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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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Sprünge helfen, während Laisran eine Pause machte, um einen Schluck
     Wein zu trinken.
    »Mit anderen Worten: Talorgen würde keinem Angelsachsen ein Haar krümmen, der auf dem geheiligten Boden eines christlichen
     Hauses Schutz genießt, aber er hat auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er nicht zögern würde, Wulfstan außerhalb dieser
     Mauern zu erschlagen.«
    »So viel zum Thema christliche Nächstenliebe und Vergebung.« Fidelma seufzte.
    Laisran verzog schmerzlich das Gesicht. »Man darf nicht vergessen, dass den Britanniern in den letzten Jahrhunderten von den
     Angelsachsen Schlimmes angetan wurde. Schließlich sind die Angelsachsen in ihr Land eingefallen und haben den größten Teil
     davon erobert. Irland musste ganze Heerscharen von Flüchtlingen aufnehmen, die vor den angelsächsischen Eroberern ihres Reiches
     flohen.«
    Fidelma lächelte traurig. »Entdecke ich in deinen Worten eine gewisse Zustimmung zu Talorgens Einstellung?«
    Laisran grinste.
    »Wenn du mich als Christen fragst, dann nein, nein, natürlich nicht. Wenn du mich als Mann eines Volkes fragst, das einmal
     mit unseren Vettern, den Britanniern, einen gemeinsamen Ursprung, einen gemeinsamen Glauben und ein gemeinsames Gesetz geteilt
     hat, dann muss ich dir sagen, dass ich insgeheim Talorgens Zorn nachempfinden kann.«
    Plötzlich hämmerte jemand an die Tür des Arbeitszimmers, |173| so laut und unvermittelt, dass Laisran und Fidelma zusammenzuckten. Ehe der Abt noch Zeit hatte, etwas zu rufen, flog die
     Tür auf, und ein Mönch mittleren Alters kam atemlos und mit hochrotem Kopf ins Zimmer gestürzt.
    Mit bebenden Schultern und fliegendem Atem blieb er nach wenigen Schritten stehen.
    Laisran erhob sich. Auf seiner Stirn zeigte sich eine für ihn ungewöhnliche Zornesfalte.
    »Was hat das zu bedeuten, Bruder Ultan? Hast du den Verstand verloren?«
    Der Mann schüttelte mit weit aufgerissenen Augen den Kopf. Er schnappte nach Luft, versuchte wieder zu Atem zu kommen.
    »Gott schütze uns vor allem Bösen«, keuchte er schließlich. »Es ist ein Mord geschehen.«
    Laisran erschrak.
    »Ein Mord, sagst du?«
    »Wulfstan, der Angelsachse, Bruder Abt! Er wurde in seiner Kammer erstochen.«
    Laisran erbleichte und warf Schwester Fidelma einen erschrockenen Blick zu. Dann wandte er sich mit ernster Miene wieder Bruder
     Ultan zu.
    »Fasse dich, Bruder«, sagte er freundlich, »und erzähle mir langsam und sorgfältig, was geschehen ist.«
    Bruder Ultan schluckte nervös und versuchte, seine Gedanken zu sammeln.
    »Eadred, Wulfstans Gefährte, kam am späten Morgen zu mir. Er war sehr besorgt. Wulfstan hatte nicht am Morgengebet teilgenommen
     und auch im Unterricht gefehlt. Niemand hatte ihn gesehen, seit er sich gestern Abend nach der Vesper in sein Zimmer zurückgezogen
     hatte. Darauf war Eadred zu seinem Zimmer gegangen und hatte die Tür verschlossen gefunden. Auf |174| sein Rufen erhielt er keine Antwort. Also kam er zu mir, da ich der Verwalter hier bin. Ich begleitete ihn zu Wulfstans Zimmer.
     Und ganz richtig, die Tür war verschlossen und von innen verriegelt.«
    Er hielt einen Augenblick inne und fuhr dann fort: »Nach dem ich mehrmals angeklopft hatte, brach ich mit Eadreds und seines Vetters Hilfe die Tür auf. Das dauerte eine Weile, und ich
     musste erst noch zwei Brüder zu Hilfe rufen, denn die Tür war von innen gesichert. In der Kammer …« Er biss sich auf die Unterlippe
     und erblasste bei der Erinnerung.
    »Sprich weiter«, gebot ihm Laisran.
    »In der Kammer befand sich der Leichnam Wulfstans. Er lag hinten auf seinem Bett. Er trug ein Nachthemd, das mit verkrustetem
     Blut besudelt war, und hatte an der Brust und am Bauch mehrere Wunden. Man hatte offenbar mehrmals auf ihn eingestochen.«
    »Was dann?«
    Inzwischen hatte sich Bruder Ultan wieder besser in der Gewalt. Er zuckte nur mit den Achseln.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe die beiden Brüder als Wachen vor dem Zimmer zurückgelassen. Und Eadred habe ich angewiesen, in
     sein Zimmer zurückzugehen und niemandem ein Wort zu verraten, ehe ich nach ihm schicke. Dann bin ich sofort zu dir geeilt,
     um dir Bericht zu erstatten, Bruder Abt.«
    »Wulfstan ermordet?«, flüsterte Laisran und dachte sogleich an die Folgen. »Gnade uns Gott, wahrhaftig. Das Land der südlichen
     Angelsachsen mag ein kleines Königreich sein, aber man hält dort gegen alle Fremden fest zusammen. Es könnte durchaus zu einem
     Krieg zwischen den Angelsachsen und Éireann

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