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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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den Felsbrocken nach unten. Überall saßen brütende Vögel auf
     ihren Nestern. Mai war der Monat, in dem die Möwen mit den schwarzen Rücken wie viele andere Vögel ihre Eier legten. Auf so
     felsigen Inseln wie Inis Chloichreán fanden sie ideale Nistplätze. Lorcán ließ sich von dem wütenden |232| Zischen und Kreischen der Altvögel nicht abschrecken, während sie durch die Brutkolonie kletterten, doch Fidelma war reichlich
     mulmig zumute.
    »Hier haben die Brüder ihr Boot aufgebockt«, erklärte ihr der Seemann, als sie eine große Felsplatte erreichten, die sich
     etwa zwölf Fuß oberhalb der Kieselbucht befand. Sie blieben stehen und blickten suchend umher. Da waren nur die Holzböcke,
     auf denen das Boot sonst lagerte, doch der Nachen war verschwunden.
    »Das Boot hat immer hier gelegen, Kiel oben, um es vor der Witterung zu schützen«, meinte Lorcán verblüfft.
    Nur hörte ihn Fidelma kaum in dem Gezänk der Vögel, die sich unten auf dem Uferstreifen stritten, der an die zehn Fuß breit
     und keine dreißig Fuß lang war. Als sie begriff, was sich dort abspielte, entfuhr ihr ein Schrei. Ein Dutzend großer Möwen
     hackten nach einander und suchten sich zu verdrängen. Im Umkreis saßen andere Vögel wie interessierte Zuschauer, darunter
     auch einige Aaskrähen, die ihre Gelegenheit abwarteten. Alle scharten sich um einen dunklen Fleck auf den Kieselsteinen. Fidelma
     ahnte, was es war. »Los, komm!«, rief sie und kletterte hinunter, so rasch sie konnte. Sie nahm große Kieselsteine auf und
     warf sie in das Getümmel. Die Vögel flogen auf, kreischten wütend und flatterten drohend mit den großen Schwingen. Lorcán
     kam ihr zu Hilfe und schleuderte gleichfalls große Brocken. Bald hatten sie die Vögel von ihrer Beute vertrieben, auch wenn
     sie in der Nähe blieben. Sie schwärmten hoch über ihnen oder ließen sich auf Felsvorsprüngen nieder und schauten mit ihren
     Knopfaugen nach unten. Entschlossen lief Fidelma über Kies und Schotter und erreichte den Unglücksort. Der Tote, der auf dem
     Rücken lag, war ein junger Mönch mit blondem Haar. Von seinem Habit waren nur noch zerschlissene, blutgetränkte Wollfetzen
     übrig geblieben.
    |233| Fidelma musste heftig schlucken. Die Möwen waren wohl bereits eine gute Stunde zugange gewesen. Die Wangen waren aufgehackt
     und blutig, ein Auge fehlte. Ein Teil des Schädels war zerschmettert, bildete nur noch einen Brei von Blut und Knochen. Das
     konnte nicht das Werk der Vögel sein, so viel war sicher.
    »Kennst du ihn, Lorcán?« flüsterte Fidelma.
    Der Ruderer kam näher, nicht ohne die Möwen aus dem Auge zu lassen. Die waren zurückgewichen, äugten aber bösartig nach den
     Zweibeinern, die es gewagt hatten, sie von ihrem unheiligen Mahl zu verscheuchen. Lorcán beugte sich hinab und verzog bei
     dem Anblick, der sich ihm bot, das Gesicht.
    »Ich habe ihn hier in der Bruderschaft gesehen. Seinen Namen weiß ich leider nicht. Langsam bekomme ich es mit der Angst zu
     tun, Schwester. Das ist nun der dritte Tote in dieser Brudergemeinde.«
    Fidelma antwortete nicht. Sie nahm allen Mut zusammen und kniete sich neben den Leichnam. Am Gürtel hing noch die
crumena
, die Lederbörse. Sie zwang sich, nicht auf das entstellte Gesicht und das eine verbliebene, anklagende Auge zu blicken. Sie
     steckte die Hand in die Börse, die war leer. Unschlüssig schüttelte sie den Kopf. »Hilf mir, den Toten umzudrehen«, forderte
     sie Lorcán auf. Der fragte nicht lange und griff zu.
    Die Kutte hatten die Vögel schon zerfetzt. Fidelma musste den Stoff nicht weiter auseinanderziehen. Man sah viele vernarbte
     Stellen, doch etliche Wunden waren noch ganz frisch und blutig. Kreuz und quer liefen die Striemen über den ganzen Rücken.
    »Was hältst du davon, Lorcán?«
    Der Seemann schob die Unterlippe vor und hob traurig die Schultern. »Der Junge ist ausgepeitscht worden, was sonst. Nicht
     nur einmal, sondern regelmäßig, immer wieder.«
    Den Eindruck hatte Fidelma auch. »Merke es dir gut, Lorcán. |234| Du musst es vor Gericht bezeugen.« Sie stand auf und trieb mit ein paar Steinwürfen die großen Möwen zurück, die sich wieder
     näherten. Mit wütendem Gekrächze verflüchtigten sie sich.
    »Wie groß war das Boot, das die Gemeinschaft hatte?«, fragte sie unvermittelt.
    Lorcán verstand, worauf ihre Frage zielte. »Es war groß genug, um alle verbliebenen Brüder aufzunehmen. Die werden längst
     weg sein. Treiben vermutlich zwischen den

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