
    Abt Laisran ließ sich auf einem Stuhl nieder und streckte die Beine zum Feuer.
    »Ob es schwierig ist, die Britannier und Angelsachsen in Schach zu halten?«, sagte er nach einer Weile nachdenklich. Schwester
     Fidelma hatte beinahe schon vergessen, dass sie danach gefragt hatte. »Aber ja. Es gab bereits einige Prügeleien zwischen
     den Kampfhähnen. Bisher konnten wir ernstliche Verletzungen dadurch vermeiden, dass wir auf unserem geheiligten Boden keine
     Waffen dulden.«
    »Warum schickt ihr dann nicht eine der beiden Gruppen in ein anderes Zentrum der Gelehrsamkeit?«
    Laisran schnaubte verächtlich.
    »Das hat ausgerechnet Finan auch schon vorgeschlagen. Es wäre eine ordentliche, praktische und logische Lösung des Problems.
     Die Frage ist nur … Wen sollen wir wegschicken? Sowohl die Britannier als auch die Angelsachsen weigern sich zu gehen, und
     jede Gruppe verlangt, wenn überhaupt jemand Durrow verlässt, sollen es die anderen sein.«
    »Da habt ihr allerdings ein Problem«, meinte Fidelma.
    »Ja. Beide Gruppen sind jähzornig und nachtragend, vergessen kaum je eine ihnen zugefügte Beleidigung, ob sie nun wirklich
     oder nur eingebildet war. Ein junger angelsächsischer Prinz, Wulfstan, ist besonders arrogant. Sein Gefolge besteht aus siebzehn
     Männern. Er kommt aus dem Land der südlichen Angelsachsen, einem der kleineren angelsächsischen Königreiche. Doch wenn man
     ihn reden hört, könnte man meinen, dass sein Königreich das größte der Welt ist. Er ist gewaltig mit der Sünde des Stolzes
     geschlagen. Nach seinem ersten Zwist mit den Britanniern |171| verlangte er, man solle ihm ein Zimmer geben, dessen vergittertes Fenster gegen Eindringlinge gesichert ist und dessen Tür
     sich von innen verriegeln lässt.«
    »Ein seltsames Ansinnen in einem Haus Gottes«, stimmte ihm Schwester Fidelma zu.
    »Das habe ich ihm auch gesagt. Aber er erwiderte mir, er fürchte um sein Leben. Und wirklich war sein Verhalten so ängstlich,
     schien mir seine Furcht so echt, dass ich beschloss, seine Sorge zu lindern und ihm ein solches Zimmer zu überlassen. Er bewohnt
     nun einen Raum mit einem Gitter vor dem Fenster, in dem wir früher einmal Übeltäter eingesperrt haben. Unser Zimmermann hat
     die Tür so verändert, dass sie sich von innen verriegeln lässt. Wulfstan ist ein seltsamer junger Mann. Er geht nirgendwohin
     ohne seine Leibwache, die aus fünf Männern besteht. Nach der Vesper zieht er sich in sein Zimmer zurück, lässt es aber zuvor
     von seiner Leibgarde durchsuchen. Erst dann begibt er sich selbst hinein und verriegelt sofort die Tür. Bis zum Angelusläuten
     am nächsten Morgen bleibt er dort.«
    Schwester Fidelma spitzte nachdenklich die Lippen und schüttelte verwundert den Kopf.
    »Wahrhaftig, man würde meinen, dass er sehr bedrückt und ängstlich ist. Hast du mit den Britanniern gesprochen?«
    »Das habe ich sehr wohl getan. Talorgen zum Beispiel gibt offen zu, dass für ihn alle Angelsachsen Blutsfeinde sind, dass
     er sich aber nicht so sehr vergessen würde, in einem Haus Gottes angelsächsisches Blut zu vergießen. Ganz im Gegenteil, der
     junge Britannier verwies nachdrücklich darauf, sein Volk sei schon vor Jahrhunderten zum Christentum übergetreten und habe
     im Gegensatz zu den Angelsachsen noch nie auf geheiligtem Boden Krieg geführt. Er erinnerte mich daran, dass noch vor kaum
     einem halben Jahrhundert der angelsächsische Krieger Aethelfrith von Northumbria Selyf map Cynan von Powys |172| in einer Schlacht bei einem Ort namens Caer Legion besiegt hat, dann aber seinen Sieg entweiht hat, indem er tausend britannische
     Mönche aus Bangor-is-Coed niedermetzelte. Er behauptete, die Angelsachsen seien kaum in Gedanken Christen, noch viel weniger
     in Worten und Werken.«
    »Mit anderen Worten …?«, wollte Fidelma dem Abt auf die

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