Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
Vom Netzwerk:
können. Genügend Hass habe ich in mir. Aber nein, Schwester
     Fidelma, ich habe ihn nicht getötet. Weder besitze ich die Fähigkeit, in einen verriegelten Raum einzudringen, noch ihn wieder
     zu verlassen, als sei niemand darin gewesen.«
    |197| Fidelma nickte bedächtig.
    »Du kannst gehen, Finan.«
    Der Rechtsprofessor erhob sich zögerlich. Er hielt inne und bemerkte nachdenklich: »Niemand hier im Kloster mochte Wulfstan
     und Eadred. Viele heißblütige junge Männer haben sie zum Zweikampf herausgefordert, seit sie hier aufgetaucht sind. Dagobert,
     der Franke, zum Beispiel. Allein die Tatsache, dass derlei Herausforderungen auf heiligem Grund verboten sind, hat bisher
     ein Blutvergießen verhindert.«
    Fidelma nickte noch einmal.
    »Stimmt es, dass die Angelsachsen morgen abreisen?«, fragte Finan.
    Sie hob den Kopf und schaute ihn an.
    »Sie kehren mit dem Leichnam Wulfstans in ihr Land zurück«, bestätigte sie ihm.
    Ein zufriedenes Lächeln erschien auf Finans Gesicht.
    »Ich kann nicht behaupten, darüber betrübt zu sein, selbst wenn einer von ihnen sein Leben lassen musste, bis es so weit kam.
     Ich hatte gehofft, sie hätten Durrow bereits gestern verlassen.«
    »Warum hätten sie fortgehen sollen?«, fragte Fidelma.
    »Gestern Nachmittag ist irgendein angelsächsischer Bote hier im Kloster eingetroffen und suchte Wulfstan und Eadred. Ich hatte
     schon gehofft, dass man sie in ihr Heimatland zurückbeorderte. Wie auch immer, Gott sei gepriesen, dass sie nun verschwinden.«
    Fidelma erwiderte ärgerlich: »Darf ich dich an eines erinnern, Finan: Wenn wir den Täter nicht finden, ist nicht nur diese
     Stätte der Gelehrsamkeit, dann sind alle fünf Königreiche von Éireann in Gefahr, denn die Angelsachsen werden sicherlich Vergeltung
     für den Tod ihres Prinzen üben wollen.«
     
    |198| Talorgen von Rheged war ein junger Mann von mittlerer Statur mit einem frischen Gesicht und sandbraunem Haar. Er trug einen
     dünnen Schnurrbart, aber seine Wangen und sein Kinn waren glattrasiert.
    »Ja. Es ist kein Geheimnis, dass ich Wulfstan und Eadred zum Zweikampf herausgefordert habe.« Er sprach Irisch zwar mit Akzent,
     aber fließend, und er schien gefasst, als er sich auf den Stuhl setzte, auf den Schwester Fidelma gedeutet hatte.
    »Warum?«
    Talorgen grinste spitzbübisch.
    »Ich habe mir sagen lassen, dass du Eadred bereits befragt hast. Von seinem Benehmen kannst du auf Wulfstans Arroganz schließen.
     Es ist nicht schwer, sich von denen provozieren zu lassen, selbst wenn sie keine Angelsachsen wären.«
    »Du liebst die Angelsachsen nicht?«
    »Sie sind nicht liebenswert.«
    »Du bist ein Prinz von Rheged, und es wird berichtet, dass die Angelsachsen dein Land immer wieder angreifen.«
    Talorgen nickte mit verkniffenem Mund. »Oswy nennt sich zwar christlicher König von Northumbria, doch trotzdem schickt er
     seine barbarischen Horden gegen die Königreiche der Britannier aus. Seit Generationen kämpfen nun die Bewohner meines Landes
     gegen die Angelsachsen, denn deren Hunger nach Land und Macht ist unersättlich. Owain, mein Vater, hat mich hierhergeschickt,
     aber ich wäre jetzt, so wahr Christus auferstanden ist, lieber an seiner Seite und schwänge mein Schwert gegen die angelsächsischen
     Feinde. Meine Klinge sollte das Blut der Feinde meines Stammes trinken.«
    Schwester Fidelma betrachtete neugierig den jungen Mann, der mit hochrotem Kopf vor ihr saß.
    »Hat deine Klinge denn schon das Blut der Feinde deines Stammes getrunken?«
    |199| Talorgen zuckte ungeduldig die Achseln, zögerte, doch dann entspannten sich seine Gesichtszüge. Er lachte leise.
    »Du fragst, ob ich Wulfstan ermordet habe? Das habe ich nicht getan. Ich schwöre es beim lebendigen Gott! Aber lass es dir
     gesagt sein, Schwester Fidelma, das liegt nicht daran, dass ich es nicht wollte. Wahrhaftig, manchmal ist der christliche
     Glaube ein gestrenger Zuchtmeister. Wulfstan und sein Vetter Eadred waren so widerwärtig, dass ich kaum glauben kann, dass
     irgendjemand in dieser Gemeinschaft Wulfstan eine Träne nachweint.«
    Fidelma zog das blutbefleckte Taschentuch hervor und legte es auf den Tisch.
    »Dies wurde neben Wulfstans Leichnam gefunden. Man hat damit das Blut von der Mordwaffe abgewischt. Es gehört Dagobert.«
    »Du meinst, Dagobert …?« Die Augen des Prinzen von Rheged weiteten sich, als er vom Taschentuch zu Schwester Fidelma schaute.
    »Dagobert sagte mir, er hätte dir dieses Tuch vor zwei Tagen

Weitere Kostenlose Bücher